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Wandel

Wandel

Titel: Wandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Ursprünglich hatte es dem Selbstschutz gedient, da es verängstigten Dorfbewohnern, Inquisitoren und anderen unrühmlich Interessierten beweisen sollte, dass jemand unmöglich Magier sein konnte, wenn er sich nicht im Besitz aller möglicher magischer Hilfsmittel befand.
    Magie brauchte keine Requisiten, Menschen, die Magie wirkten, schon. Jedes Requisit war sowohl aus einem symbolischen als auch einem praktischen Grund Teil eines Zaubers. Einfache Dinge – eine Kerze anzuzünden zum Beispiel – ließen sich sehr gut auch im Kopf erledigen. Mit der Zeit gelang das so einfach wie Schuhe binden.
    Ging es jedoch um Komplizierteres, dann musste man enorm viele Dinge im Kopf behalten und nachvollziehen, um sich den Fluss von Energien, deren Manipulation und so weiter und so fort vorstellen zu können. Richtige Requisiten halfen dabei, sie dienten als eine Art Gedächtnisstütze: Man verknüpfte ein bestimmtes Bild im Kopf mit einem bestimmten Requisit, und jedesmal, wenn man die Requisite sieht oder berührt, wird das Bild sozusagen mitgeliefert. Schlicht und einfach.
    Nur hatte ich hier keine Requisiten.
    Ich musste improvisieren: reine Vorstellungskraft, reine Konzentration.
    Reine Arroganz, wenn man so wollte. Aber ich war an einem bislang unerreichten Tiefpunkt angelangt, was blieb mir also anderes?
    In meinen Gedanken zündete ich die Kerzen an, während ich langsam im Uhrzeigersinn um den Kreis herumging und ebenso langsam die Energie hochfuhr, die er brauchte, um zu wirken. Dem Anschein nach hatte ich vergessen, den Zimmerboden in meinem Kopf konkret zu gestalten, das holte ich rasch nach, bis der fiktive Fußbodenbereich mit dem Linoleum beklebt war, das in meiner ersten, ziemlich heruntergekommenen Wohnung in Chicago gelegen hatte. Grüne Streifen auf grauem Grund, gräuliches Zeug, aber einfach vorzustellen.
    Ohne meinen Körper ein einziges Mal zu bewegen, stellte ich mir vor, wie ich den Zauber wirkte. In allen Einzelheiten, vom kalten Boden unter meinen Knien bis zum leisen Zucken in meiner linken Hand, das sich immer dann einzustellen schien, wenn ich nervös war.
    Ich schloss den Kreis, sammelte Kraft, und als alles vorbereitet war, als ich alles in meiner Vorstellung so parat hielt, dass mir das Bild realer schien als der Raum, in dem ich lag, ließ ich Kraft in meine Stimme fließen. „Tritt vor, Uriel“, rief ich leise.
    Bis es mir schmerzhaft in die Augen stach, hätte ich nicht sagen können, ob das weiche, weiße Licht, das aufgeflammt war, nur in meinem Kopf schien oder ganz real im Zimmer.
    Der Zauber in meinem Kopf war inzwischen zu einem festen, lebenden Bild geworden, auf das ich lediglich einen Teil meiner Konzentration richten musste, um es am Laufen zu halten.
    Ich kniff die Augen zusammen. Im Licht stand ein großer, junger Mann in Jeans und T-Shirt, darüber eine dicke Steppjacke. Das blonde Haar fiel ihm in die Augen, aber man konnte trotzdem erkennen, wie blau und hell sie waren und wie sie sich ohne Falschheit im Zimmer umsahen. Uriel schob die Hände in die Jackentaschen und nickte. „Ich hatte mich schon gefragt, wann mich dieser Ruf ereilen würde.“
    „Dann weißt du, was gerade passiert?“
    „Ja, doch.“ Er schien aus irgendeinem Grunde ungeduldig, runzelte dann aber plötzlich die Stirn, beugte sich vor und fixierte mich prüfend.
    Woraufhin ich das Bild des magischen Kreises in meinem Kopf sorgsam noch einmal verstärkte und mich sehr darauf konzentrierte, es aufrechtzuerhalten. Wenn man ein Wesen heraufbeschwor, dann war dieser Kreis nämlich das Einzige, was einem vor dem Zorn dieses Wesens beschützte.
    „Also! Ich bitte dich, Dresden“, sagte Uriel. „Das ist wirklich ein netter Kreis, aber du glaubst doch wohl nicht ernsthaft, er könnte für mich ein Hindernis darstellen?“
    „Ich gehe nun mal gern auf Nummer sicher.“
    Uriel gab ein sehr unengelhaftes Schnauben von sich, ehe er nachdenklich nickte. „Ah, jetzt verstehe ich.“
    „Was verstehst du?“
    „Warum du mich gerufen hast. Dein Rücken.“
    Ich grinste, was mir außerordentliche Mühe bereitete. „Sei ehrlich, wie schlimm steht es?“
    „Gebrochen“, sagte er. „Da du Magier bist, flickt dein Körper die Enden vielleicht im Laufe der nächsten vierzig, fünfzig Jahre wieder zusammen. Aber mit Bestimmtheit lässt sich das nicht sagen.“
    „Ich muss gesund werden!“, sagte ich. „Jetzt sofort.“
    „Dann hättest du wohl in deinem Zustand keine Leiter hochklettern sollen.“
    Mit einem

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