Wandernde Welten
Wasser herausspritzt. - Und sieh mal.« Er deutete auf den Boden, drehte sich langsam um die eigene Achse und blickte fasziniert auf seinen Schatten, der sich mit ihm drehte.
»Paß auf.« Er sprang in die Höhe, und der Schatten folgte auch dieser Bewegung. Er lächelte seine Mutter an. »Er ist schwarz, genau wie ich.«
Sie blickte ihm ins Gesicht. Seine Augen waren nicht rund und schwarz wie die der Stythen. Sie waren dunkelbraun und oval, wie die ihren. Aber sonst war er ein Ebenbild Sabas. Er hatte Sabas energisches Kinn, und auch seinen sinnlichen Mund. Sie stand auf.
»Komm, wir holen uns ein Eis.«
Sie gingen über das Plastikgras des Parks, das im künstlichen Sonnenlicht schimmerte. In der Mitte des Parks, gar nicht weit von dem Springbrunnen entfernt, stand ein weißer Eiswagen.
David lief auf ihn zu. Ein Hund rannte an Paula vorbei hinter dem Jungen her. David blieb stehen und wandte sich um.
»Mama!«
Paula spurtete auf ihn zu. Der Hund erreichte ihn eine Sekunde vor ihr und rannte ihn um. Sie riß den Jungen vom Boden hoch und preßte ihn schützend an sich.
Der Hund stand vor ihr und knurrte sie an. Plötzlich sprang er sie an und schnappte nach dem Jungen. Sie streckte den rechten Arm vor, um das Kind vor den gefletschten Zähnen zu schützen.
Sie rissen ihr den Unterarm auf. David begann zu schreien. Der Hund bellte sie jetzt wütend an. Er kauerte sprungbereit vor ihr, und dann fiel er sie wieder an. Sie sprang zur Seite und lief auf den nächsten Baum zu. Der Hund sprang sie an, bevor sie ihn erreichte, und verbiß sich in ihren Oberschenkel.
David hatte seine Arme um ihren Hals geschlungen und klammerte sich in seiner Angst so fest, daß er sie fast erstickte. Sie versuchte, seine Umklammerung zu lockern. Die anderen Menschen im Park sahen neugierig zu, als wenn es sich um eine Vorstellung handelte. Der Hund zerrte knurrend an ihrem Oberschenkel. Als die scharfen Zähne sie für eine Sekunde freigaben, lief sie mit dem schreienden Kind auf den Armen zu dem nur drei Schritte entfernten Baum.
»David. Klettere in die Äste.«
Aber er klammerte sich an ihr fest und schrie weiter. Der Hund schlich geduckt um sie herum. Paula riß Davids Hände von ihrem Hals und warf ihn in das Geäst des Baums. Instinktiv hielt er sich fest. Dann stellte sie sich mit dem Rücken an den Baumstamm.
Die Wunde im Oberschenkel schien nicht schlimm zu sein, aber ihr rechter Arm schmerzte bis zur Schulter. Sie wußte, daß sie nicht mehr lange durchhalten würde. Der Hund umschlich sie und den Baum, den Blick auf den schwarzhäutigen Jungen im Geäst gerichtet. Das künstliche Sonnenlicht ließ seine Augen grünlich funkeln. Paula folgte jeder Bewegung des Tiers und stand ständig zwischen ihm und dem Jungen. Von der anderen Seite des Parks ertönte plötzlich ein schriller Pfiff. Der Hund spitzte die Ohren, zögerte eine Sekunde und sauste dann in die Richtung davon, aus der der Pfiff seines Herrn gekommen war.
»Komm wieder herunter, David.«
»Nein.«
»Komm herunter. Er ist fort.« Sie konnte den Arm nicht heben.
Sie mußte den Jungen irgendwo in Sicherheit bringen, bevor sie zusammenbrach. Die Menschen, die am Wegrand stehengeblieben waren und herübergestarrt hatten, zerstreuten sich wieder.
Die Show war vorbei. David entschloß sich nun doch, aus dem Geäst zu klettern. Er ließ sich zu Boden fallen und amüsierte sich darüber, daß sein Schatten plötzlich wieder neben ihm war. Sein Gesicht war tränenverschmiert, und seine Nase lief.
»Mama...«
Sie nahm seine Hand. »Mach schnell.« So rasch sie konnte, ging sie den flachen, grünen Hang hinauf zum Tor.
Als sie die dahinterliegende Straße erreicht hatten, blieb sie stehen und rang nach Luft. David zog sie weiter, und sie ließ sich ziehen. In ihrem Kopf war ein hohles Rauschen. Das helle Licht der Straßenbeleuchtung tat ihren Augen weh. Als sie die Rolltreppe erreichten stolperte sie.
»Mama! Bist du krank?«
Die Rolltreppe trug sie hinab in den Kern des künstlichen Planeten. Irgendjemand stieß sie von hinten an, ihre Knie gaben nach, und sie klammerte sich an das mitlaufende Geländer. Du mußt dich zusammennehmen, redete sie sich Mut zu.
»David...«
Die Straße schien ihr entgegenzufliegen, als sie das untere Ende der Rolltreppe erreichten. Sie konzentrierte sich darauf, den Schritt auf den festen Boden nicht zu verfehlen und atmete auf, als sie es geschafft hatte.
»David...« Sie hockte sich auf den Gehweg und lehnte sich an die
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