Wandel
zu: furchterregende, durchgeknallte, todbringende Sidhe-Dame.“
Die Leanansidhe bleckte ihre Katzenzähne zu einem fuchsartigen Lächeln. „Ach, Kind, du hast solches Potenzial! Wir sollten uns unterhalten, sobald das hier vorbei ist.“
Ich warf Lea einen wütenden Blick zu, der sie aber wenig zu beeindrucken schien. „So, Leute, jetzt kommt der Plan. Ich bin da, wo das Feuer am heißesten brennt, und wenn einer von euch von der Gruppe getrennt wird oder zu Boden geht, komme ich euch holen.“ Mein Blick, immer noch wütend, ruhte weiterhin auf Lea. „Jeder, der mit mir geht, kommt auch wieder zurück. Tod oder lebendig. Ich bringe euch nach Hause.“
Wir gingen weiter. Lea schwieg ein paar Schritte lang, ehe sie mir mit hochgezogenen Brauen einen Blick zuwarf.
„Wenn sie alle auf eigenen Beinen heimgehen könnten, dann wäre das doch sicher am zweckdienlichsten“, sagte ich zu ihr. „Zweckdienlicher, als wenn ich sie holen müsste. Siehst du das nicht auch so, Patin?“
Sie verdrehte die Augen. „Unmögliches Kind.“ Aber der Anflug eines Lächelns umspielte ihren Mund, als sie den Kopf neigte wie ein Fechter, der den Treffer seines Gegners anerkennt. Ich erwiderte die Geste.
Ich fand es besser, Leas Ego nicht noch mehr zu strapazieren. „Seid vorsichtig, wenn ihr mit ihr sprecht“, warnte ich die anderen. „Macht ihr keine Angebote und nehmt keine von ihr an, nicht mal im Vorbeigehen. Nicht mal bei Dingen, die euch harmlos erscheinen. Achtet außerdem darauf, dass auch im Nachhinein nichts aus dem Zusammenhang heraus als Zustimmung zu einer Offerte gedeutet werden kann. Wenn man mit den Sidhe zu tun hat, ist jedes Wort bindend, und Lea hier ist eines der gefährlichsten Wesen des Feenreiches.“ Ich bedachte Lea mit einer knappen Verbeugung. „Was unser Glück ist. Noch ehe die Nacht vorbei ist, werden wir froh sein, sie bei uns zu wissen.“
„Oh!“ Die Leanansidhe schnurrte wie eine Katze, die sich zufrieden in der Sonne aalte. „Ein bisschen dick aufgetragen vielleicht … ach, wie ist das Kind doch erwachsen geworden.“ „Da!“,sagte Sanya vergnügt. „Ich bin jetzt schon froh, dass sie hier ist. Zum ersten Mal durfte ich in einer Limousine fahren. Ich muss sagen, die Nacht fängt gut an, und wenn die furchterregende, durchgeknallte, todbringende Sidhe-Dame uns helfen kann, einer guten Sache zu dienen, dann werden wir, die wir die Schwerter tragen, wir alle drei …“ Lächelnd legte er eine Kunstpause ein. „Dann heißen wir ihre Hilfe willkommen.“
„Welch außergewöhnlicher Charme, oh Ritter des Schwertes.“ Lea lächelte vielleicht noch gewinnender als Sanya. „Was sind wir doch heute alle nett und höflich zueinander. Seid versichert: Sollte einer von euch sein Schwert fallen lassen oder sollte es ihm anderweitig abhandenkommen, werde ich alles in meiner Macht Stehende tun, um es zurückzuholen.“
„Sanya!“, mahnte ich. „Halt jetzt bitte den Mund.“
Sanya lachte, laut und schallend, während er den Riemen seines Gewehres auf der Schulter zurechtrückte. Aber er sagte nichts mehr.
Beim Wurfpunkt befragte ich zum wiederholten Mal die Erinnerung meiner Mutter. „Gut, Leute, hier fängt das erste Wegstück an. Es wird ein Spaziergang an einem Fluss entlang. Kriegt bloß keinen Schreck: Das Wasser fließ bergauf.“ Ich starrte in die Luft über dem Wurfpunkt und machte mich daran, meinen Willen zu bündeln.
„Gut“, sagte ich mehr oder weniger zu mir selbst. „Auf los geht’s los. Aparturum!“
41. Kapitel
D ie erste Teilstrecke der Reise war unkompliziert, ein Spaziergang auf einem Waldpfad, der uns an einem rückwärts fließenden Flüsschen entlangführte, bis wir bei einem Menhir anlangten. Für alle, die das dringende Bedürfnis verspüren, zu erfahren, was das ist: Ein Menhir ist ein großer, aufrecht stehender Stein. Ich fand die Stelle, wo ein Pentagramm in den Fels eingeritzt worden war, ein fünfzackiger Stern innerhalb eines Kreises, wie ich ihn auch an der Halskette trug. Nur waren hier Stern und Kreis ein wenig schief. Meine Mutter hatte beides in den Stein gemeißelt, um die Stelle zu markieren, an der man einen weiteren Weg öffnen sollte.
Ich strich kurz mit den Fingern darüber. So wie mein Anhänger oder der Edelstein, der ihn jetzt zierte, war diese Inschrift im Stein ein greifbarer Beweis dafür, dass meine Mutter existiert hatte. Sie hatte gelebt, war da gewesen, auch wenn ich keine persönlichen Erinnerungen an sie hatte. Dieses
Weitere Kostenlose Bücher