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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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gestellt. Dann vergammelte das Haus lange Zeit. Erst 2010 eröffnete es der Regierende Bürgermeister nach erfolgter Rekonstruktion mit großem Bohei wieder. Klaus Wowereit lobte überschwänglich den »wunderschönen Glanz« der Anlage, nannte sie »Refugium in der hektischen Großstadt«. Die große Arbeit, die viele Pioniergenerationen in vierzig DDR-Jahren dort geleistet hatten, erwähnte er natürlich mit keiner Silbe.
    Wie hat sich Walter Ulbricht um die Kinder- und Jugendpolitik gekümmert?
    Ich will das nur aus meiner Erfahrung beschreiben: Aus jedem Gespräch zu diesem Thema mit ihm zog ich Nutzen. Zugegeben, ich ging nur zu ihm, wenn ich ein konkretes Anliegen hatte und eine Entscheidung brauchte, aber es wurde dann immer auch von ihm entschieden oder dorthin delegiert, wo entschieden werden musste. Zum Beispiel die Einrichtung von Arbeitsgemeinschaften, von Kinder-, Jugend- und Sportschulen, Zentralen Pionierlagern, Zentralstationen junger Naturforscher, junger Techniker, junger Touristen … – das alles trug ich ihm nach Abstimmung mit der FDJ mit entsprechenden Vorschlägen vor, und er brachte es auf den Weg. So wurde die ABC-Zeitung gegründet, der Kinderbuchverlag, die Zeitschrift Die Neue Schule … Und er fragte auch. Ich erinnere mich, dass er mich 1956 konsultierte, als es um die Konstituierung der Zentralleitung der Jungen Pioniere ging, damals als die Pionierorganisation selbständig wurde. Er war mit der Arbeit von Schirdewan, der als ZK-Sekretär für diesen Bereich mitverantwortlich war, nicht sonderlich zufrieden.
    Ulbricht hatte sich schon seinerzeit, 1947/48, in die Diskussion um Struktur und Namen der Organisation der Kinder konstruktiv eingemischt. Wie sollte die Organisation heißen, »Kinderland«, »Kindervereinigung«? Sogar »Junge Freiheit« war im Gespräch (man konnte ja nicht wissen, wer sich später dieses Namens bemächtigte). Die FDJ entschied sich für den Namen »Verband der Jungen Pioniere« – gewissermaßen als eine Abteilung der FDJ. Das behagte ihm nicht so recht, dennoch unterstützte er die Entscheidung der FDJ. Nun aber, Mitte der 50er Jahre, war er der Meinung, dass es besser sei, die Pioniere in einer eigenständigen Organisation zusammenzufassen. Er wollte, um ehrlich zu sein, die Kinderorganisation dem Einfluss von Schirdewan entziehen. Ich wurde gefragt, ob ich die Leitung der dann selbständigen Pionierorganisation übernehmen würde. Ich wollte nicht. So übernahm der 47-jährige Robert Lehmann, den Ulbricht bereits aus der illegalen Arbeit gegen den Faschismus kannte, die Leitung. Seine eigenständige Stellung wurde auch dadurch unterstrichen, dass Robert Mitglied des ZK der SED wurde. Robert Lehmann blieb bis 1964, danach kam Werner Engst. 1971 wurdest du, Egon, Pioniervorsitzender.
    Als übrigens Ende 1956 über die Herauslösung der Pionierorganisation aus der FDJ, also über die Bildung der Zentralleitung, im Politbüro entschieden wurde, ist Erich Honecker aus dem Sitzungsraum gegangen. Er war dagegen und wollte nicht mitentscheiden. 1964 drängte Horst Schumann, der damalige 1. Sekretär des Zentralrats der FDJ, darauf, diesen Beschluss wieder rückgängig zu machen. Honecker unterstützte ihn. Die Phase der Selbständigkeit war damit wieder zu Ende.
    Wir wollten eigentlich über Walter Ulbricht sprechen. Wie sind die Gespräche mit ihm verlaufen, als du noch für die Pionierarbeit zuständig warst?
    Ich ging mit verschiedenen konkreten Überlegungen und Vorschlägen zu ihm, trug diese vor und erwartete, dass er zustimmte. Wobei ich natürlich den Dienstweg eingehalten habe: Erst ging ich zu Erich, dem FDJ-Vorsitzenden, und der schickte mich weiter zu Walter.
    Gab es vorher einen Schriftwechsel, Hausmitteilungen etc.?
    Nein. Die Bürokratie war damals noch nicht so stark ausgeprägt.
    Wart ihr per Du?
    Ja. Er redete mich immer mit »Junge« an, nicht etwa, wie gemeinhin üblich, mit »Genosse«. Ich war für ihn »Junge«.
    Wann habt ihr zum ersten Mal die Idee der Kinder- und Jugendsportschulen diskutiert?
    Ich glaube 1951. Ich hatte bis dahin davon noch nie etwas gehört. Er sagte: Beschäftige dich mal damit! Er muss da mal von so etwas Ähnlichem in der Sowjetunion gehört haben. Dort hatte man bereits in den 30er Jahren Spezialschulen für sportlich talentierte Kinder und Jugendliche eingerichtet. Gemeinsam mit der FDJ, dem DTSB und der Pionierorganisation wurde dann losgelegt. Bis Ende der 50er Jahre entstanden in der DDR an die zwei Dutzend

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