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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Winterfeldts, speziell mit
    Rücksicht auf den hier in Rede stehenden
    Punkt, muß noch erst geschrieben werden.
    Soviel wird sich aber schon heute sagen las-
    sen dürfen, daß die tiefe Abneigung, die, ge-
    meinschaftlich mit einigen Generalen, die kö-
    niglichen Prinzen gegen von W. unterhielten,
    eine vollkommen berechtigte war. Aber die
    Schuld trifft den König, nicht Winterfeldt. Hät-te sich der König entschließen können, die-
    sem seinem Vertrauensmanne bei bestimm-

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    ten Gelegenheiten ein großes Kommando zu
    geben, so würde Winterfeldt in dieser seiner
    Kommandostelle das Recht gehabt haben, zu
    recherchieren und inspizieren, zu tadeln, zu
    strafen und zu verklagen. Aber ein solches
    höheres Kommando ward ihm nie gegeben, er
    kam immer nur, »um im höchsten Auftrage
    nachzusehen und zu berichtigen«, und das
    mußte notwendig zu bitterster Feindschaft al-
    ler davon Betroffenen führen.

    Zwischen Boberow-Wald
    und Huwenow-See
    oder
    Der Rheinsberger Hof von 1786
    bis 1802
    Bis 1786 war der Aufenthalt des Prinzen Heinrich in
    Rheinsberg ein vielfach unterbrochener: Kriege, Rei-
    sen und diplomatische Missionen hielten ihn jahre-
    lang fern. Erst von 1786 ab gehörte er dem »stillen
    Schloß am Boberow-Walde« mit einer Art von Aus-
    schließlichkeit an.
    Das beinah völlige Sichfernhalten von der Welt, das
    nun eintrat, war nur zu kleinerem Teile des Prinzen
    freie Wahl. Den großen König, seinen Bruder, hatte
    er nie geliebt, aber doch respektiert, und erst nach

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    dem Tode desselben war ein Wesen oder auch Un-
    wesen in den Regierungskreisen eingerissen, das ihm
    eine Beteiligung daran (die wie Gutheißung ausgese-
    hen hätte) zur Unmöglichkeit machte. Hierzu kam,
    daß man auch andrerseits , will also sagen auf seiten des Hofes, ohne ihn fertig werden zu können glaubte. Man erbat seinen Rat nicht mehr, und so gab er
    ihn auch nicht mehr. Mit höchster Mißbilligung sah er
    auf den Einfluß der Rietz und ihres Anhangs. »In
    dieser Spelunke ist alles infame«, sprach er laut vor
    sich hin, als er eines Tages an dem Palais der (späte-
    ren) Gräfin Lichtenau vorüberkam. Das entschied.
    Ein Prinz, der, bei sonst großer Zurückhaltung, über
    die Favoritin ein solches Wort äußern konnte, gehör-te nicht mehr an den Hof und sprach dadurch seine
    eigene Verbannung aus.
    Die Verstimmung des Prinzen war eine so tiefe, daß
    ihm Rheinsberg nicht mehr fern und abgelegen ge-
    nug erschien, weshalb denn auch der Wunsch immer
    lebendiger in ihm wurde, seiner Tage Rest in Frank-
    reich zu verbringen. Schon 1784 hatte er sich schweren Herzens von Paris getrennt und dem Herzoge
    von Nivernois die Worte zugerufen: »Ich verlasse
    nun das Land, nach dem ich mich ein halbes Leben
    lang gesehnt habe und an das ich, während der
    zweiten Hälfte meines Lebens, mit so viel Liebe zu-
    rückdenken werde, daß ich fast wünschen möchte,
    ich hätt es nicht gesehn.« Nach diesem Lande seiner
    Sehnsucht zog es ihn jetzt mit verdoppelter Kraft,
    aber die Götter waren seinem Vorhaben nicht hold,
    und es schien, daß er dem engen Kreise verbleiben
    sollte, dem er seit fast vierzig Jahren, wenn auch mit

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    mancher Unterbrechung, angehört hatte.
    1787 machten politische Konstellationen die Über-
    siedlung nicht möglich, 1788 im Juni ging er wirklich und trat auch wegen Ankaufs eines in der Nähe von
    Paris gelegenen Grundbesitzes in Unterhandlungen
    ein, aber ehe sie zum Abschluß gelangen konnten,
    zogen die Wetter der Revolution immer drohender
    herauf, und der Prinz, der sich nach Ruhe sehnte,
    kehrte schweren Herzens in seine Rheinsberger Ein-
    siedelei zurück.
    Von da ab gehörte er derselben ganz .
    Meine Aufgabe wird in folgendem darin bestehen,
    den Prinzen in diesem seinem Stilleben zu schildern
    und mit einiger Bestimmtheit festzustellen, in wel-
    cher Art und welcher Genossenschaft er das letzte
    Jahrzehnt seines Lebens verbrachte.
    Diese meine Aufgabe war insoweit schwierig, als ge-
    druckte Mitteilungen aus jener Epoche so gut wie gar
    nicht vorliegen, aber ich genoß dafür des Vorzuges,
    Personen zu begegnen, die jene letzten Prinz-
    Heinrich-Tage teils noch miterleben durften oder
    doch von ebendiesen Tagen wie von etwas Jüngstge-
    schehenem hatten sprechen hören. Es bezieht sich
    dies namentlich auf die Mitteilungen über den Major
    von Kaphengst und den Grafen und die Gräfin
    La Roche-Aymon.
    Die Rheinsberger Kirche hat zwei Glocken aus dem
    Jahre 1780. Die kleinere bedeutet

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