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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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vorbei. Die Offiziere
    schwiegen, vier alte Soldaten aber fielen dem König
    in den Zügel, umfaßten seine Knie und flehten um
    die verlorne Gnade. ›Ja, Kinder, ihr sollt sie wieder
    haben, und alles soll vergessen sein!‹ Noch am sel-
    ben Tage erhielten die Soldaten ihr Seitengewehr
    und die Offiziere ihre Tressen zurück.
    Die Schlacht bei Liegnitz hatte nur zwei Stunden gedauert.1) Um fünf Uhr früh war alles vorüber. Um neun Uhr marschierte bereits die ganze Armee den

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    Russen unter Tschernyschew entgegen. Noch am
    selben Tage wurden drei Meilen zurückgelegt.«
    Archenholz, dem die vorstehende Schlachtschilde-
    rung im wesentlichen entlehnt ist, tut des Regimen-
    tes Prinz Ferdinand – dessen glänzende und aus-
    schlaggebende Beteiligung an der Liegnitzer Affaire
    historisch feststeht – nicht Erwähnung. Überhaupt gehört unser Ruppiner Regiment nicht zu denen, die
    seitens dieses trefflichen Geschichtsschreibers (des-
    sen Darstellung des Siebenjährigen Krieges ich bei
    dieser Gelegenheit erneut mit dem allergrößten Inte-
    resse gelesen habe) bevorzugt worden sind. Die Re-
    gimenter Itzenplitz und Manteuffel, Schwerin und
    Winterfeldt, Prinz Heinrich und Anhalt-Bernburg, vor
    allem das Regiment Forcade werden wiederholentlich
    genannt, auch andere noch, aber dem Regiment
    Prinz Ferdinand ist nicht eine Zeile gewidmet. Die
    Billigkeit erheischt, hinzuzusetzen, daß mit Ausnah-
    me der Liegnitzer Schlacht die Aktion des Regiments
    nirgends eine hervorragende gewesen zu sein
    scheint. 1761 war es noch in Polen und Pommern,
    namentlich vor Kolberg, tätig; 1762 nahm es an der
    Belagerung von Schweidnitz teil. Dann kam der Frie-
    den. Über das Garnisonleben, das nun eintrat, sprech
    ich erst weiterhin, davon ausgehend, daß die Formen
    dieses Lebens nach der Rheincampagne nicht we-
    sentlich anders waren als nach dem Siebenjährigen
    Kriege.

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    1. Am hundertjährigen Gedächtnistage der
    Schlacht bei Liegnitz ist auf einem Höhenzuge
    in der Nähe des Dorfes Panthen – wie es
    heißt, an ebender Stelle, wo sich der König
    während der Schlacht aufhielt – eine Erinne-
    rungssäule errichtet worden. Sie ist von Gra-
    nit, trägt zunächst einen Teller, auf diesem
    ein Kapitell in Form eines umgestülpten Top-
    fes und auf dem Kapitell einen Adler von ge-
    ringer Schönheit. Das Ganze mehr gut gewollt
    als gut getan. Die Inschrift lautet: »Zur Erin-
    nerung an den 15. August 1760.« Dorf Panthen liegt links in der Tiefe; nach rechts hin
    ein Wäldchen, das schon in der Schlacht –
    wiewohl keiner der jetzt darin wachsenden
    Bäume bis 1760 zurückreicht – eine Rolle ge-
    spielt haben soll. – In Entfernung einer Meile
    nach Osten zu zieht sich ein gegenübergele-
    gener, die ganze Gegend beherrschender Hö-
    henzug, auf ihm Schloß und Kirche von Wahl-
    statt, letztere ein prächtiger Rokokobau,
    weithin sichtbar und wie der point de vue, so
    zugleich auch die Hauptzierde der Umgebung
    von Liegnitz.

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    Das Regiment Prinz Ferdinand
    während der Rheincampagne 1793
    und 1794
    1792 war das Regiment mit unter den Truppen, die
    am 19. August, 42 000 Mann stark, die französische
    Grenze überschritten und etwa drei Wochen später in
    die Champagne einrückten. An der Spitze des Re-
    giments stand damals Oberst von Koschitzky1), der
    wahrscheinlich schon aus der Zeit des Siebenjähri-
    gen Krieges her dem Regiment angehörte. Wenigs-
    tens find ich in der ältesten mir bekannt gewordenen
    Rangliste: »Zustand der preußischen Armee, 1778«,
    von Koschitzky als ältesten Capitain.
    Sehr wahrscheinlich war das Regiment mit bei Valmy
    (20. September 1792), doch fehlen in den Aufzeich-
    nungen, die mir darüber zugänglich waren, alle be-
    stimmteren Angaben. Erst 1793, während des ei-
    gentlichen Rheinfeldzuges, geschieht des Regimentes
    speziell Erwähnung. Es war bei der Kanonade von
    Ginsheim, später bei der Blockade und Belagerung
    von Mainz. Die Erstürmung der Zahlbacher Schanze
    und nach der Übergabe von Mainz die zweimalige
    Wegnahme des Kettricher Hofes geschah durch das
    Regiment, welches auch bei der Diversion in die Vo-
    gesen die Avantgarde machte. Das 2. Bataillon ver-
    trieb den Feind vom Igelberge bei Lembach.
    1794 wurde die Leibcompagnie des Regiments »auf
    dem Sande« von einem weit überlegenen Feinde
    angegriffen, hielt aber das Feuer desselben mehrere

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    Stunden lang standhaft aus, ohne ihren Posten zu
    verlassen. Das ganze Regiment war bei dem Angriff
    auf

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