Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
ausgestorben, teils in andern Landesteilen seßhaft geworden sind. In keinem Teile der Mark hat der Güterbesitz so oft gewechselt als in Teltow und Barnim. Der Einfluß der Hauptstadt ist dabei unverkennbar. [Image: Zurück]
Nichts scheint das Volk in seinem poetischen Hange so schöpferisch zu stimmen als der Anblick von Kunstwerken, die es nicht versteht. Es ruht nicht eher, als bis es eine Deutung gefunden hat, wobei es zugleich eine Neigung und ein Geschick zeigt, schon vorhandene Sagen oder Geschichten dem gegebenen, rätselhaften Etwas anzupassen. Es gilt dies beispielsweis auch von der »Adonis-Statue mit dem Eberkopf« im Schloßparke zu Köpenick. Die Sage, die sich daran knüpft, ist die folgende: Einem Jäger Joachims II. träumt, er werde bei der nächsten Jagd von einem Eber getötet werden. Er erzählt seinen Traum am andren Morgen, und man läßt ihn im Schloß zurück. Die andren kehren mit reicher Jagdbeute heim, und der zurückgebliebene Jäger packt nun einen toten Eber, um ihn in die Köche zu ziehn, fällt aber dabei und reißt sich an einem der Hauer den Schenkel auf. Daran stirbt er andren Tags. Diese Geschichte mag sich einmal ereignet haben, irgendwo vielleicht, aber schwerlich in Köpenick, und sie würd über das alte Spree-Schloß immer hinweggezogen sein, wenn nicht beim Neubau des Schlosses die Errichtung der Adonis-Statue mit dem Eberkopf die Sage plötzlich fixiert und ihr Anlehnung und eine neue Heimat geboten hätte. So kommt es, daß man an den verschiedensten Orten denselben Geschichten begegnet; die meisten dieser Orte sind gleichsam nur Filial, und der Mutter-Sagenort ist oft schwer zu bestimmen. – Der Medusenkopf am Portal alter Schlösser hat gewiß schon oft als schlangenumwundnes Portrait hartherziger Schloßherrn gelten müssen, und der alte Herr von Hake hat unzweifelhaft Kameraden in allen Ländern. Der Satz, den ich aufstellen möchte, ist der: Das Volk hat eine Neigung, Allgemeines oder wenigstens an vielen Orten sich Findendes zu lokalisieren , sobald gewisse Bedingungen erfüllt, gewisse äußerliche Anhaltepunkte für diese Lokalisierung gegeben sind. ._.
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Großbeeren
»Unsre Gebeine sollen diesseits
Berlin bleichen, nicht jenseits.«
General von Bülow
Zwei Meilen südlich von Berlin liegen die berühmten Felder von Großbeeren. Wer häufiger die Eisenbahn benutzt die daran vorüber ins Anhaltische und Sächsische führt, wird es nicht selten erlebt haben, daß Fremde, die bis dahin lesend oder plaudernd in der Ecke saßen, plötzlich sich aufrichten und, mit dem Finger auf die weite Ebene deutend, halb zuversichtlich, halb frageweise die Worte sprechen: »Ah, c'est le champ de bataille de Großbeeren!«
Und wie die Fremden davon wissen, so natürlich vor allem auch die Berliner, die den »Tag von Großbeeren« an jedem 23. August in pflichtschuldiger Dankbarkeit feiern. Aber sie feiern ihn, ohne sich zu vergegenwärtigen, wie der Sieg errungen wurde. Niemand weiß mehr von den Einzelnheiten oder gar von dem Gesamtgange der Schlacht zu berichten, und was von den Berlinern gilt, gilt auch von den Bewohnern des Dorfes selbst. Ich trieb mühevoll einen Tagelöhner auf, der den Schlachttag noch miterlebt und aus seinem Versteck heraus ein paar Tschakos oder Bajonettspitzen gesehen hatte. Das war alles. Über die gleichgültigsten Details hinaus war seinem Gedächtnis nichts verblieben. Vollends verloren aber ist der , oder war es wenigstens früher, der von den beiden in Nähe der Kirche stationierten Invaliden irgendwelchen Aufschluß erwartete. Sie wußten absolut nichts von jenem Schlachtfelde, das jahraus, jahrein zu ihren Füßen lag und dessen bestellte Wächter sie waren, und nichts von jenem Kirchhof, um dessen Besitz einst so heiß gestritten ward.
Und so mag sich denn im nachstehenden ein Überblick über die damalige politisch-militärische Situation und daran anschließend eine kurze Beschreibung der »Bataille« geziemen.
Die Schlacht bei Großbeeren
am 23. August 1813
Napoleon, als der Waffenstillstand abgelaufen und Österreich dem Bündnisse Rußlands und Preußens beigetreten war, richtete sein Hauptaugenmerk auf Berlin. Er beschloß, sich desselben zu bemächtigen, und ordnete zu diesem Zwecke die Bildung einer aus dem 4., 7. und 12. Corps bestehenden Armee an, an deren Spitze er den Marschall Oudinot stellte. »Sie werden mit einer solchen Armee«, hieß es in einer dem Marschall um die Mitte des August zugebenden
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