Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
überlebende achte, inzwischen vermählt mit Sophie von Sparr, einer Vaterschwester des berühmten Feldmarschalls, schaukelte ein einzig Kind auf seinen Knien, – ein zartes Kind, die blauen Adern sichtbar unter der feinen Haut. Dies Kind, ein Knabe, war Kaspar von Uchtenhagen, der letzte seines Geschlechts. Er starb neun Jahre alt und wurde in der Kirche zu Freienwalde beigesetzt. Es heißt im Volk, daß er vergiftet worden sei, und die Sage – die hier wieder für die Geschichte eintritt – erzählt sein Ende so:
    Einer der Lehnsvettern des Hauses, voll Verlangen nach dem Besitz der Uchtenhagens, wußte dem Knaben eine prächtige Goldbirne zu reichen, die mit einem langsam wirkenden Gifte vergiftet war. Ein Bologneser Hündchen, das den Knaben auf Schritt und Tritt zu begleiten pflegte, sprang, als dieser die Birne essen wollte, an ihm herauf, halb liebkosend, halb geängstigt, um dem Knaben mit der Vorderpfote die Birne aus der Hand zu reißen, aber Kaspar nannte ihn lachend ein »neidisches Tier« und aß die Birne. Eine Traurigkeit, so fährt die Sage fort, begann alsbald den Knaben zu beschleichen, seine Lebendigkeit verlor sich und sein Auge wurde matt. So verging er wie eine Blume. Seine Mutter saß in der Sterbenacht an seinem Bett; da richtete er sich noch einmal auf, küßte der Mutter die Hand und sprach sterbend aber leise-vernehmlich vor sich hin:
     
    Alle Liebe ist nicht stark genung,
    Ich muß doch sterben und bin so jung.
     
    So die Sage. Eh wir aber auf dieselbe in aller Kürze noch einmal zurückkommen, begleiten wir die Uchtenhagen durch ihre letzten Jahre bis zum völligen Erlöschen des Geschlechts.
    Hans von Uchtenhagen, der überlebende Vater des früh heimgegangenen Kindes, den Freuden dieser Welt für immer abgewandt und ohne tieferes Interesse, das alte Erbe des Hauses zusammenzuhalten, verkaufte, bald nach dem Tode Kaspars von Uchtenhagen, die Stadt Freienwalde samt allen seinen sonstigen Gütern an den Kurfürsten Johann Sigismund, zugleich sich verpflichtend, die reichen Besitzungen jenseits der Oder, die sogenannte Insel Neuenhagen, sofort in kurfürstlichen Besitz übergehen zu lassen. Andererseits ward ihm, dem Hans von Uchtenhagen, die Beibehaltung aller diesseits der Oder gelegenen Besitzungen, namentlich der Stadt Freienwalde, auf die Dauer seines Lebens zugestanden, auch das Recht ihm eingeräumt, bei etwaiger Geburt eines Erben, gegen Rückzahlung der Kaufsumme, in den alten Besitz wieder eintreten zu können. Aber kein Erbe wurde geboren, und in das alte, still und freudlos gewordene Stadthaus der Uchtenhagens, das sich, mit Turm und Zinnen, ein alter gotischer Bau neben der Freienwalder Kirche erhob, trat nur noch der Engel des Todes. Dem Sohne folgte drei Jahre später die Mutter, bis nach abermals zwölf Jahren voll stillen Leids und frommer Betrachtung auch Hans von Uchtenhagen aus der Unrast dieser Zeit eintrat in das Reich des ewigen Friedens. Das Kirchenbuch berichtet:
    »Anno Domini 1618, am Abend Judica des 21. Martii, zwischen 12 und 1 Uhr, ist der Edle, gestrenge und Ehrenveste Hans von Uchtenhagen, dieses Städtleins Erbherr und Junker und der letzte dieses Geschlechts, selig im Herrn eingeschlafen und verschieden, und danach am Sonntag Exaudi (war der 17. Mai) allhier in St. Nicolaus-Kirche unter den Altar in sein gewölbtes Begräbniß, nach adliger Weise, zu seiner in Gott ruhenden Frauen und Söhnlein gesetzet, da er in seinem gantzen Alter das 64. Jahr erreicht hatte.« So weit das Kirchenbuch.
    Helm und Schild waren ihm in die Gruft gefolgt, Freienwalde wurde kurfürstlich, und nur das Wappen der Stadt: das rote Rad im silbernen Felde, deutet bis diesen Tag auf die Uchtenhagensche Zeit.
    Das Geschlecht ist erloschen, und es erübrigt uns nur noch die Frage: Was blieb in Freienwalde und Umgegend von Erinnerungsstücken an die Uchtenhagensche Zeit? Doch noch mancherlei. Das wohlerhaltene und bis diese Stunde bewohnte Amtshaus des Dorfes Neuenhagen, früher eines der Schlösser der alten Familie, darf an sich als ein solches Erinnerungsstück gelten und die gewölbte Schloßkapelle mit Stuckaltar und symbolischen Figuren 13 verlohnte wohl, zu anderer Zeit, eine eingehendere Besprechung, als ich ihr in untenstehender Anmerkung gebe.
    Aber heute verweilen wir an dieser Stelle nicht länger und treten vielmehr dort ein, wo die alte Zeit der Uchtenhagens in Bild und Wort am vornehmlichsten zu uns spricht: in die alte Kirche von Freienwalde. Die Uchtenhagen haben

Weitere Kostenlose Bücher