Wanderungen durch die Mark Brandenburg
hin von dunklen Baum-
partien eingeschlossenen Bau dar. Nach links
hin öffnet sich der Blick auf eine kleine Land-
schaft, die dem Beschauer zugekehrte Langseite
des Mausoleums aber trägt die Inschrift: »Tran-
quillitati« und darunter ein sauber ausgeführtes
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Basrelief, Pluto und Proserpina, zu deren Füßen
ein Bittender kniet. Es ist rechts in der Ecke mit
»Schinkel 99 fecit« bezeichnet. Dies Bildchen
(neun Zoll breit, fünf Zoll hoch) befand sich in
Händen des Küsters in Darritz, eine halbe Meile
von Kränzlin, dem es wahrscheinlich als ein Er-
innerungsstück aus der Kränzliner Pfarre zuge-
fallen war. Er hat es mir später überlassen.
Neuruppin
1. Ein Gang durch die Stadt.
Die Klosterkirche
Lieblich weht's vom See herüber,
George Hesekiel
Leise, langsam, wie verdrossen
Ziehen still die Wolken drüber,
Gleichen Schritts mit unsern Rossen...
Drüben liegt im Sonnenscheine
So ein alt und sauber Örtchen,
Kirch und Turm von rotem Steine,
In der Mauer Ausfallpförtchen.
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Wir kennen jetzt das Süd- und Ostufer des Ruppiner
Sees, haben Wustrau und Karwe und Radensleben
durchstreift und schicken uns nun an, der alten
Hauptstadt dieses Landesteiles unseren Besuch zu
machen, der Stadt Ruppin selbst, die dem See, wor-
an sie liegt, wie der ganzen Grafschaft den Namen
gegeben hat. In schräger Linie kreuzen wir, nachdem
wir Karwe und seine Uferstation wieder erreicht ha-
ben, die an dieser Stelle ziemlich breite Fläche, laben uns, die Julisonne zu unseren Häupten, an der feuchten Kühle des Wassers und traben endlich, nach
glücklicher Landung, in offenem Wagen die kahle,
staubige Chaussee entlang, unsere Regenschirme als
Schutz- und Schattendächer über uns. Grau wie die
Müllertiere erreichen wir die Stadt, sehen mit ge-
blendeten Augen anfänglich wenig oder nichts und
atmen erst auf, als wir vorm Gasthofe zum Deut-
schen Hause halten und freundlich bewillkommt in
die Kühle des Flures treten. Moselwein und Selter-
wasser stellen hier unsere Lebensgeister wieder her
und geben uns Mut und Kraft, eine erste Promenade
zu machen und dem Pflaster der Stadt zu trotzen. In
unseren dünnsohligen Stiefeln werden wir freilich
mehr denn einmal an jenen mecklenburgischen
Gutsbesitzer erinnert, den seine revoltierenden Hin-
tersassen auf spitzen Steinen hatten tanzen lassen.
Ruppin hat eine schöne Lage – See, Gärten und der
sogenannte »Wall« schließen es ein. Nach dem gro-
ßen Feuer, das nur zwei Stückchen am Ost- und
Westrande übrigließ (als wären von einem runden
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Brote die beiden Kanten übriggeblieben), wurde die
Stadt in einer Art Residenzstil wieder aufgebaut.
Lange, breite Straßen durchschneiden sie, nur unter-
brochen durch stattliche Plätze, auf deren Areal un-
sere Vorvordern selbst wieder kleine Städte gebaut
haben würden. Für eine reiche Residenz voll hoher
Häuser und Paläste, voll Leben und Verkehr mag
solche raumverschwendende Anlage die empfeh-
lenswerteste sein, für eine kleine Provinzialstadt aber ist sie bedenklich. Sie gleicht einem auf Auswuchs
gemachten großen Staatsrock, in den sich der
Betreffende, weil er von Natur klein ist, nie hinein-
wachsen kann. Dadurch entsteht eine Öde und Lee-
re, die zuletzt den Eindruck der Langenweile macht.
Die Billigkeit erheischt hinzuzufügen, daß wir es un-
glücklich trafen: das Gymnasium hatte Ferien und
die Garnison Mobilmachung. So fehlten denn die ro-
ten Kragen und Aufschläge, die, wie die zinnoberfar-
benen Jacken auf den Bildern eines berühmten Nie-
derländers (Cuyp), in unserm farblosen Norden dazu
berufen scheinen, der monotonen Landschaft Leben
und Frische zu geben. Alles war still und leer, auf
dem Schulplatze wurden Betten gesonnt, und es sah
aus, als sollte die ganze Stadt aufgefordert werden,
sich schlafen zu legen.
Aber nicht die Öde und Stille der Stadt haben uns zu
beschäftigen, sondern ihre Sehenswürdigkeiten, klein
und groß. Treten wir unsere Wanderung an. Vor dem
malerisch im Schatten hoher Linden gelegenen Rat-
haus, in dessen Erdgeschoß sich auch die Hauptwa-
che befindet, ruht auf leichter Lafette eine 1849er
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Kriegstrophäe, während in Front des stattlichen
Gymnasialgebäudes (auf das wir weiterhin in einem
eignen Kapitel zurückkommen) die Bronzestatue Kö-
nig Friedrich Wilhelms II. aufragt, die die Stadt nach
dem großen Feuer von 1787 ihrem Wiedererbauer
errichtete. Das in etwas mehr denn
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