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Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
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zu den bedeutendsten deutschen Politikern des 20. Jahrhunderts. Er hatte an den Fronten des Zweiten Weltkrieges in Agitationseinsätzen gegen den Faschismus geholfen, die deutsche Ehre zu retten. Und dass der Kalte Krieg nicht zu einem Dritten Weltkrieg wurde, ist ihm ebenfalls gutzuschreiben. Das bleibt.

Klaus Höpcke
    1949, 1953, 1963 etc. – Ulbricht war stets für Überraschungen gut
    Klaus Höpcke, Jahrgang 1933, nach dem Journalistikstudium bis 1960 wissenschaftlicher Assistent an der Karl-Marx-Universität, danach (bis 1962) Stellvertretender Sekretär der Universitätsparteileitung, anschließend 1. Sekretär der Bezirksleitung Leipzig der FDJ. Von 1964 bis 1973 tätig beim » Neuen Deutschland «, danach – bis 1989 – stellvertretender Kulturminister und Leiter der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel. Von 1990 bis 1999 Mitglied des Thüringer Landtages, Mitglied des Ältestenrates der Linkspartei.
    I n meiner linken Hand hielt ich eine leuchtend brennende Fackel, in der rechten einen Brief – so ausgerüstet lief ich an einem Abend im Herbst 1949 in der Mitte einer Straße, die von Berlin-Pankow ins Stadtzentrum führte. Um mich herum waren Mitglieder der Freien Deutschen Jugend und viele andere junge Leute aus allen Kreisen der kurz zuvor gegründeten Deutschen Demokratischen Republik. Darunter eine Gruppe Neubrandenburger Oberschüler, zu der ich gehörte. Mit den Fackeln wollten wir die Staatsgründung begrüßen. Und Glück wünschen wollten wir den Frauen und Männern, die bereit waren, in diesem Staat Verantwortung zu übernehmen, und die sich jetzt Unter den Linden am Rande des Demonstrationszuges auf der Ladefläche eines Lastwagens versammelt hatten. Unsere Gratulationen erwiderten sie mit fröhlichen Zurufen und Winken. Wir interessierten uns besonders für herzlichen Blickkontakt mit Wilhelm Pieck als dem Präsidenten unseres neuen Staates.
    Wir sangen Lieder, riefen Sprechchöre für den Frieden und gegen die Bonner Separatisten, die Deutschland spalteten. Und ich sann während der ganzen Zeit – so »nebenbei« – darüber nach, wie der Brief aus meiner Hand in die Hände eines der Menschen auf der Lkw-Tribüne gelangen könnte. Wir hatten erfahren, dass Walter Ulbricht besondere Bemühungen um ein Gesetz zur Förderung der Jugend in Gang gebracht hatte. Wir wollten deshalb gerade ihm von unserem Tun und Lassen im kurzen Text einer brieflichen Information berichten.
    Ich ging auf einen der Wachleute am Lkw zu. Er holte einen von Walter Ulbrichts Mitarbeitern heran, und ich konnte ihm das, was wir in Neubrandenburg aufgeschrieben hatten, aushändigen – zur Weitergabe an WU.
    Wir berichteten zuerst, was wir in den seit Kriegsende vergangenen Jahren gemacht hatten. Vor allem ging es da um unsere Einsätze zur Enttrümmerung der Innenstadt von Neubrandenburg. Von der waren nur fünf Straßen unzerstört geblieben. Wir beluden Loren mit Steinen aus den Ruinen und sorgten für deren ordentlichen Transport zu Baustoff-Sammelstellen. Wir schilderten auch, wie wir von der Schule aus in Dörfer der Umgebung fuhren, um dort mit Liedern, Zitieren von Gedichten, kabarettistischen Versuchen und Diskussionen zu politischen Streitthemen wie zum Beispiel Oder-Neiße-Friedensgrenze an der Meinungsbildung und Kulturentwicklung teilzunehmen.
    Natürlich kamen wir auch auf Fortschritte im schulischen Unterricht und auf erste Ansätze zu gründlicherer Beschäftigung mit Geschichte, darunter der Geschichte der Arbeiter- und der Jugendbewegung, zu sprechen.
    Zur ersten Begegnung mit Walter Ulbricht kam es dreieinhalb Jahre später. Ich hatte inzwischen die Schule beendet und in Leipzig ein Journalistikstudium aufgenommen. Am 15. Juni 1953 begann ich mein Redaktionspraktikum bei der Freiheit in Halle. Zwei Tage nach der Arbeitsaufnahme begannen die Unruhen in Betrieben und auf den Straßen.
    Viele Genossen übernahmen Aufgaben in bestreikten Betrieben. So auch ich. Mein »Arbeitsort« dieser Art waren die Halleschen Kleiderwerke. Mir als damals Neunzehnjährigem fiel es nicht leicht, den z. T. beträchtlich älteren Arbeiterinnen und Arbeitern zu erläutern, dass sie mit den Arbeitsniederlegungen gegen ihre eigenen Interessen handelten. In den Gesprächen über unser Alltagsleben – ihres und auch meines – kamen wir uns allerdings näher. Am schwierigsten war es, den Widersinn der Absicht zu überwinden, erst dann mit dem Streiken aufzuhören, wenn aus dem Bunawerk die Bereitschaft zum Streikende

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