Walter Ulbricht (German Edition)
Hoffmann, Herbert Grünstein und andere) und eine Reihe von Antifa-Aktivisten (darunter Franz Gold und ich) bisher eine ordentliche Arbeit geleistet hätten. Es gebe ein Lageraktiv, Zirkel und Arbeitsgemeinschaften. Ulbricht fragte uns, ob wir noch einmal die Schulbank drücken wollten. Im Januar 1942 würde in Oranki, südlich von Gorki an der mittleren Wolga, die erste Antifa-Schule ihre Arbeit aufnehmen. Es war, wie man heute sagen würde, ein Pilotprojekt mit dem Ziel, zunächst im Verlauf von vier, fünf Monaten Erfahrungen zu sammeln, um sie danach für die später in größerer Zahl vorgesehenen Schulen zu nutzen.
Was war damit gemeint?
Erich Weinert 8 , der sich später mit den Vorwürfen auseinandersetzte, in den sowjetischen Antifa-Schulen werde »Gehirnwäsche« betrieben, die Kriegsgefangenen würden dort »indoktriniert« und »auf Linie« gebracht, erklärte schon vor der Eröffnung der Schule in Oranki: »Es ist nicht die Absicht, in diesen Schulen die Kursanten durch eine sogenannte Weltanschauungsmühle zu drehen, dass auf der einen Seite der unfertige Mensch steht und auf der anderen Seite der fertige Marxist herauskommt. Die Kurse haben den Sinn, sie vertraut zu machen mit einer Denkmethode, mit einer Untersuchungsmethode, die erfahrungsgemäß die besten Einblicke gewährt in die Hintergründe der Bewegungsgesetze der menschlichen Gesellschaft.«
Leiter der Schule war der Philosophieprofessor Nikolai Jantzen. Zum Lehrkörper gehörten erfahrene Politiker wie Rudolf Lindau (Spezialist für Geschichte der Arbeiterbewegung), Hermann Matern (für alle Fragen der Einheits- und Volksfrontpolitik), Edwin Hoernle (für Fragen der Agrarpolitik), Wilhelm Florin (Gewerkschaftpolitik), Lene Berg (Fragen der Sozialpolitik und der Frauenbewegung), Heinz Hoffmann (für Geschichte des Krieges und der Militärpolitik), Anton Ackermann (Internationale Beziehungen, Literatur und Kulturpolitik) und andere deutsche Antifaschisten. Sie hielten vor dem ganzen Lehrgang Vorträge auf ihrem Fachgebiet und arbeiteten zugleich auch als Klassenleiter für kleinere Gruppen, mit denen sie Seminare abhielten sowie Diskussionen über den jeweiligen Stoff und über die bei uns aufgetretenen Fragen leiteten. Sie gaben die Themen für die Belegarbeiten vor und bewerteten sie – eine Form, die erfolgreich anstelle von Prüfungen praktiziert wurde.
Es ist erstaunlich und spricht für die Siegeszuversicht der sowjetischen Militärs und Politiker, eine solche Einrichtung im Januar 1942 ins Leben zu rufen, als die deutschen Truppen vor Leningrad, Moskau und Stalingrad standen, der europäische Teil der Sowjetunion weitgehend besetzt war und der Kriegsausgang eigentlich offen schien. Denn dass ihr, die ehemaligen Wehrmachtangehörigen, für die Zeit nach dem Kriege, für Deutschland ausgebildet wurde, war ja wohl klar.
Nun ja, das vermittelte Wissen konnten wir Absolventen überall gebrauchen, es befähigte, auf vielen Gebieten zu arbeiten. Als nach fünf Monaten der Lehrgang abgeschlossen war, kehrten die meisten von uns in die verschiedenen Gefangenenlager zurück, um dort Antifa-Aktivs aufzubauen und zu leiten. Andere wurden als Lehrer an Antifa-Schulen eingesetzt, die später entstanden. Franz Gold, ein österreichischer Kamerad namens Zwiefelhöfer und ich kamen wieder nach Krasnogorsk. Dort traf ich auf Dr. Frida Rubiner, schon in den 60ern, eine Veteranin der deutschen Arbeiterbewegung. Sie hatte zwischen 1914 und 1918 im Schweizer Exil Lenin kennengelernt und mit ihm zusammengearbeitet, mit Rosa Luxemburg und Clara Zetkin war sie befreudet gewesen. Da war Alfred Kurella, der lange in der Komintern an der Seite von Georgi Dimitroff gearbeitete hatte, und der bekannte sowjetische Orientalist Prof. Josef Samuilowitsch Braganski, dessen Buch »Mussolini ohne Maske« mir meine Mutter daheim zum Lesen gegeben hatte. Diese Personen instruierten uns, wie wir an und hinter der Front mit Flugblättern und Lautsprechern deutsche Soldaten zum Überlaufen bewegen könnten. Wir wurden im Kessel von Welikije Luki eingesetzt, wo eine faschistische Einheit unter dem Kommando eines Ritterkreuzträgers einen sinnlosen Kampf führte. Ich will es kurz machen, die Aktion war nur bedingt erfolgreich, der Kessel wurde von der Roten Armee gesprengt, die Verluste auf beiden Seiten waren hoch. Dennoch wurden unsere Einsatz-Berichte an der ganzen Front ausgewertet.
Mir ist ein Bild aus meinem DDR-Geschichtsbuch der 8. Klasse in Erinnerung, das dich
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