Wandernde Welten
sah sich nicht zu oft nach dem Hund um. Bunker schlug einen Bogen und setzte sich hinter das Tier. Paula watete in den Uferschlamm und blieb stehen. Auf der Wasseroberfläche schwabberte eine dicke, gelbliche Schaumschicht. Der See stank faulig. Der Hund schlich vorsichtig näher. In etwa fünfzig Meter Entfernung legte er sich hin und starrte sie an, die Ohren flach an den Kopf gelegt. Unter dem dichten braunen Fell sah sie die Rippen hervorragen. Als sie sich bewegte, sprang er auf, den Schwanz zwischen die Beine geklemmt. Paula kauerte sich hin.
Sie hatte Hunger. Der Hund lag auf dem Bauch, den Kopf auf die Pfoten gelegt, und starrte sie unentwegt an.
Bunker schlich sich von hinten an das Tier heran, aber er machte irgendein Geräusch, und der Hund schoß davon. Bunker zog sich zurück. Der Hund blieb stehen, Paula fluchte.
»Komm weiter«, sagte Bunker. »Wir gehen ihm nach.«
Ihre Beine taten ihr weh. Sie stand auf und folgte ihm. Die Sonne ging unter. Sie folgten dem Hund in der Dunkelheit. Er lief ein Stück voraus, blieb stehen und beobachtete sie und rannte weiter, wenn sie zu nahe kamen. Etwa eine Stunde nach Dunkelwerden verloren sie ihn in den Schluchten südlich des Sees aus den Augen.
Paula war zu müde und zu hungrig, um sich zu beschweren. Sie schliefen am Fuß einer hohen Klippe, eng aneinandergeschmiegt, um sich gegenseitig zu wärmen. Drei- oder viermal flogen Air-Cars über sie hinweg und weckten sie auf. Einmal flammte ein Scheinwerfer auf, und der scharfe Lichtstrahl glitt dicht neben ihnen über das zerklüftete Gelände. Sie preßten sich an den eisigen Boden, das Gesicht in die verschränkten Arme gedrückt, bis das Air-Car weiterflog. Noch vor Tagesanbruch trieb sie der nagende Hunger weiter.
Sie gingen etwa hundert Fuß getrennt auf parallelem Kurs kreuz und quer durch das zerklüftete, von Schluchten durchzo-gene Gelände, auf der Suche nach etwas Eßbarem. Paula tötete eine kleine graue Schlange, die sie roh hinunterwürgten. Die Luft war rauchgelb. Der ausgetrocknete Boden roch wie trockenes Stroh. Paulas Beine schmerzten so, daß sie sich kaum noch aufrecht halten konnte.
Spät am Nachmittag rief ihr Bunker von der anderen Seite der Schlucht etwas zu. Sie glitt den steilen Hang hinab, landete etwas zerkratzt und in einer kleinen Lawine von Steinen und Erde auf dem Boden der Schlucht und stieg mühsam den anderen Hang hinauf.
Bunker hockte auf halber Höhe des Hangs auf dem Boden und grub ihn mit den Händen auf. Seine Ärmel waren grau von dem trockenen Sand.
»Ich wußte doch, daß der Köter hier irgendwo einen Bau haben muß.« Er schaufelte Erde zur Seite. »Paß auf, er wird bald wieder da sein.« Er krempelte den rechten Ärmel hoch, griff tief in das Loch, das er gegraben hatte, und zog einen winzigen, schwarzen Welpen heraus.
Das kleine Tier strampelte und fiepte. Paula richtete sich auf.
Der braune Hund kam durch die Schlucht angerannt. Paula ging auf das Tier los und schrie es an. Der Hund blieb stehen und bleckte die Zähne. Bunker zog einen Welpen nach dem anderen aus dem Bau. Ihr Winseln stachelte die Wut der Mutter weiter an.
Sie ging knurrend auf Paula los. Paula wich zurück und hob einen trockenen Ast auf, der am Boden lag. Die Hündin blieb stehen und knurrte sie an, die Ohren flach an den Kopf gelegt.
»Nimm sie nicht alle. Laß ihr ein paar.«
»Die mitleidige Seele.« Er zog die Jacke aus und schlug die kleinen Hunde darin ein. »Komm.« Er warf sich das Bündel über die Schulter. Als Paula ihm folgte, stürzte die Hündin sofort in ihren Bau.
Paula und Bunker suchten sich eine geschützte Stelle zwischen den Felsen, machten ein Feuer und grillten fünf junge Hunde.
Tag für Tag, vom ersten Dämmern bis zum Dunkelwerden, suchten sie nach Nahrung. An manchen Tagen fanden sie überhaupt nichts. Paula wurde krank, aber sie hatte keine Zeit, sich auszuruhen. Sie mußtenjagen, um zu überleben. Sie jagten wilde Hunde und Füchse. In den ausgebombten Gebäuden fingen sie Ratten. Sie zogen wieder nach Norden, am anderen Ende des Sees vorbei. Paula fischte Plastiksäcke mit halbverfaultem Abfall aus den Mülltonnen. Sie brachen in eine Wohnung ein, fanden aber nichts, das das Stehlen lohnte. Sogar die zurückgelassene Kleidung war so schäbig wie ihre eigene.
Da der See allmählich austrocknete, mußten sie jetzt auch trinkbares Wasser suchen. Sie entdeckten einen schmalen Zugang zum unterirdischen Fluß, dessen Wasser genießbar war.
Eines Abends, als
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