Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen
Lächelnd sah Nicole zu ihm auf. „Aber gehört sich das? Ich meine, mit einer Schauspielerin zu sprechen?“
„Aber ja. Ganz und gar, wenn ich ihr eine Nachricht schicke mit der Bitte, uns in unserer Loge zu besuchen – nicht ganz so sehr, wenn wir zu ihr in ihre Garderobe gehen.“
„Dann gehen wir auf jeden Fall zu ihr und lassen Lord Yalding und Lydia, brav von meiner Renée behütet, in Ihrer Loge allein“, verkündete Nicole, während er sie, scheinbar ganz in seiner Rolle als Anbeter aufgehend, hingebungsvoll anschmachtete.
„Und versehe Sie so mit einem weiteren Abenteuer, um Sie bei Laune zu halten. Ich weiß, was ich Ihnen schuldig bin. Übrigens sehen Sie heute Abend wunderbar aus. Sie wurden auf Schritt und Tritt angestarrt.“
Nicole wusste, dass es sich gehörte, so zu tun, als habe sie es nicht bemerkt. „Aber auch Lydia wird sehr beachtet. Die Herren lächeln, und die Damen schauen finster. Ist es böse von mir, zuzugeben, dass ich es genieße?“
„Nein, genießen Sie es ruhig. Nur vergessen Sie nie: Die Freundlichkeit und Wahrhaftigkeit der Mitglieder des ton gehen nicht tiefer als die Pfütze, in der wir beide neulich standen. Sie und Ihre Schwester gelten für alle anderen Debütantinnen und für jede Mama, die eine Tochter verheiraten will, als Feinde. Und die Männer? Ah, Sie sind zu jung, um zu wissen, was Männer beim Anblick so schöner, ungezierter, jugendfrischer Damen wie Sie und Ihre Schwester denken. Nur die Mitgiftjäger und armen Schlucker wünschen sich eher, dass die Schwestern eines reichen Dukes hässlich wie die Sünde wären, weil Ihr Bruder dann deren Antrag wohlwollender entgegennähme.“
„Ich glaube, Sie wollen mir den Spaß verderben, nicht wahr? Ich will mich gut unterhalten und Spaß haben und nicht dauernd die Motive der Leute hinterfragen. Bestimmt gibt es doch Ausnahmen von diesen Ihrer Beschreibung nach entschieden unangenehmen Mitgliedern der Gesellschaft. Sie selbst zum Beispiel.“
Sie hatten die Treppenflucht erklommen, und Lucas führte sie zu seiner Loge. „Natürlich, ich bin die Ausnahme. Aufrecht, vertrauenswert, ohne hintergründige Motive. In der Tat ein schlichter Mann und peinlich ehrlich. Fragen Sie, wen Sie wollen, nie werden Sie auch nur ein übles Wort über den Marquis of Basingstoke hören. Sie können von Glück sagen, mich gefunden zu haben.“
„Sagt der Mann, der mich bat, an seiner Verschwörung teilzuhaben“, murmelte Nicole, während ein livrierter Diener herbeieilte und den schweren Vorhang zu der Privatloge aufriss.
„Vorsicht, stolpern Sie nicht, Nicole, es geht drei Sitzreihen hinunter“, warnte Lucas.
Doch Nicole beachtete ihn nicht. War das Foyer des Theaters schon ein Wunder gewesen, so bot der sich vor ihr öffnende weite Saal nun einen wirklich umwerfenden Anblick. Mit sicherem Schritt ging sie an den Sitzen vorbei die Stufen hinab und stützte sich mit ihren behandschuhten Händen auf das schwere Messinggeländer der Brüstung. Staunend schaute sie auf die wimmelnde Menge hinab.
In ihrem ganzen behüteten Leben hatte sie noch nie so viele Menschen auf einem Fleck versammelt gesehen. Plötzlich fühlte sie sich unglaublich lebendig, und vor Entzücken begann ihr Herz wild zu pochen.
Dafür bin ich geboren, für dies hier, um dazuzugehören, dachte sie, schüttelte jedoch sofort den Kopf, weil sie kaum glauben konnte, dass sie so etwas Albernes, Eitles gedacht hatte.
Mit vor Aufregung strahlendem Lächeln wandte sie sich zu den anderen um. „Lydia, komm her, schau nur. Alle Welt ist hier.“
Doch Lydia hatte sich schon auf einem der vorderen Sitze niedergelassen und Lord Yalding in der Reihe direkt hinter. Er wirkte ein wenig verkrampft und meinte: „Setzen Sie sich lieber; wenn Sie sich noch weiter hinauslehnen, könnten Sie fallen.“ Ein wenig verlegen fügte er hinzu: „So beschämend es ist, ich muss zugeben, dass ich nur ungern dort am Geländer stehe. Mir ist immer, als könnte ich jeden Moment das Gleichgewicht verlieren und zu Tode stürzen.“
Nicole setzte sich hastig, und während Lucas neben ihr Platz nahm, flüsterte er ihr zu: „Das Problem hat er, seit ich ihn einmal überredet habe, einen Ballonflug mit mir zu machen. Seitdem bevorzugt er festen Boden unter den Füßen. Aber schauen Sie, man hat uns bemerkt. Sehen Sie mir also nach, dass ich Ihnen seelenvoll in die Augen schaue, während ich Ihnen behilflich bin, Ihre Stola abzulegen.“
Obwohl er sehr überzeugend den unsterblich
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