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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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sich der Gunst
    des Prinzen zu versichern . Der jagd- und spielliebende, der streit- und händelsüchtige, mit einem Worte,
    der alte Kaphengst war schließlich in Rheinsberg unbequem geworden, der neue Kaphengst aber, der
    jetzt, wo die gefeierte Toussaint an der Spitze seines
    Haushalts stand, klug genug war, die Musen nach
    Schloß Meseberg hin zu Gast zu laden, erschien dem
    Prinzen in einem durchaus veränderten Lichte. Zu-
    nächst wenigstens. Die Zimmer und Säle rechts ne-
    ben der großen Halle wurden als Bühne hergerichtet,
    Kaphengst selbst mutmaßlich voll Hohn über die Rol-
    le, die ihm zufiel, fungierte als directeur du théâtre, und unter dem Vollklang französischer Alexandriner
    vergaß der Prinz gern, wie hohen Eintrittspreis er für

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    all diese Aufführungen zu zahlen hatte, für ein Spiel,
    das ein Spiel war in jedem Sinne. Noch jetzt markiert sich der ehemalige Bühnenraum, und die kleinen
    Garderobenzimmer, in denen damals die Schmink-
    töpfchen und die frivolen Bemerkungen zu Haus wa-
    ren, lassen sich bis diese Stunde noch, wenn auch
    freilich in ebenso viele Wandschränke verwandelt, in dem zuhinterst gelegenen Parterrezimmer deutlich
    erkennen.
    Auch für Abwechslung wußte der kluge Kaphengst zu
    sorgen, klug, seitdem die Französin die Honneurs
    des Hauses machte. Der Prinz, nach längerer Abwe-
    senheit im Berliner Palais (länger als seit Jahren),
    kehrte mit dem Mai nach Rheinsberg zurück und traf,
    andern Tages schon, als Gast in Schloß Meseberg
    ein. Er mochte daselbst eine neuinszenierte tragédie,
    die Einlage eines neuen Tanzes oder Musikstücks
    erwartet haben, aber eine sehr andre Huldigung war
    diesmal für ihn vorbereitet. Am Plafond der großen
    Speisehalle, die zum Empfange des hohen Gastes
    mit Blumen und Orangerie dekoriert war, hatte die
    raschfertige, aber immerhin geniale Hand Bernhard
    Rodes ein großes Deckengemälde ausgeführt, das,
    im Geschmack jener Zeit, die Apotheose des Prinzen
    Heinrich darstellte. Zur Rechten ein Ruhmestempel,
    dem Genien das Bild des Prinzen entgegentragen;
    daneben der bekannte Götterapparat: Minerva, zu
    deren Füßen das Schwert ruht und an einem der Op-
    feraltäre die Inschrift: »Vota grati animi«, »Nimm
    dies als die Darbringung eines dankbaren Herzens«.
    Der Prinz, dessen Eitelkeit leicht zu fangen war, so-
    bald die Schmeichelei nicht platt-prosaisch, sondern

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    wohlstilisiert und im Gewande der Kunst an ihn he-
    rantrat, war überrascht und gerührt und erwies sich
    wieder, auf Monate hin, als der Hilfebereite, von des-
    sen Gunst und Gnade Gewinn zu ziehn immer nur
    Zweck all dieser Huldigungen gewesen war. (Es ent-
    ging an jenem Tage dem Auge des Prinzen, wie's
    auch dem Kaphengsts entgangen war, daß Rode, sei es aus Zufall oder aus Malice, die Inschrift: »Vota
    grati animi« nicht geschrieben, sondern die letzte
    Silbe fortgelassen hatte. Kaphengst, später darauf
    aufmerksam gemacht, ließ auch noch das i überma-
    len, so daß die Inschrift jetzt lautet: »Vota grati an«.
    In der Umgegend lachte man herzlich und nannt ihn
    Gratian.)
    Die Gunst des Prinzen, oft erschüttert und immer
    wieder befestigt, dauerte bis 1798. Um diese Zeit
    aber scheint er sie dem Günstling ein für allemal
    entzogen zu haben. Wenigstens müssen wir es aus
    dem Umstande schließen, daß sich Kaphengst in ge-
    nanntem Jahre schuldenhalber genötigt sah, zwei
    seiner Güter: Schönermark und Rauschendorf, zu
    verkaufen. Das Volk erzählte sich und erzählt auch
    heute noch, »er habe beide in einer Nacht verspielt«.
    Die beiden andern Güter, Meseberg und Baumgar-
    ten, blieben ihm, wiewohl tief verschuldet, bis zu
    seinem Tode, der im Januar oder Februar 1800 auf
    Schloß Meseberg erfolgte.
    Seine Frau starb erst im zweiten Viertel dieses Jahr-
    hunderts.

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    In der Kirche zu Meseberg, wo die Grabsteine der
    Gröbens vor dem Altar liegen und von der Wand
    herab, in Frommen und in Treue, die Bildnisse Lud-
    wigs von der Gröben und seiner siebzehn Kinder bli-
    cken, ist kein Stein , der an den Wilden Jäger erinnerte, der hier sechsundzwanzig Jahre lang das Land
    durchtobt. Seine Witwe mochte fühlen, daß das
    Marmorbild eines Mannes, dem alles Heilige nur
    Spott gewesen war, nicht in die Kirche gehöre. Sei-
    tab in einer Ecke, von einem Fetzen schwarzen Flors
    umwickelt (der verblaßt und staubig wie ein Stück
    Spinnweb aussieht), hängt der Galanteriedegen des
    Galans und Günstlings und daneben ein

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