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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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geben. Unbedingte
    Stille herrscht, die Bäume stehen windgeschützt und
    rauschen leiser als anderswo, das Geläute der oben
    weidenden Herde dringt nirgends bis in die Tiefe hin-
    ab, und nichts vernehmen wir als den Schnitt der

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    Sense, die neben uns das Gras mäht, oder den Ruck,
    womit der Angler die Schnur aus dem Wasser zieht.
    An so romantischer Stelle war es, daß Graf Wartens-
    leben sein Schloß aufführen ließ. Er tat es, wie die
    Sage geht, um in der Wilhelmsstraße zu Berlin nicht ein Gleiches tun zu müssen, denn ein königlicher
    Befehl war eben damals erschienen, der jedem E-
    delmanne von Hang und Vermögen vorschrieb, in der
    Wilhelmsstraße ein Palais zu hauen, falls er nicht
    nachweisen könne, auf seinen eigenen ländlichen
    Besitzungen mit Aufführung eines gleich stattlichen
    Baues beschäftigt zu sein. So entstand denn das
    »Schloß am Huwenow-See«, und die Pracht, mit der
    es emporwuchs, übertraf noch die des gleichzeitig im
    Umbau begriffenen Rheinsberger Schlosses. Die die
    Façade bildenden Sandsteinsäulen wurden aus den
    sächsischen Steinbrüchen, die Marmorkamine von
    Schlesien her herbeigeschafft; breite, mächtige
    Steintreppen stiegen bis in das obere Stockwerk,
    eichene Paneele umliefen die Zimmer, während an-
    dere bis an den Plafond hinauf boisiert waren. Kost-
    bare Blumenstücke, wahrscheinlich von der Hand
    Dubuissons und bis diesen Augenblick in voller
    Schönheit erhalten, füllten den Raum über den Tü-
    ren, und eine lateinische, in einem der Kellergewölbe
    angebrachte Inschrift erzählte von Müntherus, dem
    Baumeister, »auf dessen Anordnung hier Eichen und
    Buchen in zahlloser Menge gefällt und die terrassen-
    förmig zum See hinabsteigenden Parkanlagen ins
    Leben gerufen worden sein«. Der Bau überstieg den
    Reichtum des reichen Grafen, und er verbaute sich;
    Park und Schloß hatten ihm eine Tonne Goldes ge-
    kostet .1)

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    So war Schloß Meseberg, das der Günstling im Jah-
    re 1774 bezog. Aber weit entfernt, wie schon ange-
    deutet, an dieser Pracht ein Genüge zu finden, be-
    gann jetzt ein Leben, das sich vorgesetzt zu haben
    schien, hinter dem Reichsgrafen nicht zurückzublei-
    ben und sich's abermals eine Tonne Goldes kosten zu
    lassen. Neubauten aller Art entstanden, aber nicht
    Bauten, die darauf ausgewesen wären, das Vorhan-
    dene durch Treibhäuser und Orangerien auszu-
    schmücken, sondern Bauten, wie sie dem minder
    verfeinerten Geschmack und Bedürfnis des Günst-
    lings entsprachen. Ein vollständiger Marstall ward
    eingerichtet, zwanzig Luxuspferde wurden gehalten, und auf den Atlaskissen der Sofas streckten sich die
    Windspiele, während eine Meute von Jagdhunden um
    die Mittagszeit ihr Geheul über den Hof schickte.
    Spiel, Streit und Aventüren füllten die Zeit, und mit
    untergelegten Pferden ging es in fünf Stunden nach
    Berlin, wohin ihn Theater und große Oper zogen,
    weniger die Oper als der Tanz, und weniger der Tanz
    als Demoiselle Meroni, die Tänzerin.
    Der Prinz hatte Kunde von dem allem, und wenn er
    nicht hundertfältig Ursache gehabt hätte, den Kopf
    zu schütteln, so hätt ihm doch das eine Grund vollauf gegeben: »daß an seinen Säckel und seine Großmut
    in nicht enden wollenden Geldverlegenheiten endlos
    appelliert wurde«. Schließlich mocht er hoffen, durch
    eine Verheiratung des ehemaligen Lieblings die Din-
    ge zum Bessern hin ändern zu können, und da
    von K. auf diesen Plan willfährig und ohne weiteres
    einging (schon um durch Nachgiebigkeit einen An-
    spruch auf neue Forderungen zu gewinnen), kam im

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    Jahre 1789 zu besonderer Freude des Prinzen eine
    Vermählung zwischen dem Major von Kaphengst und
    Demoiselle Toussaint zustande. Maria Louise Therese
    Toussaint war die Tochter des mehrgenannten Lec-
    teurs und Bibliothekars und hatte bei den Aufführun-
    gen auf der Rheinsberger Bühne, wie auch sonst
    wohl, sich die Gunst des Prinzen in hohem Grade zu
    erringen gewußt. Etwa um 1780 mit einem Herrn
    von Bilguer in erster Ehe vermählt, war durch den
    Tod des Herrn von B. ihre Hand wieder frei gewor-
    den, und als Frau von Kaphengst hielt sie nunmehr
    ihren Einzug in das schöne Schloß am Huwenow-See.
    Die seitens des Prinzen gehegten Erwartungen bes-
    serer Wirtschaft erwiesen sich bald als eitel und irrig, und nur die Hoffnungen erfüllten sich, die Kaphengst seinerseits an diese seine Vermählung mit der ehemaligen Favoritschauspielerin geknüpft hatte. Denn
    eine neue Handhabe war gewonnen,

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