Walter Ulbricht (German Edition)
von der Tätigkeit Walter Ulbrichts unter den deutschen Kriegsgefangenen und seinem Beitrag an der Gründung und der Arbeit des Nationalkomitees »Freies Deutschland«. Erstmals persönlich erlebte ich Walter Ulbricht am 30. März 1966, als er zu uns, den Delegierten des XXIII. Parteitages der KPdSU, sprach.
Persönlich begegnete ich ihm während der Internationalen Beratung kommunistischer und Arbeiterparteien, die vom 5. bis 17. Juni 1969 in Moskau stattfand. Bei einer Zusammenkunft mit ihm erfuhren wir von seiner kampferfüllten Jugend. Er erwähnte, wie er schon als 15-Jähriger in die Organisation der Sozialistischen Jugend eintrat, 1912 Mitglied der SPD wurde, sich der Gruppe um Karl Liebknecht und 1918 dem Spartakusbund anschloss. Er berichtete aus den Tagen der Novemberrevolution 1918, als er dem Arbeiter- und Soldatenrat in Leipzig angehörte, und wie er später gemeinsam mit Ernst Thälmann und Wilhelm Pieck dazu beitrug, die KPD zu einer marxistisch-leninistischen Massenpartei zu entwickeln.
Völlig überraschend für uns war, dass er 1928 auch der Kommunistischen Partei der Allunion (Bolschewiki), kurz WKP (B), beigetreten war, die 1952 in KPdSU umbenannt wurde. Und im Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale vertrat er die KPD.
In unserem Gespräch interessierte sich Walter Ulbricht für die Zusammenarbeit von Komsomol und FDJ. Er fragte, wie die KPdSU die Jugendpolitik organisiere. Ulbricht regte an, diese Zusammenarbeit enger und effektiver zu gestalten, und begrüßte den Vorschlag, 1970 in Dresden ein »Festival der Freundschaft zwischen der Jugend der UdSSR und der DDR« durchzuführen.
Zum 20. Jahrestag der DDR im Oktober 1969 lud er eine Delegation des Komsomol nach Berlin ein. Ich hatte die Ehre, der Partei- und Staatsdelegation unter Leitung von L. I. Breshnew anzugehören, die mehrmals mit Walter Ulbricht zusammentraf. Als wir am 5. Oktober 1969 in der DDR-Hauptstadt eintrafen, sahen wir überall ein Plakat mit einem bezaubernden Mädchen und dem Ausspruch: »Ich bin zwanzig.«
Mit innerer Bewegung erinnere ich mich an die Festveranstaltung, an der Delegationen aus 84 Ländern teilnahmen. In seiner Festrede zeichnete Walter Ulbricht ein beeindruckendes Bild der Leistungen der Werktätigen der DDR. Er sprach allerdings auch über die noch ungelösten Probleme. Für ihn gehörte beides zusammen.
Gern denke ich auch an die aus innerer Überzeugung gesprochenen Begrüßungsworte Breshnews an die Adresse der DDR: »Der Sozialismus siegte auf eurem Boden unwiderruflich. Das ist der Wille des Volkes der DDR. Er ist verankert in der sozialistischen Verfassung, die durch einen Volksentscheid gebilligt wurde. Die sozialistischen Errungenschaften sind den Werktätigen mit keinem Mittel, weder mit militärischen, politischen, noch mit Intrigen und Provokationen wegzunehmen.«
Wir erlebten in Berlin eine Militärparade, eine Demonstration der Werktätigen und die Manifestation der Jugend, die mit einem Marsch eines viel tausendköpfigen Orchesters der FDJ und einem Fackelzug abgeschlossen wurde. Leonid Iljitsch hat über fünf Stunden mit Begeisterung dieser mitreißenden Schau beigewohnt. Am Abend trafen er und Ulbricht mit den führenden Repräsentanten der Länder des Warschauer Vertrages zusammen, die rumänische Delegation blieb der Zusammenkunft fern. Es fand eine sehr offene Aussprache zu den wichtigsten internationalen Problemen statt, im Zentrum standen die Vorbereitung einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sowie die Beziehungen mit den USA und China.
Während dieser Zeit verhandelte unsere Komsomol-Delegation im Zentralrat der FDJ. Am Ende unterzeichneten sie einen Plan der Zusammenarbeit für das Jahr 1970. Mit Günther Jahn, Egon Krenz, Frank Bochow und ihren Kollegen waren wir am Brandenburger Tor, trafen uns mit Grenzsoldaten der DDR und Angehörigen der Gruppe Sowjetischer Streitkräfte in Deutschland. Ihr Oberkommandierender, Armeegeneral Wiktor G. Kulikow, informierte uns über die Geschichte der Berliner Mauer. Er nannte Einzelheiten, wie sich die Spaltung Deutschlands und Europas vollzog und wie die Ostgrenze der BRD zur Staatsgrenze mit der DDR wurde. Er sprach von der Konfrontation der beiden mächtigsten militärischen Blöcke der Welt, der NATO und der Organisation des Warschauer Vertrages.
Kulikow erinnerte an die Erklärung der Warschauer Vertragsstaaten vom August 1961, in der es hieß, dass sich die Regierungen der Teilnehmerstaaten des
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