Wandel
drehen, mir ein Knie in den Rücken zu stemmen und mir die Hände gewaltsam nach hinten zu reißen. Um mich herum herrschte aufgebrachtes Geschnatter, dem ich aber keine Beachtung schenkte. Was interessierten mich diese Leute? Mir tat alles viel zu weh, und ich war so verdammt, verdammt müde.
Wollen Sie wissen, wie ich mich in diesem Moment fühlte? Befreit. Unendlich befreit, weil ich nun endlich verhaftet war, mich zurücklehnen und das Leben in Handschellen ganz entspannt genießen durfte.
In Handschellen oder in einer Zwangsjacke – je nachdem, wie sich die Dinge entwickelten.
13. Kapitel
S ie brachten mich in die Roosevelt Street , wo das FBI in Chicago seinen Sitz hat. Draußen vor dem Gebäude drängten sich Horden von Reportern, die sofort loslegten, Fragen brüllten und Fotos schossen, als man mich aus dem Wagen holte und zwei Polizisten mich halb die Treppe hochschleppten. Die Regierungsbeamten hielten sich zurück und ignorierten sämtliche Fragen, aber Rudolph konnte es nicht lassen: Er blieb kurz stehen und gab bekannt, die Explosion in der Nacht zuvor werde gründlich untersucht, mehrere in diesem Zusammenhang interessante Personen seien vorgeladen worden, um sie zu befragen, die braven Bürger Chicagos hätten nichts zu befürchten und so weiter und so fort. Bla, bla.
Ein schlanker, eher kleiner Typ mit wachsbleicher Haut und rabenschwarzem Haar in unauffälligem Anzug, wie ihn FBI-Agenten gerne trugen, schlenderte wie beiläufig an Rudolph vorbei, um dem weit Größeren fast freundschaftlich den Arm um die Schultern zu legen. Anscheinend mit festem Griff, denn Rudolph konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten, weswegen er sich gezwungen sah, dem FBI-Typen zu folgen und die Reporter stehen zu lassen. Rudolph geiferte vor Zorn, aber der Spargel warf Rudi einen finsteren Blick zu, der den übereifrigen Polizisten verstummen ließ.
Ich erinnere mich noch, dass ich durch eine Sicherheitskontrolle stolperte und in einem Aufzug nach oben fuhr, wo man mich auf einen Stuhl setzte. Spargel nahm mir die Handschellen ab. Sobald ich saß, legte ich beide Arme auf den vor mir stehenden Tisch und den Kopf darauf. Wie lange ich weggetreten war, kann ich nicht sagen, aber ich kam zu mir, als eine ziemlich steife, mürrisch dreinblickende Frau mir mit einer grellen Taschenlampe in die Augen leuchtete.
„Keine Anzeichen für Gehirnerschütterung“, verkündete sie. „Alle Reflexe normal. Ich glaube, er ist einfach nur erschöpft.“
Ich befand mich in einem Raum, der lediglich mit einem einzelnen Konferenztisch, mehreren Stühlen und einem langen Wandspiegel ausgestattet war. Spargel, ein noch recht jung wirkender Mann in einem Anzug, der seine Gehaltsklasse überstieg, mit geradezu grotesk säuberlich gekämmtem Haar lehnte mit hochgezogenen Schultern am Türpfosten, daneben Rudolph.
„Der tut nur so“, beharrte Rudolph. „Wir haben ihn nicht länger als ein paar Minuten aus den Augen gelassen. Wie kann er sich in dieser Zeit total verausgabt haben, hm? Ohne zu schwitzen? Ohne auch nur schwer zu atmen? Er ist nur dreckig, mehr nicht. Aber jetzt hatte er eine Stunde Zeit, um sich eine Geschichte auszudenken. Das hätten wir ihm nie erlauben dürfen.“
Spargel musterte Rudi ohne eine Gefühlsregung im schmalen, blassen Gesicht, ehe er mich ansah.
„Ich schätze, dann sind Sie der gute Bulle“, sagte ich.
Er verdrehte die Augen. „Danke, Roz.“
Die Frau nahm das Stethoskop vom Hals, ehe sie mit einem letzten missbilligenden Blick in meine Richtung das Zimmer verließ.
Spargel kam an den Tisch, um sich mir gegenüberzusetzen, während Rudi sich hinter mir aufbaute. Ein einfacher psychologischer Trick, der aber funktionierte. Ich wusste, Rudolph war da, konnte den Mann aber nicht sehen, was mich ziemlich verunsicherte und ablenkte.
„Mein Name ist Tilly“, stellte Spargel sich vor. „Sie können mich Agent Tilly oder einfach Tilly nennen.“
„Alles klar, Spargel“, sagte ich.
Er holte tief Luft. „Warum sind Sie nicht an die Tür gekommen, Mr. Dresden? Das wäre für uns alle viel leichter gewesen.“
„Ich habe Sie nicht gehört“, sagte ich. „Ich habe im unteren Kellergeschoss geschlafen.“
„Schwachsinn!“ Das kam von hinten.
Spargel ließ den Blick zwischen Rudolph und mir hin und her gleiten. „Geschlafen?“
„Ich habe einen festen Schlaf. Unter einem der Tische in meiner Werkstatt liegt eine Matratze, auf der ich manchmal schlafe, weil es da unten ruhig und kühl
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