Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
hundert Jahre früher (noch in der sächsischen Zeit) auch sein Ahnherr, der alte Kreisdirektor von Thümen, hatte aufgeben müssen, »obwohlen der schon ganz nahe daran gewesen«. Die Sage von diesem alten Kreisdirektor aber, die noch von Mund zu Munde geht ist die folgende: Es war wohl schon den dritten Tag, und sie gruben immer noch. Da kamen sie bis an eine eiserne Türe mit einem Schlüsselloch, und durch das Schlüsselloch konnten sie hineinkucken und eine mit Geld aufgehäufte Braupfanne sehen. Und auf dem Gelde saß der Böse. Der alte Kreisdirektor aber hat trotz alledem nicht ablassen wollen und hat angefangen zu parlamentieren und an den Bösen zu schreiben. Vorerst hat sich keiner finden wollen, um die Briefe zu bestellen, zuletzt aber hat sich doch einer gefunden, der Ebel hieß, und hat alle Nacht einen Brief vom alten Kreisdirektor auf den Kapellenberg getragen. Und immer, wenn er an die rechte Stelle gekommen, um den Brief hinzulegen, hat schon ein Brief vom Bösen dagelegen und ein Münzgroschen dabei als Botenlohn. So haben sie sich geschrieben hin und her, der Böse und der Herr Kreisdirektor, und immer um die zwölfte Stunde war Ebel auf dem Kapellenberg. Und der Böse schrieb zuletzt: »Der Herr Kreisdirektor solle wahr und wahrhaftig alles haben; aber den Briefträger müß er ihm geben und den Arm vom See, der die ›Lanke‹ heißt, auch.« Das hat aber der Kreisdirektor nicht gewollt, weil es Ebeln sein Leben und wohl auch noch andere Menschenleben gekostet hätt. Denn wenn der Böse erst den Seearm gehabt hätt, so wäre mancher mit 'm Kahn verunglückt oder im Winter auf 'm Eis und hätt ertrinken müssen. Alle Jahr hätte wenigstens einer 'ran gemußt. Und so ist denn die Braupfanne voll Geld nicht gehoben worden und liegt heute noch.
So die Sage.
Wir unsrerseits aber, als wir uns an dem Bocksdornstrauche zu schaffen gemacht, erblickten unter seinem Gezweige nichts als einen Haufen allerfleißigster Ameisen. Ein Avis an alle müßigen Schatzgräber, den Schatz da zu suchen, wo er liegt.
Als wir noch plauderten und nach einem Aussichtspunkte suchten, zogen einige von Blankensee kommende Kirchgänger über den Berg, ihrem Nachbardorfe zu. Der Gottesdienst war also aus, und wir gingen nunmehro zurück, um auch unsrerseits unsern Besuch in der Kirche zu machen. Unser freundlicher Begleiter verabschiedete sich am Eingange, mutmaßlich um uns nicht länger zu behindern, vielleicht auch aus sektiererischem Geist.
Im Innern bot sich uns anfänglich nichts, was sich über den Durchschnittsinhalt alter Dorfkirchen erhoben hätte; bei nährer Betrachtung aber zeigte sich doch mancherlei: Grabsteine, Bilder und Schildereien. Ein Epitaphium galt einem alten Kreishauptmann im sächsischen Kurkreise, Herrn Christian Wilhelm von Thümen, dessen Portrait von zwei Engeln gehalten wurde. Weiter unterwärts erblickten wir eine sich in den Schwanz beißende Schlange, mit dem inschriftlichen Zusatze, »daß seine Ehe mit Sabine Hedwig von Schlieben durch achtzehn Kinder gesegnet worden sei«.
Wenn uns nun hier ein an Erzvater Jakob erinnernder Segen entgegentrat, so gemahnten dafür andre sich vorfindende Denkmäler: ein Grabstein und eine Schilderei, mehr an Abraham und Sarah. Auf dem Grabsteine lasen wir freilich nur die Worte: »daß Anna von Schlabrendorf, Kuno von Thümens ehelich Gemahl, in Kindesgeburt gottselig entschlafen sei«, das Bildnis aber vervollständigte diese kurze Mitteilung in einem ihm angefügten Reimspruche:
Hier liegt begraben ohne Qual
Kuno von Thümens ehlich Gemahl,
Die tugendsam Frau Anna gut
Von Schlabrendorf, das edle Blut,
Welche gegeben war von Gott
Dem Kuno von Thümen bis an den Tod.
Als ihm eine Tochter sie gebar,
Zählte sie siebenundsechzig Jahr .
Am ersten Jännertag es war.
Sei ihr gnädig, Herr und Gott,
Und helf auch uns aus aller Not.
Sowenig befriedigend diese Reime sein mögen, so trefflich ist das Bild, unter dem sie stehen. Es ist gute Lucas Cranachsche Schule. Nach Sitte der Zeit Sündenfall, Gesetzgebung, eherne Schlange, Kreuzigung und Auferstehung, alles dicht nebeneinanderstellend, gibt es auf engem Raume den Hauptinhalt der christlichen Heilslehre.
Dies Bild, zum Gedächtnis Anna von Schlabrendorfs gemalt, ist, wie das künstlerisch beste, so auch das interessanteste, was die Kirche bietet. Keineswegs aber ist die Reihe der Sehenswürdigkeiten und Erinnerungsstücke damit abgeschlossen. In einer Ecke, beinah unmittelbar über dem vorerwähnten
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