Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
Harry!“, sagte ich. „Denk an die Sache mit dem halb vollen oder halb leeren Glas. Du bist kein halber Krüppel, du bist halb funktionsfähig.“
    Draußen toste das Feuer immer lauter. Ich glaubte mir selbst kein Wort.
    Aber ich legte die rechte Hand auf den Boden und fing an, mich hochzustemmen. „Tu was oder stirb, Dresden!“, befahl ich mir energisch, und ebenso energisch ignorierte ich die Angst, die mir die Kehle zuschnürte. „Tu was oder stirb!“
    Das mit dem Sterben lag wohl um einiges näher.

28. Kapitel
    I ch humpelte auf einer Krücke in meinem Wohnzimmer herum und besah mir die Decke. Gerade hatte ich mir ausgerechnet, welche Stelle in etwa der Mitte von Mrs. Spunklecriefs Wohnzimmer entsprechen musste, und feststellen dürfen, dass eins meiner alten Sofas direkt darunter stand.
    Ich schob das eine Ende der mir noch verbliebenen Krücke unter eins der großen Bücherregale, vertraute auf die Gesetze der Hebelwirkung und hob es an. Mit einem befriedigenden Poltern gab das Regal seinen festen Stand auf, Taschenbücher und Regalbretter aus Hartholz segelten durch die Gegend, und das Regal selbst landete so auf der Couch, dass eine Art Rampe entstand. Die kroch ich jetzt bis ans Ende hoch, was nicht ohne große Schmerzen abging, hob die rechte Hand und aktivierte einen der Ringe daran.
    Nun handelte es sich bei diesen Ringen ja um magische Werkzeuge, so geschaffen, dass sie bei jeder Armbewegung ein klein wenig kinetische Energie speicherten. Voll aufgeladen ergab das eine Menge Energie, und sie waren voll aufgeladen, immerhin hatte ich erst kürzlich extra deswegen meinen Sandsack verdroschen. Entfesselt entlud sich diese Energie als unsichtbare Kraft, die ein Loch in meine Decke und den darüberliegenden Boden riss. Selbst den verblassten Teppichboden, dessen Farbe mich immer an eingetrockneten Senf erinnerte, zerriss es noch.
    Die Ladung des nächsten Rings am nächsten Finger traf ein bisschen versetzt. Noch ein Ring, noch eine Explosion – bis ich hoffen durfte, mich durch das entstandene Loch quetschen zu können.
    Ich hakte das gepolsterte Ende meiner Krücke hinter einen dicken Bodenträger, den die Explosionen in zwei Teile gerissen hatten, und zog mich hoch, bis ich auf dem unverletzten Bein stehen konnte. Dann warf ich die Krücke durch das Loch und streckte die Arme hoch, um mich selbst hinaufzuziehen.
    In diesem Moment meldete sich Mister mit hohem, besorgtem Miauen. Ich erstarrte zur Salzsäule. Mein Kater war noch in meiner Wohnung.
    Ein panischer Blick durchs Zimmer – Mister kauerte auf seinem Lieblingsplatz hoch oben auf dem höchsten Bücherregal. Sämtliche Haare standen ihm zu Berge, alle Muskeln schienen zum Zerreißen gespannt – und ich hatte die Krücke schon weggeworfen. Wenn ich jetzt die Rampe runter krabbelte, um Mister zu holen, schaffte ich es hinterher vielleicht noch, wieder rauf zu krabbeln, aber woran sollte ich mich hochziehen, um auf der Rampe zu stehen und mich in die darüberliegende Wohnung zu hieven? Wie sollte ich Mister festhalten, während ich Rampe und Aufstieg durchs Loch bewältigte, wo doch noch nicht mal klar war, ob ich ihn überhaupt tragen konnte? Mister wog gut und gerne fünfzehn Kilo, ein verdammt großes Handicap bei jedem Klimmzug.
    Wenn das Feuer sich so rasch ausbreitete, wie ich befürchten musste, dann blieb mir außerdem gar keine Zeit, den Kater zu holen, dann saß ich hier ausweglos in der Falle, wenn ich nicht bald meine Flucht organisierte, und dann gab es niemanden mehr, der Mrs. S. und den Willoughbys helfen konnte.
    Ich liebte meinen Kater, er gehörte zur Familie.
    Aber eigentlich war klar, dass ich nichts für ihn tun konnte.
    Es sei denn, ich ließ mir ganz schnell etwas einfallen. „Nachdenken, Harry!“, blaffte ich mich selbst an. „Pah. Niemals aufgeben. Niemals aufgeben.“
    Da meine Wohnung im Kellergeschoss lag, kamen die Fenster für mich als Fluchtweg nicht in Frage, aber für Mister reichten sie. Ich hob die Hand, zielte sorgsam und zerschmetterte mit einer einfachen Ladung aus einem meiner Ringe die Scheibe des Fensters, das Mister am nächsten war. Mister begriff sofort, was Sache war. Er kroch zwei Regalbretter weiter und setzte zum Sprung an. Von seinem Hochsitz aus bis zum Fenster waren es gut und gern anderthalb Meter, aber Mister ließ es so aussehen, als sei Weitsprung sein täglich Brot. Ein wildes, triumphierendes Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit, als er durch das zerbrochene Fenster flog und

Weitere Kostenlose Bücher