Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Lautern und Trippstadt. Ferner war das erste
Bataillon bei Johanniskreuz. Es warf den mit überle-
gener Macht angreifenden Feind und hielt ihn so lan-
ge, bis eine allgemeine Retraite erfolgte.
So die spärlichen Aufzeichnungen aus jener Zeit, die
wohl nur mit Hilfe von Kriegsministerialakten oder
von Briefen und Tagebüchern erweitert werden kön-
nen. Andere Truppenteile, trotzdem das Regiment
Prinz Ferdinand keineswegs zu den »unliterarischen«
gehörte, sind nach dieser Seite hin vom Glück be-
günstigter gewesen. So beispielsweise das Regiment
Herzog von Braunschweig in Halberstadt. Aus der
Feder Karl Friedrichs von dem Knesebeck (des späte-
ren Feldmarschalls), der, nachdem er anfänglich als
Junker im Infanterieregiment von Kalckstein gestan-
den hatte, dem vorgenannten Regimente Herzog von
Braunschweig angehörte, existieren zahlreiche Brie-
fe, die speziell über die Kriegsereignisse von 1792
bis 1794 die interessantesten Mitteilungen machen,
aber Regiment Prinz Ferdinand, unter dessen jünge-
ren Offizieren sich ein Bruder Karl Friedrichs von
dem Knesebeck befand, mußte auf solche Auszeich-
nungen verzichten. Die Taten, die unberichtet blei-
ben, sind nicht viel anders wie nicht geschehen.
1. Die Kommandeure des Regiments seit 1778
waren die folgenden: 1778 Oberst von Kalck-
reuth, 1779 Oberst von Lange, 1784 Oberst
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von der Marwitz, 1788 Obristlieutenant von
Hundt, 1789 Obristlieutenant von Koschitzky.
Die beiden folgenden und zugleich letzten
Kommandeure waren: von Tschammer und
von Bömcken. Wir kommen im Text auf sie
zurück. Von anderweiten Offiziersnamen aus
dieser Epoche nennen wir: von Kospoth, von
Thadden, Graf Schmettau, von Gloeden, von
Cocceji, von Seydlitz, von Byern, du Rosey,
du Trossel, von Clausewitz (der Mili-
tairschriftsteller).
Das Regiment Prinz Ferdinand
während der Friedensjahre von
1795 bis 1806
1795 kehrte das Regiment vom Rhein in seine alte
Garnison zurück. Oberstlieutenant von Tschammer,
der es nach dem Rücktritte Koschitzkys während des
größeren Teils der Campagne geführt hatte, avan-
cierte zum Obersten, und von Gloeden, du Rosey,
von Seydlitz und von Byern waren um diese Zeit die
vier Majore des Regiments. Von Tschammer blieb
Kommandeur bis 1800 oder 1801. In diesem Jahre
ging das Kommando an Major von Böhmken oder
Bömcken (beide Schreibweisen kommen vor) über,
der auch, inzwischen zum Obersten avanciert,
1806 das Regiment bei Auerstedt führte.
Die Friedensjahre, die zwischen 1795 und 1806 la-
gen, scheinen glückliche Jahre gewesen zu sein. Die
Stadt wuchs nach dem Brande von 1787 schöner
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wieder auf, und die lichtvollen Straßen und Plätze,
die damals im frischen Anstrich ihrer Häuser noch
mehr heiter als monoton wirkten, gaben dem ganzen
Leben ein freundliches Gepräge. Die glückliche Ei-
genart der Personen, die an der Spitze der Bürger-
schaft wie der Garnison standen, wirkte zu diesem
günstigen Resultate mit. Oberst von Tschammer1)
gehörte in die Reihe jener Offiziere der alten Armee,
die Pflege des Schönen, Sinn für die Wissenschaften
und Eifer für das allgemeine Wohl mit straffer Hal-
tung im Dienst zu verbinden wußten. Er rief eine
Garnisonschule ins Leben, gewährte der Stadt bei
ihren Anlagen und Verschönerungen mannigfache
Hilfe und war der erste, der in dem damals Tscham-
merschen, jetzt Gentzschen Garten die frideriziani-
schen Erinnerungen zu pflegen begann.
Ein neuer Geist fing an sich unter dem Einflusse
französischer Ideen und Siege zu regen, aber freilich
ragte das Alte vielgestaltig in das Neue hinein, und
während die Stichworte der »Freiheitsära« von Mund
zu Mund gingen und Humanität und Toleranz den
Inhalt jeder Ressourcenrede bildeten, regierte drau-
ßen der Zopf und der Stock unverändert weiter, und
an nicht wenig Tagen im Jahre tat sich die bekannte
Gasse auf, und der Delinquent mußte sie durchlau-
fen. Uns überkommt ein Schauder, wenn wir jetzt die
Einzelheiten dieser Vorgänge beschrieben lesen, aber
wie Pastor Heydemann in seiner »Geschichte Rup-
pins« sehr richtig bemerkt: »Die Rücken waren da-
mals härter.« Die Prügelstrafe war allgemein, die Eltern schlugen ihre Kinder, die Lehrer ihre Schüler,
und wie es beim Nähr- und Lehrstande war, so durft
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es ohne viel Aufhebens auch beim Wehrstande sein.
Man war an solche Prozeduren gewöhnt und hielt die
rauhe Behandlung der Soldaten für ganz in der
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