Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Pfarrhäuser, deren Giebel
    auf den Kirchhof sieht – ich fühlte sie wieder leben-
    dig werden und empfand deutlicher als je zuvor die
    geistige Bedeutung dieser Stätten. In der Tat, das Pfarrhaus ist nach dieser Seite hin dem Herrenhause weit überlegen, dessen Ansehen hinschwindet, seitdem der alten Familien immer weniger und der zu
    »Gutsbesitzern« emporsteigenden ländlichen und
    städtischen Parvenus immer mehr werden. Und noch
    ein anderes kommt hinzu. Der Adel, soweit er ums

    551
    Dasein ringt, vermag kein Beispiel mehr zu geben
    oder wenigstens kein gutes, soweit er aber im Voll-
    besitz seines alten Könnens verblieben ist, entzieht
    er sich zu sehr erheblichem Teile der Dorfschaft und
    tritt aus dem engeren Zirkel in den weiter gezogenen
    des staatlichen Lebens ein.
    Das Pfarrhaus aber bleibt daheim , wartet seines Gartens und okuliert den Kulturzweig auf den immer
    noch wilden Stamm.
    Daß ich hier ein Ideal schildere, weiß ich. Aber es verwirklicht sich jezuweilen, und an vielen hundert
    Stellen wird ihm wenigstens nachgestrebt.

    1. Kirchner hebt auf Seite 30 seines obenge-
    nannten Buches hervor, daß ein Teil dieser
    Bronzen sehr wahrscheinlich von Künstlern
    und Handwerksmeistern herrühre, die, ur-
    sprünglich griechisch oder römisch, sich in
    Deutschland niedergelassen hatten. Dies hat
    viel für sich. Dergleichen geschah zu allen
    Zeiten, in alten und neuen. Anfang des vori-
    gen Jahrhunderts kam Antoine Pesne von Pa-
    ris nach Potsdam und begann, die Schlösser
    mit ausgezeichneten Bildern zu füllen. Nichts-
    destoweniger würd es grundfalsch sein, den
    Kunst- und Kulturgrad des damaligen Preu-
    ßens nach Pesne bemessen zu wollen. Alles,
    was er schuf, war, trotz der leiblichen Anwe-
    senheit des Meisters in unsrem Lande, doch

    552
    immer nur eine importierte Kunst. Unserer
    wirklichen Kunststufe entsprach damals
    Leygrebe, der Riesengrenadiere und Jagd-
    hunde malte.

    Protzen

    Im Westen schwimmt ein falber Strich,
    Der Abendstern entzündet sich,
    Schwer haucht der Dunst vom nahen Moore;
    Schlaftrunkne Schwäne streifen sacht
    An Wasserbinsen und am Rohre.
    »So hab ich dieses Schloß erbaut,
    Ihm mein Erworbnes anvertraut,
    Zu der Geschlechter Nutz und Walten;
    Ein neuer Stamm sprießt aus dem alten,
    Gott segne ihn, Gott mach ihn groß.«
    Annette von Droste-Hülshoff

    Westlich, in unmittelbarer Nähe von Walchow, liegt
    Protzen, ein wohlhabendes Luch- und Torfdorf wie
    jenes. Es war immer, soweit die Nachrichten reichen,
    ein adliges Gut. Im vierzehnten und fünfzehnten und
    auch noch zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts
    saß hier eine Familie, die sich einfach nach ihrem

    553
    Wohnorte nannte, also eine Familie von Protzen. Eine
    der drei Kirchenglocken (die größte) geht bis in jene
    Zeit zurück. Sie rührt noch aus der Zeit Albrecht A-
    chills her und trägt die Inschrift: »Jhesu Criste rex
    gloriae veni eum pace«, samt der Jahreszahl 1476.
    Hat also schon zur katholischen Zeit die Gemeinde
    zur Kirche gerufen.
    Den Protzens folgten um etwa 1522 die Gadows, die
    das Dorf 130 Jahre lang, von den ersten Tagen der
    Reformation an bis zum Schluß des Dreißigjährigen
    Krieges, in ihrem Besitz hatten. Auch aus diesem
    Abschnitt existieren keine Überlieferungen. Aber wie
    von den Protzens her die älteste Glocke , so datiert von den Gadows her der älteste Abendmahlskelch
    der Kirche. Er ist vergoldet, von schöner Form und
    zeigt, außer den drei Fischen des Gadowschen Wap-
    pens, die Jahreszahl 1584. In der Mitte, um den
    Handgriff herum, stehen einzeln die Buchstaben J-E-
    S-U-S.

    Die Familie Quast in Protzen
    (1652–1752)
    Um 1652 waren die Gadows, wahrscheinlich infolge
    des Kriegselends, derart verschuldet, daß sie Protzen
    nicht mehr halten konnten. Sie verkauften es um die
    genannte Zeit an ihren Gutsnachbar Otto von Quast,
    der nach diesem Kaufe sein väterliches Gut Garz
    aufgab und nach Protzen hinüberzog.

    554
    Der Grund zu diesem Gutsankaufe seitens der Quas-
    te lag in einem starken Familiengefühl. Albrecht
    Christoph von Quast, von dem das folgende Kapitel
    ausführlicher handeln wird, hatte, wie so viele von
    denen, die »lieber Hammer als Amboß« sein wollten,
    im Laufe des Dreißigjährigen Krieges ein Vermögen
    erworben und gedachte dasselbe zu Güterkäufen in
    Mähren zu verwenden. Seine von alter Zeit her im Ruppinschen ansässige Familie wünschte jedoch den
    einflußreichen Mann, der um 1652 der berühmteste
    Träger ihres Namens war, im

Weitere Kostenlose Bücher