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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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Klasse wurde ein Schüler implantiert, der die Landessprache des Staatsgastes beherrschte, welcher sich natürlich freute, wenn er keck von einem Dreikäsehoch begrüßt wurde. Bei sehr fremden Sprachen war dies mitunter eine sehr schwere Übung, ein solches Kind ausfindig zu machen. Habt ihr auch solche Inszenierungen vorbereiten müssen?
    Nein, so etwas gab es nicht.
    Du hattest bereits die Reise nach Ägypten erwähnt. Hast du Walter Ulbricht auch bei anderen Staatsbesuchen begleitet?
    Ja, 1966 nach Jugoslawien. Und im Jahr zuvor, als Tito die DDR besuchte, habe ich Jovanka, seine Frau, beim sogenannten Damenprogramm in Berlin betreut. Josip Broz Tito erhielt damals von Walter Ulbricht den Großen Stern der Völkerfreundschaft für seine hervorragenden Verdienste im Kampf gegen den Faschismus, wie es zur Begründung hieß.
    Tito sprach Deutsch, die beiden Männer brauchten keinen Dolmetscher. Sie sollen sich auch geduzt haben?
    Das weiß ich nicht. Ich habe mich auf andere Dinge konzentriert.
    Warst du auch auf der Insel, auf Brioni, wo Tito seine Residenz hatte?
    Ja, natürlich. Man brachte uns, also Ulbricht und seine Entourage, mit einer Staatsjacht hinüber. Am Hafen war ein langer roter Teppich ausgerollt. Am Ende stand Tito in blauer Marineuniform, neben ihm Jovanka in einem weißen Kostüm. Sie sah toll aus, eine wirklich attraktive Frau. Und dann kamen sie, auf dem roten Teppich, uns entgegen. Das heißt, Marschall Tito hielt nicht wie ein Monarch Hof, was man, sieht man die Umstände, annehmen könnte, sondern er ging auf den Staatsmann Walter Ulbricht zu und begrüßte ihn herzlich und auf gleicher Augenhöhe. Und mit dem in slawischen Staaten üblichen Bruderkuss.
    Was war deine schwerste Aufgabe im Staatsrat?
    Die Vorbereitung und Abwicklung der Trauerfeier. Ich habe noch heute das Bild vor Augen, als Lotte am Sarg mit dem aufgebahrten Walter Ulbricht fast zusammenbrach. Am 7. August 1973, nach dem Ende der Weltfestspiele und eine Woche nach seinem Ableben, nahm die Öffentlichkeit im Amtssitz Abschied. Das Defilee nahm kein Ende, und die Straßen nach Friedrichsfelde säumten Zehntausende. In einer 2011 erschienenen Publikation 5 hieß es, dass »sich überraschend viele Menschen« eingefunden hätten. Und die Autoren lieferten sich selbst die Erklärung, dass offenkundig »Ulbricht in seiner langen Laufbahn als Funktionär und Staatschef der von ihm mitbegründeten DDR tiefere Spuren hinterlassen hat, als es die aktuelle Führung […] in ihren Nachrufen zum Ausdruck gebracht hat«. Da lagen sie mal ausnahmsweise richtig.
    Es wurde insbesondere im Westen in Abrede gestellt, dass Ulbricht gewünscht habe, dass die Weltfestspiele weitergingen, und sie werteten die Tatsache als einen bewussten, demonstrativen Affront seines Nachfolgers. Ich habe später auch mit Lotte Ulbricht darüber gesprochen. Sie hat mir definitiv bestätigt: Walter habe ihr gesagt, wenn ihm etwas zustieße, sollte das Festival weitergehen. Es seien so viele junge Menschen von weither angereist, sie haben sich auf dieses Treffen vorbereitet und gefreut. Sie dürfe man nicht einfach nach Hause schicken.
    Lotte ging mit solchen intimen Mitteilungen sehr vorsichtig und sparsam um. Es wird sich schon so verhalten haben.
    5 Mathias Tullner in: Der Tod des Diktators. Ereignis und Erinnerung im 20. Jahrhundert. Herausgegeben von Thomas Grossbölting und Rüdiger Schmidt, Göttingen 2011

Außensicht

Jewgenij Tjashelnikow
    Sein Interesse an Jugendfragen war erkennbar groß
    Jewgenij M. Tjashelnikow, Jahrgang 1928, 1950 Absolvent des Pädagogischen Instituts in Tscheljabinsk, 1951 Mitglied der KPdSU, 1960 Doktor der Geschichtswissenschaften, 1961 bis 1964 Rektor des Pädagogischen Instituts in Tscheljabinsk, danach Sekretär des Gebietskomitees der KPdSU im Gebiet Tscheljabinsk, 1971 bis 1990 Mitglied des ZK der KPdSU, 1. Sekretär des ZK des Komsomol von 1968 bis 1977, danach, bis 1982, Leiter der Abteilung Propaganda des ZK der KPdSU. 1982 bis 1990 Botschafter der UdSSR in Rumänien. Botschafter der UdSSR im Ruhestand.
    W alter Ulbricht kannten wir in der UdSSR sehr gut. Wir schätzten ihn als mutigen Kämpfer gegen den Nazismus, als aufrechten Internationalisten und guten Freund, als Helden der Sowjetunion. 7
    Als Aspirant an der Moskauer Staatlichen Universität besuchte ich 1960 zusammen mit Freunden anlässlich des 15. Jahrestages des Sieges über den Faschismus das Museum deutscher Antifaschisten in Krasnogorsk 8 . Wir erfuhren dort

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