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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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Träger der ökonomischen und politischen Macht.
    Nach Art. 48 7 war die Volkskammer das oberste staatliche Machtorgan in der DDR. Der Ministerrat hingegen vertrat in dessen Auftrag die Wirtschaft der DDR im Interesse ihrer Bürger. (siehe FN 5)
    Dies so nachdrücklich herauszustellen ist deshalb geboten, weil in der BRD (wie sonst in der kapitalistischen Welt auch) der Anschein erweckt wird, als läge »die Macht« beim Bundeskanzler, folglich würde bei Parlamentswahlen der vermeintliche Souverän, das Volk, darüber entscheiden, wer künftig »die Macht« haben solle. Ungeachtet des Ausgangs der Parlamentswahlen verbleibt die tatsächliche Macht im Staate bei den Eigentümern an Produktionsmitteln, namentlich der Klasse der Kapitalisten. Bereits im »Kommunistischen Manifest« formulierten Marx und Engels in prägnanter Schärfe: »Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet.« Der gesamte Staatsaufbau mit Parlament, Regierung und Ministerien usw. erledigt diese gemeinschaftlichen Geschäfte im Gesamtinteresse der ökonomisch herrschenden Klasse, innerhalb derer die großen Kapitalien den Ton angeben. Dieses Staatsgebäude wurde im Kapitalismus, so in der BRD, letztlich nur zu dem Zweck errichtet, um bei dem angeblichen Souverän, dem Wähler, den Glauben zu erzeugen, er habe etwas zu sagen und bestimme mit seinem Votum den Charakter der Gesellschaft. Wir wissen leidvoll aus der Geschichte: Wenn dieser seltene Fall eines politischen Machtwechsels durch Wahlen tatsächlich eintritt, wird diese demokratische Entscheidung mit Gewalt revidiert. Erinnert sei an Spanien 1936 oder Chile 1973.
    Abschnitt II, Kapitel 1 der DDR-Verfassung regelte die Grundrechte und Grundpflichten der Bürger. Diese Aussage ist von prinzipieller und weitreichender Bedeutung. Das Grundgesetz beschränkt sich auf die traditionellen politischen und Bürgerrechte – als ob ein Gemeinwesen ohne Pflichten ihrer Mitglieder existieren könnte! Bereits in der Familie ist selbstverständlich, dass jedes Mitglied vor allem Pflichten hat. Auch das BGB geht – besonders deutlich bei den schuldrechtlichen Beziehungen – von wechselseitigen Rechten und Pflichten aus. Keine Rechtsordnung gewährt nur Rechte. Das Grundgesetz ist deshalb verlogen, weil es vorgibt, die Bürger hätten vor allem Rechte, aber keinerlei Pflichten.
    Indessen ergeben sich aus der BRD-Rechtsordnung – nicht nur aus dem Privatrecht, sondern namentlich aus dem öffentlichen Recht, dem Steuer-, Verwaltungs- und Strafrecht – sehr einschneidende Rechtspflichten. Werden diese nicht erfüllt, hat es oft erhebliche Konsequenzen. Davon redet das GG nicht, nicht von ungefähr. Denn das GG suggeriert, als seien die Grundrechte, so vor allem das hauptsächliche Grundrecht des Art. 2 – das allgemeine Freiheitsrecht, das Grundrecht der Entfaltung der eigenen Persönlichkeit – das Allerwichtigste nicht nur für das Individuum, sondern für die Gesellschaft: Freiheit über alles!
    Wer von diesem Grundrecht der Entfaltung seiner Persönlichkeit in der BRD Gebrauch macht, darf sich darin ausprobieren, erproben. Er darf testen, wie weit er gehen darf. Nicht zu Unrecht hieß es in einem Aufsatz zum »Inbegriff der Freiheit«, sie bedeutet: »Nehmen, was man kriegen kann!«
    Wer von diesem Grundrecht Gebrauch macht, darf – wie die Alltags- und die justizielle Praxis zeigt – experimentieren, ob jemand, der sich in seinen Rechten verletzt sieht, sich meldet, ob er das Gericht anruft. Praktisch geht es darum zu testen, ob der Verletzte es wagt, mit entsprechenden Kosten gegen den Verletzer seiner Rechte gerichtlich vorzugehen. Und die Erfahrung lehrt: sehr, sehr viele verzichten auf den nicht sicheren, oft aussichtslosen Gerichtsweg, den das GG ihnen einräumt, und zwar aus verschiedenen Gründen, z. B. wegen der öffentlichen Meinung, des Ansehens oder wirtschaftlicher Einbußen usw.
    Zutreffend wird in Bezug auf das Recht und die Justiz der BRD nicht nur von Anwälten immer wieder betont: Recht haben und Recht kriegen ist zweierlei. Die Rechte, die das GG und die Gesetze der BRD dem Bürger zuerkennen, bleiben darum nur zu oft totes Papier!
    Im diametralen Gegensatz zum GG regelte die DDR-Verfassung Grundrechte und Grundpflichten. Sie nahm auch alle Menschenrechte auf, die in den beiden Internationalen Menschenrechtskonventionen von 1966 vereinbart worden waren. Die BRD ist zwar beiden Konventionen beigetreten,

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