Walter Ulbricht (German Edition)
Warschauer Vertrages mit dem Vorschlag an die Volkskammer und die Regierung der DDR wandten, an den Grenzen zu Westberlin eine solche Ordnung herzustellen, die zuverlässig den Weg für eine subversive Tätigkeit gegen die Länder der sozialistischen Staaten versperrte, die um das gesamte Territorium Westberlins, einschließlich seiner Grenze zum demokratischen Berlin, einen zuverlässigen Schutz und eine effektive Kontrolle gewährleiste. Der Oberkommandierende der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland, so meine ich, wollte damit deutlich machen, dass die Grenzsicherungsmaßnahmen der DDR nicht ein Alleingang der DDR oder gar Ulbrichts waren, sondern eine Entscheidung des Bündnisses. Schließlich handelte es sich bei der Staatsgrenze West der DDR um die Westgrenze des Warschauer Paktes und die Ostgrenze der NATO.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an die Worte von Leonid I. Breshnew während der Feierlichkeiten zum 20. Jahrestag der DDR: »Wir sind sozusagen zweifach Verbündete – sowohl nach dem Vertrag zwischen unseren beiden Ländern als auch nach dem Warschauer Vertrag. Derjenige, der beabsichtigt, die Festigkeit unserer Freundschaft, die Unantastbarkeit der Grenzen unserer Staaten zu testen, sollte besser im Voraus wissen: Er wird auf einen vernichtenden Widerstand von gewaltiger Kraft – ich wiederhole – von gewaltiger Kraft der sowjetischen Streitkräfte und der gesamten sozialistischen Gemeinschaft stoßen.«
Etwas mehr als zwanzig Jahre, nachdem L. I. Breshnew so eindeutig über die Beziehungen zur DDR gesprochen hatte, ignorierten die Instanzen des vereinten Deutschland, einschließlich der richterlichen, diese historischen Fakten. Der letzte Vorsitzende des Staatsrats der DDR, Egon Krenz, Verteidigungsminister Heinz Keßler, der Leiter des Hauptstabes der Nationalen Volksarmee Fritz Streletz, Generale, Offiziere und Soldaten der Grenztruppen wurden zu langjährigen Gefängnisstrafen wegen angeblichen Totschlags von DDR-Bürgern, die die Grenze übertreten hatten, verurteilt.
Der Marschall der Sowjetunion, Wiktor G. Kulikow, und Armeegeneral Anatoli I. Gribkow erklärten am 7. Juni 1998 in einem Brief an das Landgericht Berlin mit aller Entschiedenheit, dass die DDR auf militärpolitischem und militärischem Gebiet nicht souverän war. Ihre geomilitärische Lage machte sie zu einem Vorposten der Warschauer Vertragsstaaten. Weil die DDR gleichsam an einer Frontlinie lag, war auf ihrem Territorium eine 500.000 Mann starke Elite-Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte stationiert, einzigartig in ihrer Kampfkraft und mit der modernsten Waffentechnik ausgestattet, Kernwaffen eingeschlossen. Entlang der Staatsgrenze zwischen DDR und BRD verlief der vorderste Abschnitt der ersten strategischen Verteidigungslinie der Vereinten Streitkräfte des Warschauer Vertrages.
Die deutschen Gerichte hielten es nicht einmal für nötig, Kulikow, Gribkow und Abrassimow, der die UdSSR 17 Jahre lang als Botschafter in der DDR vertreten hatte, als Zeugen anzuhören. Von der Voreingenommenheit der deutschen Gerichte und auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zeugte, dass selbst die Schreiben von Michail S. Gorbatschow ignoriert wurden. Der Ex-Präsident der UdSSR, den man sonst gern den »Architekten der deutschen Einheit«, gar den »besten Deutschen« nannte, überdies Nobelpreisträger, hatte bekräftigt: »Die politisch-juristische Verfolgung führender Persönlichkeiten, Armeeführer, Grenzsoldaten und Tausender Bürger der ehemaligen DDR ist eine Hexenjagd. Der Versuch, Egon Krenz und seine Kollegen für die Lage an der Grenze verantwortlich zu machen, ist nichts anderes als eine politische Rache. Die Öffnung der Westgrenze der DDR im November 1989 und der Befehl von Egon Krenz, keine Gewalt anzuwenden, verhinderten militärische Aktionen mit weitreichenden Folgen.«
Die deutsch-deutsche Grenze war nicht nur eine Grenze zwischen BRD und DDR, keine »innerdeutsche«, sondern eine Grenze zwischen zwei Staaten, zwei Völkerrechtssubjekten, die der UNO und internationalen Bündnissen angehörten. Das Grenzgesetz der DDR unterschied sich bekanntlich nicht von entsprechenden gesetzgebenden Normen der Bundesrepublik Deutschland. Während der Existenz beider deutscher Staaten forderte die BRD nie eine völkerrechtliche Verurteilung der DDR für ihr Grenzregime, weder in der UNO noch im Rahmen der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Die Bundesrepublik schloss 1972 mit der DDR
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