Wanderungen durch die Mark Brandenburg
geben. Unbedingte
Stille herrscht, die Bäume stehen windgeschützt und
rauschen leiser als anderswo, das Geläute der oben
weidenden Herde dringt nirgends bis in die Tiefe hin-
ab, und nichts vernehmen wir als den Schnitt der
474
Sense, die neben uns das Gras mäht, oder den Ruck,
womit der Angler die Schnur aus dem Wasser zieht.
An so romantischer Stelle war es, daß Graf Wartens-
leben sein Schloß aufführen ließ. Er tat es, wie die
Sage geht, um in der Wilhelmsstraße zu Berlin nicht ein Gleiches tun zu müssen, denn ein königlicher
Befehl war eben damals erschienen, der jedem E-
delmanne von Hang und Vermögen vorschrieb, in der
Wilhelmsstraße ein Palais zu hauen, falls er nicht
nachweisen könne, auf seinen eigenen ländlichen
Besitzungen mit Aufführung eines gleich stattlichen
Baues beschäftigt zu sein. So entstand denn das
»Schloß am Huwenow-See«, und die Pracht, mit der
es emporwuchs, übertraf noch die des gleichzeitig im
Umbau begriffenen Rheinsberger Schlosses. Die die
Façade bildenden Sandsteinsäulen wurden aus den
sächsischen Steinbrüchen, die Marmorkamine von
Schlesien her herbeigeschafft; breite, mächtige
Steintreppen stiegen bis in das obere Stockwerk,
eichene Paneele umliefen die Zimmer, während an-
dere bis an den Plafond hinauf boisiert waren. Kost-
bare Blumenstücke, wahrscheinlich von der Hand
Dubuissons und bis diesen Augenblick in voller
Schönheit erhalten, füllten den Raum über den Tü-
ren, und eine lateinische, in einem der Kellergewölbe
angebrachte Inschrift erzählte von Müntherus, dem
Baumeister, »auf dessen Anordnung hier Eichen und
Buchen in zahlloser Menge gefällt und die terrassen-
förmig zum See hinabsteigenden Parkanlagen ins
Leben gerufen worden sein«. Der Bau überstieg den
Reichtum des reichen Grafen, und er verbaute sich;
Park und Schloß hatten ihm eine Tonne Goldes ge-
kostet .1)
475
So war Schloß Meseberg, das der Günstling im Jah-
re 1774 bezog. Aber weit entfernt, wie schon ange-
deutet, an dieser Pracht ein Genüge zu finden, be-
gann jetzt ein Leben, das sich vorgesetzt zu haben
schien, hinter dem Reichsgrafen nicht zurückzublei-
ben und sich's abermals eine Tonne Goldes kosten zu
lassen. Neubauten aller Art entstanden, aber nicht
Bauten, die darauf ausgewesen wären, das Vorhan-
dene durch Treibhäuser und Orangerien auszu-
schmücken, sondern Bauten, wie sie dem minder
verfeinerten Geschmack und Bedürfnis des Günst-
lings entsprachen. Ein vollständiger Marstall ward
eingerichtet, zwanzig Luxuspferde wurden gehalten, und auf den Atlaskissen der Sofas streckten sich die
Windspiele, während eine Meute von Jagdhunden um
die Mittagszeit ihr Geheul über den Hof schickte.
Spiel, Streit und Aventüren füllten die Zeit, und mit
untergelegten Pferden ging es in fünf Stunden nach
Berlin, wohin ihn Theater und große Oper zogen,
weniger die Oper als der Tanz, und weniger der Tanz
als Demoiselle Meroni, die Tänzerin.
Der Prinz hatte Kunde von dem allem, und wenn er
nicht hundertfältig Ursache gehabt hätte, den Kopf
zu schütteln, so hätt ihm doch das eine Grund vollauf gegeben: »daß an seinen Säckel und seine Großmut
in nicht enden wollenden Geldverlegenheiten endlos
appelliert wurde«. Schließlich mocht er hoffen, durch
eine Verheiratung des ehemaligen Lieblings die Din-
ge zum Bessern hin ändern zu können, und da
von K. auf diesen Plan willfährig und ohne weiteres
einging (schon um durch Nachgiebigkeit einen An-
spruch auf neue Forderungen zu gewinnen), kam im
476
Jahre 1789 zu besonderer Freude des Prinzen eine
Vermählung zwischen dem Major von Kaphengst und
Demoiselle Toussaint zustande. Maria Louise Therese
Toussaint war die Tochter des mehrgenannten Lec-
teurs und Bibliothekars und hatte bei den Aufführun-
gen auf der Rheinsberger Bühne, wie auch sonst
wohl, sich die Gunst des Prinzen in hohem Grade zu
erringen gewußt. Etwa um 1780 mit einem Herrn
von Bilguer in erster Ehe vermählt, war durch den
Tod des Herrn von B. ihre Hand wieder frei gewor-
den, und als Frau von Kaphengst hielt sie nunmehr
ihren Einzug in das schöne Schloß am Huwenow-See.
Die seitens des Prinzen gehegten Erwartungen bes-
serer Wirtschaft erwiesen sich bald als eitel und irrig, und nur die Hoffnungen erfüllten sich, die Kaphengst seinerseits an diese seine Vermählung mit der ehemaligen Favoritschauspielerin geknüpft hatte. Denn
eine neue Handhabe war gewonnen,
Weitere Kostenlose Bücher