Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
Bildersälen des Louvre die Bekanntschaft des Grafen Blankensee machte und den Grund zu einem Freundschaftsverhältnis legte, das bis zum Tode fortbestand.
Nach dem Friedensschlusse kehrte W. Hensel zu seiner Kunst zurück, freilich auch zu seinen Bedrängnissen. Seit dem Tode des Vaters war es ihm eine Ehrenpflicht gewesen, für Mutter und Geschwister zu schaffen und zu sorgen; in diese Pflicht trat er jetzt wieder ein. Er malte Bildnisse, radierte Blätter, fertigte Zeichnungen für Almanache und Kalender und sah sich durch Arbeiten dieser und ähnlicher Art in seinem Studium allerdings gehemmt; sein Fleiß indes und sein Vertrauen halfen über alles hinweg.
So vergingen Jahre, bis der Winter 1821 plötzlich Wandel schaffte.
Um die genannte Zeit (Januar 1821) war das russische Thronfolgerpaar, der spätere Kaiser Nikolaus und seine Gemahlin, zum Besuch in Berlin eingetroffen. Ein großes Fest sollte die Gegenwart beider feiern, und man beschloß, den eigentlichen Festesinhalt dem eben damals erschienenen und von aller Welt bewunderten Gedichte Thomas Moores: »Lalla Rookh«, zu entnehmen. Es war eine gute Wahl: der Gegenstand neu, die Situationen fesselnd, die Kostüme voll orientalischer Pracht. Und so schritt man sofort zur Ausführung.
Bei dem großen Interesse, das der Gegenstand damals erregte, mag es gestattet sein, bei dieser Lalla-Rookh-Feier rückblickend einen Augenblick zu verweilen.
Was zunächst die Dichtung selber angeht, die bereits wieder vom Schauplatz abgetreten ist (jede Zeit hat ihre Lieblinge), so ist der Rahmen derselben der folgende:
Abdallah, König der Kleinen Bucharei, kommt auf einer Pilgerreise, die er nach dem Grabe des Propheten unternimmt, auch nach Delhi in Indien. Hier nimmt ihn Aurengzeb, Beherrscher von Delhi, mit großer Gastfreundschaft auf. Die Vermählung ihrer ältesten Kinder: des bucharischen Prinzen Aliris und der indischen Prinzessin Lalla Rookh, wird beschlossen und soll demnächst in Kaschmir, wo Prinz Aliris zurückgeblieben ist, vollzogen werden. Lalla Rookh verläßt deshalb Delhi und begibt sich mit großem Gefolge nach Kaschmir. Unterwegs wird sie durch die poetischen Erzählungen eines jungen Dichters namens Feramors unterhalten, der sich unter den Personen befindet, die Prinz Aliris, von Kaschmir aus, zu ihrem Empfang ihr entgegengesandt hat. Vier Erzählungen sind es nun, die ganz besonders die Teilnahme der Prinzessin wecken: »Der verschleierte Prophet von Khorasan«, »Paradies und Peri«, die Geschichte »von den Ghebern« und »Nurmahal und Dschehangir«. Zuletzt fällt die Maske, und Feramors erweist sich als Prinz Aliris selbst.
So der Rahmen. Es ist bekannt, daß die vier poetischen Erzählungen, die wir eben nannten, den eigentlichen Inhalt der Dichtung bilden. Es wurde nun beschlossen, die Aufführung dahin zu regeln, daß das Erscheinen Abdallahs am Hofe Aurengzebs durch einen großen, aus Bucharen und Indern bestehenden Festzug , der Inhalt der vier Erzählungen aber durch lebende Bilder , unter Vortrag eines angepaßten musikalischen Textes, dargestellt werden solle. Und so geschah es.
Unter den Klängen eines eigens für diese Feier komponierten Marsches setzte sich der aus 168 Personen bestehende Festzug in Bewegung, durchschritt die bekannten Paradekammern des Schlosses, trat in den Weißen Saal ein und nahm hier vor der errichteten Bühne Platz. Nun ging der Vorhang auf, und in rascher Reihenfolge folgte Bild auf Bild, im ganzen zwölf. Der Erfolg war der glänzendsten wie bei den Kräften, die mitgewirkt hatten, nicht anders zu erwarten stand. Die Dekorationen waren das Werk Schinkels, die Musikstücke waren von Spontini komponiert; bei Feststellung der Kostüme waren die großen Werke von Forbes und Elphinstone benutzt worden. Alles, was Berlin an glänzenden Namen und bekannten Persönlichkeiten aufzuweisen hatte, war geladen. 4000 Gäste nahmen am Feste teil. 2)
Wir kehren nun zu unserem W. Hensel zurück. Ihm war die Aufgabe zugefallen, die lebenden Bilder zu stellen, und das Geschick, das er dabei an den Tag legte, die Virtuosität vor allem, mit der er jeden Hauptmoment, über die Dauer des Festes hinaus, in Aquarellbildern festzuhalten wußte, verschafften ihm so viel Huld und Wohlwollen, daß man, von jenem Lalla-Rookh-Feste an, einen Wendepunkt in seinem äußern Leben datieren muß. Der König, in Betätigung seines Dankes, gab ihm die Möglichkeit, eine mehrjährige Reise nach Italien unternehmen zu können; was aber mehr
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