Wandernde Welten
bewachen. Paula blickte umher. Sie hatten den Zaun hinter sich gelassen und gingen am Hang eines Hügels entlang.
»Wie geht's deinem Hintern?« An Chu steckte die Hände in die Jackentaschen.
»Erträglich.«
»Die muten uns doch nicht im Ernst zu, zu glauben, daß das eben Meteoriten waren.«
»Sie haben Meteoriten-Stürme auf dem Mars«, sagte Paula.
»Die Atmosphäre ist sehr dünn. Sie haben nicht bedacht, wie unwahrscheinlich das bei uns ist.« Sie faltete das Nachrichtenblatt zusammen. Vor ihnen erhob sich ein kahler Bergrücken hinter einem Wald, der nur aus vier Fuß hohen Stümpfen bestand.
Als sie den Bergrücken hinter sich gebracht hatten und auf dem sanfter abfallenden Hang auf der anderen Seite wieder abstiegen, roch Paula Rauch, und hinter einem flachen Hügel sahen sie ihn aufsteigen. Als sie den Hügel erreicht hatten und auf seinem Gipfel standen, sahen sie auch die Flammen, die aus einem verwüsteten Haus schlugen.
Paula blieb stehen.
»Was hast du?« fragte An Chu.
Paula starrte auf die Ruine. Das Haus war schon vorher zerbombt worden. Jetzt war kaum noch ein Stein auf dem anderen.
»Das muß eben passiert sein«, sagte An Chu. »Dann waren es die Stythen, nicht wahr?«
Paula ging weiter, ohne zu antworten. Mit Maser-Kanonen konnten sie die Domwand durchdringen, und sie mußten eine Möglichkeit haben, Ziele genau ausfindig machen zu können. Allerdings konnten sie wohl nicht bewohnte Gebäude von Ruinen unterscheiden. Sie dachte voller Unruhe an Bunker in dem Gebäude in der Nähe des Sees und ging schneller.
Die Wunde in der Hüfte juckte. Sie hoffte, daß dies ein Zeichen der Heilung war. Sie humpelte hinter An Chu über das flache, steinige Land und dachte an einige Aussprüche Tanoujins. Wie sehr hätte sie ihn jetzt gebraucht, ihn und seine heilenden Hände.
An Chu war schon ein Stück voraus und verschwand jetzt hinter einer kleinen Anhöhe.
Die Nacht war wärmer als die vorherige. Der Staub kitzelte sie in der Nase. Uber eine Stunde lang hatte sie mit An Chu über alle Orte gesprochen, an denen die Marsianer Hunderte von Menschen gefangen halten konnten. Eigentlich gab es nur einen einzigen: die Einflugschleuse an der Nordwestwand des Doms.
An Chu kam auf sie zugelaufen. »Sieh mal, was ich gefunden habe.«
Es war eine überreife Melone, reichlich mit Kaffeesatz garniert.
Sie aßen sie, während sie weitergingen. Der süße Saft rann über Paulas Kinn. Sie fing ihn mit der Hand auf und leckte ihre Finger ab. Sie überquerten ein Stück Land, das flachgewalzt worden war, als ob man dort ein neues Gebäude errichten wollte. Paula blickte nach Süden. Der Dom erstreckte sich bis zum Horizont. Die Sirenen begannen wieder zu heulen.
»Schon wieder Meteoriten?« An Chu legte den Kopf in den Nacken und blickte nach oben.
»Komm«, drängte Paula. »Das erleichtert uns die Sache. Sie werden alle in ihren Kellern hocken.«
Sie gingen nebeneinander auf die Westwand des Doms zu. Die Sirenen jaulten wie getretene Hunde. Die erste Explosion dröhnte im Scheitelpunkt des Doms. Es klang wie ein Donnerschlag.
Trotz ihrer schmerzenden Hüfte legte Paula noch etwas Tempo zu. Wieder ein lautes Krachen. Es klang näher, und plötzlich flammte kurz vor ihnen und etwa hundert Meter über dem Boden ein greller, blau-weißer, lautloser Blitz auf. In Sekundenbruchteilen war er wieder erloschen. Paula blieb stehen, außer Atem vor Anstrengung und Schreck. Sie standen auf dem Gipfel eines flachen Hügels, südlich von einem großen Gebäudekomplex. Das Dröhnen der Explosionen wurde lauter, und sie folgten rascher aufeinander. Wieder explodierte ein blau-weißer Stern zwischen den beiden Frauen und den Gebäuden. Für ein paar Sekunden prägten sich die Häuser, das Land, die toten Baumstümpfe in Paulas Netzhaut ein wie auf einem Foto-Negativ. In der darauf-folgenden Dunkelheit kam sie sich wie blind vor. Wieder hallte eine Explosion durch den Dom und ein blau-weißer Blitz zuckte auf. Eins der Gebäude im Norden explodierte und ging in Flammen auf.
Paula wandte sich um und lief den Hang hinunter. Ihre Ohren dröhnten. Die Donnerschläge des Angriffs folgten jetzt so rasch aufeinander, daß sie wie ein Paukenwirbel klangen. Bei jedem Schritt, den sie machte, sah sie irgendwo eine Lichtbombe explodieren. An Chu lief neben ihr. Gras zerbrach unter Paulas Schritten, und die trockenen Halme stachen sie in die Beine. Geblendet von dem Aufblitzen der Lichtbomben, halb taub von dem Donnern der
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