Wanderungen durch die Mark Brandenburg
verschiedenen
Garnisonen standen und kein Bruder zum andern
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kam, so bekamen sie alle viere doch dieselbe Krank-
heit und kamen nur so eben mit dem Leben davon.«
König : »Das ist ein verzweifelter Umstand gewesen!
Wo sind die noch lebenden vier Söhne?«
Fromme : »Einer unter Zieten-Husaren, einer unter den Gensdarmes! Einer ist unter dem Prinz Ferdinandschen Regiment gewesen und wohnt auf dem
Gute Dessow. Der vierte ist der Schwiegersohn vom
Herrn General von Zieten. Er war Lieutenant beim
Zietenschen Regiment; Ihro Majestät haben ihm a-
ber in diesem letzten Kriege, wegen seiner Kränk-
lichkeit, den Abschied gegeben; nun wohnt er in
Ganzer.«
König : »So?... Macht Ihr sonst noch Proben mit ausländischem Getreide?«
Fromme : »O ja! Dieses Jahr habe ich spanische
Gerste gesäet. Allein sie will nicht recht einschlagen; ich gehe wieder ab. Aber den holsteinischen Staudenroggen find ich gut!«
König : »Was ist das für Roggen?«
Fromme : »Er wächst im Holsteinischen in der Nie-
derung. Unterm zehnten Korn hab ich ihn noch nie
gehabt!«
König : »Nu, nu! nicht gleich das zehnte Korn!«
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Fromme : »Das ist nicht viel! Belieben Ihro Majestät, den Herrn General von Görtz zu fragen, die werden
Ihnen sagen, daß dies im Holsteinischen nicht viel
ist.«
Nun sprachen sie in dem Wagen eine Weile von
dem Roggen. Mit einem Male riefen Ihro Majestät
aus dem Wagen: »Na! so bleibt bei dem holsteini-
schen Staudenroggen und gebt den Untertanen auch
welchen.«
Fromme : »Ja, Ihro Majestät!«
König : »Aber macht mir einmal eine Idee: Wie hat das Luch ausgesehen, ehe es abgegraben war?«
Fromme : »Es waren lauter hohe Hüllen, dazwischen setzte sich das Wasser. Bei den trockensten Jahren
konnten wir das Heu nicht herausfahren, sondern wir
mußten's in großen Mieten setzen. Im Winter nur,
wenn's scharf gefroren hatte, konnten wir's heraus-
fahren. Nun aber haben wir die Hüllen herausgehau-
en, und die Gräben, die Ihro Majestät machen las-
sen, ziehen das Wasser ab. Nun ist das Luch so tro-
cken, wie Ihro Majestät sehen, und wir können unser
Heu herausfahren, wann wir wollen.«
König : »Das ist gut! Halten Eure Untertanen auch mehr Vieh wie sonst?«
Fromme : »Ja!«
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König : »Wieviel wohl mehr?«
Fromme : »Mancher eine Kuh, mancher zwo, nach-
dem es sein Vermögen verstattet.«
König : »Aber wieviel halten sie wohl sämtlich mehr?
Ohngefähr nur!«
Fromme : »Bis einhundertundzwanzig Stück!«
Nun mußten Ihro Majestät wohl den Herrn General
von Görtz gefragt haben, woher ich ihn kennte, weil
ich wegen des holsteinischen Roggens zu Ihro Majes-
tät sagte: Sie möchten nur den General nach dem
Roggen fragen; und hat der Herr General vermutlich,
der Wahrheit gemäß, geantwortet: »daß er mich im
Holsteinischen kennengelernt und daß ich daselbst
Pferde gekauft hätte, auch in Potsdam mit Pferden
gewesen wäre«. Mit einemmal sagten Ihro Majestät:
» Hört! Ich weiß, Ihr seid ein Liebhaber von Pferden.
Geht aber ab davon und zieht Euch Kühe dafür; Ihr
werdet Eure Rechnung besser dabei finden.«
Fromme : »Ihro Majestät ich handle nicht mehr mit Pferden. Ich ziehe mir nur etliche Füllen alle Jahr.«
König ,: »Zieht Euch Kälber dafür, das ist besser!«
Fromme : »Oh, Ihro Majestät, wenn man sich Mühe
gibt, ist kein Schade bei der Pferdezucht. Ich kenne
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jemand, welcher vor zwei Jahren tausend Taler für
einen Hengst von seinem Zuwachs bekam.«
König : »Der ist ein Narr gewesen, der sie gegeben hat!«
Fromme : »Ihro Majestät, es war ein mecklenburgi-
scher Edelmann.«
König : »Er ist aber doch ein Narr gewesen.«
Nun kamen wir auf das Territorium des Amts Neu-
stadt, wo der Amtsrat Klausius, der das Amt in Pacht
hat, auf der Grenze hielt und Ihro Majestät vorbeirei-
sen ließ. Weil mir aber das Sprechen schon sehr sau-
er wurde, Ihro Majestät immer nach den Dörfern
fragte, so hier in Menge sind, und ich immer den
Gutsbesitzer mit nennen und sagen mußte, welche
von ihnen Söhne im königlichen Dienst hätten, so
holt ich den Herrn Amtsrat Klausius an den Wagen
heran und sagte: »Ihro Majestät, das ist der Amtsrat
Klausius vom Amt Neustadt, unter dessen Jurisdikti-
on die Kolonien stehen.«
König : »So, so! das ist mir lieb! Laßt ihn herkommen!1) – Wie heißt Ihr?«
Amtsrat : »Klausius!«
König : »Klau-si-us. Na, habt Ihr viel Vieh hier auf den Kolonien?«
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Amtsrat :
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