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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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UNO-Konvention über die Nichtanwendbarkeit von Verjährungsbestimmungen auf Kriegsverbrechen und auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit an, welche von der XXIII. Vollversammlung der Vereinten Nationen am 26. November 1968 beschlossen werden sollte.
    Das Grundgesetz der BRD enthielt keine entsprechende Festlegung. Das brachte Bonn in Zugzwang. Kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist fügte man am 4. August 1969 mit Hilfe des 9. Strafrechtsänderungsgesetzes in den § 78 des Strafgesetzbuches ein: »Verbrechen nach § 220 a (Völkermord) und nach § 211 (Mord) verjähren nicht.«
    Das geschah, wie schon festgestellt, auf internationalen Druck und nicht zuletzt auch wegen der klaren Haltung des anderen deutschen Staates.
    Dennoch offenbarte selbst diese Aussage den Charakter der Bundesrepublik. Völkermord und Individualmord wurden zumindest hinsichtlich der Nichtverjährung auf eine Stufe gestellt. Diese Gleichsetzung stellt de facto eine Bagatellisierung der Nazi- und Kriegsverbrechen des Hitlerstaates dar.
    Das lag auf der Linie des Art. 102 GG, mit dem bei Inkraftsetzen des Grundgesetzes 1949 die Todesstrafe abgeschafft wurde. Davon profitierten nachweislich Nazi- und Kriegsverbrecher, die veranwortlich waren für Massenexekutionen und industriemäßig betriebenen Mord. Die Verfassung der DDR hingegen sah diese Bestrafung explizit vor, und als die DDR in den 80er Jahren in Moskau vorschlug, die Todesstrafe abzuschaffen, lehnte dies Gorbatschow gegenüber Egon Krenz mit Hinweis auf eben jenen Verfassungsauftrag ab: Die Abschaffung der Todesstrafe könnte so verstanden werden, als würde die DDR in ihrer antifaschistischen Haltung nachlassen. Zudem wäre ein solcher Schritt auch nicht notwendig, so lange etwa in den USA und in vielen anderen Staaten die Todesstrafe noch vollstreckt würde. Nachdem die DDR jedoch schon geraume Zeit keine Todesurteile ausgesprochen und vollzogen hatte, wurde sie 1987 offiziell abgeschafft.
    Der Gegensatz der Rechtspflege in beiden deutschen Staaten tritt in den Bestimmungen der DDR-Verfassung und des Grundgesetzes deutlich hervor.
    In der Bundesrepublik wurden und werden Urteile »Im Namen des Volkes« verkündet. Woher nehmen die Richter dieses Recht? In anderen Staaten ist man da ehrlicher. Dort ergehen Urteile im Namen des herrschenden Monarchen oder der Administration, die den Richtern dafür Vollmacht erteilt hat. In der (west-)deutschen Demokratie ergingen und ergehen also die Urteile »im Namen des Volkes«. Hat sie »das Volk« legitimiert? Die Richter, dem sozialen Status und der gesellschaftlichen Stellung nach Beamte, werden von Behörden (gegebenenfalls auf Lebenszeit) ernannt und befördert. Das Volk hat darauf keinerlei Einfluss.
    In der DDR wurden Richter gewählt. Wem die außerordentliche Macht eingeräumt wird, über das Schicksal, besonders über die Freiheit (auch über das Leben) von Menschen zu entscheiden, bedarf dazu einer besonderen Legitimation! In der für eine gesamtdeutsche demokratische Republik ausgearbeiteten und zuvor diskutierten Verfassung, die 1949 die erste Verfassung der DDR wurde, war in Art. 121 bestimmt, dass die Richter des Obersten Gerichtshofes – wie auch der Oberste Staatsanwalt der Republik – auf Vorschlag der Regierung durch die Volkskammer gewählt wurden. Analog galt das in den Ländern und ab 1952 in den Bezirken.
    Diesem historischen Schritt hin zur Schaffung einer demokratisch begründeten und legitimierten Rechtspflege folgten weitere. In Art. 95 der DDR-Verfassung von 1968 hieß es: »Alle Richter, Schöffen und Mitglieder der gesellschaftlichen Gerichte werden durch die Volksvertretungen oder unmittelbar durch die Bürger gewählt.«
    In der DDR war folglich die Urteilsformel »Im Namen des Volkes« begründet und keine demagogische Behauptung.
    Die grundsätzlich in allen Gerichten (so in Arbeitsrechts-, Zivil- und Familiensachen) tätigen Schöffen waren gemäß Art. 96 Abs. 2 der DDR-Verfassung zudem gleichberechtigte »Richter« und nicht, wie in Strafverfahren vor BRD-Gerichten, Staffage, die ohne Kenntnis der Akten neben den Berufsrichtern sitzen, schweigend zuhören und an der Abfassung der – maßgeblichen – schriftlichen Urteilsgründe nicht beteiligt werden. Sie unterzeichnen sie auch nicht. Die Schöffen in der DDR taten dies sehr wohl, wenn sie damit einverstanden waren.
    Die Mitglieder der Gesellschaftlichen Gerichte waren in der DDR wie »ordentliche« Richter tätig. Die Konfliktkommissionen in den Betrieben

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