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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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war, 1947 von Weimar nach Berlin geholt worden, um die Kindervereinigung der FDJ mit aufzubauen. War das von ihm oder von dir als Lebensperspektive gedacht?
    Zu jener Zeit plante man nicht über große Zeiträume. Außerdem habe ich Hermann gesagt, dass ich wieder in die Volksbildung zurückgehe, sobald die Kindervereinigung steht. 1951 wurde ich im Ministerium Leiter der Hauptabteilung Außerschulische Erziehung. Paul Wandel war damals Volksbildungsminister, Else Zaisser Staatssekretär. Ich war faktisch der dritte Mann. In jener Zeit kam ich mit Walter Ulbricht häufiger zusammen. Als Erster Vizepremier war er u. a. zuständig für das Amt für Jugendfragen und Leibesübungen, das von Hannes Keusch geleitet wurde. Der war vorher Sekretär des FDJ-Zentralrats und später Botschafter der DDR in Bulgarien.
    Wann hast du Ulbricht zum ersten Mal gesehen?
    Auf dem I. Parlament der FDJ 1946 in Brandenburg. Aber bei allem Respekt: Pieck und Grotewohl waren damals erheblich bekannter und populärer. Ich kann noch nicht einmal sagen, ob Ulbricht dort gesprochen hat. Eine meiner späteren Begegnungen mit Walter Ulbricht war kurios. Das war auch noch vor der Gründung der DDR. In Oberhof fanden die Ostzonenmeisterschaften im Wintersport statt. Wir, d. h. Walter Ulbricht und seine Lebensgefährtin Lotte Kühn, meine Frau und ich und der sowjetische Jugendoffizier von der SMA Thüringen, wollten in das dortige Golfhotel gehen. Doch ein arroganter Schnösel wollte uns nicht reinlassen. Wir gehörten offenkundig nicht zu den betuchten Gästen, die dort immer noch aus ganz Deutschland abstiegen. Der sowjetische Hauptmann Komin schob den Kontrolleur mit dem Mandat der Besatzungsmacht beiseite. Walter sagte den für mich denkwürdigen Satz: »Wir werden unseren Pionieren keinen Frack anziehen, aber denen den Frack ausziehen.« Aus dem Golfhotel wurde später das Pionierhaus »Bruno Kühn«. Bruno Kühn war der Bruder von Walters späterer Ehefrau. Er war in der proletarischen Kinderbewegung Pionierleiter und wurde im Kampf gegen die Nazis ermordet. Solche Namen wurden nach 1990 natürlich getilgt.
    Wieso wolltest du unbedingt Lehrer werden?
    Ich hatte vier Geschwister. Zwei starben früh. Ich war der Älteste und für sie verantwortlich. Vater war Kraftfahrer und selten zu Hause. Unsere Mutter arbeitete als Verkäuferin. Da entwickelten sich bei mir gewisse pädagogische Einstellungen und Prägungen.
    Nach dem berühmten »Friedensflug nach Osten« einer FDJ-Delegation unter Leitung Erich Honeckers 1947 gab es auch eine Reise von Pionierleitern in die Sowjetunion.
    Ja, das war im Juli 1949. Wir sahen dort ein Pionierlager, das von der Moskauer Metro unterstützt wurde. Die Idee von Trägerbetrieben für Ferienlager fand ich so gut, dass ich sie nach meiner Rückkehr Erich Honecker erzählte, der mich daraufhin gleich zu Ulbricht schickte. Der hörte sich das an und holte den Wirtschaftssekretär Willi Stoph dazu. Gemeinsam erstellten wir eine Liste von 39 Großbetrieben in der sowjetischen Zone, die wir als Unterstützer für die Aktion »Frohe Ferientage für alle Kinder« gewinnen wollten. Und ich brachte auch die Vorstellung eines ständigen Pionierlagers mit, so etwas wie Artek auf der Krim. Ursprünglich wollten wir das in der Berliner Wuhlheide einrichten, aber Erich und Margot fanden den Werbellinsee für Kinder besser geeignet. Dort entstand dann Anfang der 50er Jahre bei Altenhof die Pionierrepublik »Wilhelm Pieck«, die 1952 vom Staatspräsidenten übergeben wurde. Im Nachgang muss ich sagen: Ohne unsere Naivität und den grenzenlosen Optimismus hätten wir so etwas wie die Pionierrepublik und die Zentralen Pionierlager nie begonnen. Man stelle sich doch vor – zehntausende Kinder vier Wochen zusammen in den Ferien, was konnte da nicht alles passieren? Es ist nichts passiert, gottlob. Wir haben nicht nur Glück gehabt, sondern vor allem Pionierleiter mit Liebe zu den Kindern und mit pädagogischem Geschick.
    In der Sowjetunion lernten wir auch Arbeitsgemeinschaften kennen. Auch das gefiel mir. So entstand die außerschulische Erziehung in der DDR. Als Erstes gründeten wir die Zentralstation der Jungen Naturforscher in Berlin-Blankenfelde. Walter Ulbricht eröffnete sie 1952. Er sprach dort im Palmenhaus. Die Anlage war vierzig Jahre zuvor als Hauptschulgarten angelegt worden. Nebenbei: 1994 wurde die 34 Hektar große Anlage mit den beiden zwölf Meter hohen Gewächshäusern zum Volkspark erklärt und unter Denkmalschutz

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