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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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biographische Skizze, die wir hier abbre-
    chen, um nunmehr von Alexander Gentz in Person
    nach Gentzrode, dessen Besitz er eben angetreten,
    zurückzukehren.

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    Beim Tode des Alten (1867) befand sich das neu
    geschaffene Gut, um es noch einmal zu sagen, in
    einem durchaus blühenden Zustande:
    Waldkulturen, einschließlich einer großen Baumschu-
    le, waren geschaffen;
    ein zweiter artesischer Brunnen, um den Mehran-
    sprüchen einer (trotz eingetretener Ungunst der Zei-
    ten) immer noch wachsenden Brennerei zu genügen,
    ward gegraben;
    eine sogenannte »Ablage« am Molchow-See, die,
    weil der Rhin den Molchow-See durchfließt, einen
    bequemen Wasserverkehr ermöglichte, war unter
    großen Schwierigkeiten erkämpft;
    und endlich umschloß ein Komplex von Scheunen
    und Ställen (der dominierenden Brennerei zu
    geschweigen) einen mächtigen und beinah schön-
    heitlich wirkenden Wirtschaftshof.

    1. Dieser sehr anfechtbare Name »Gentzrode«
    war das Resultat langen Suchens, was man
    ihm leider auch anmerkt. Alexander Gentz
    hatte »Helenenhof« vorgeschlagen, in Huldi-
    gung gegen seine Frau Helene, was, wenn
    angenommen, durchschnittsmäßig, aber we-
    nigstens richtig gewesen wäre. Man war je-
    doch mit dem Einfachen und Natürlichen nicht

    798
    zufrieden und forschte nach etwas Besserem.
    Unter denen, die befragt wurden, war natür-
    lich auch Wilhelm Gentz, damals in Paris, der
    nicht säumte, bei seinen Freunden und
    Kunstgenossen eine Art Preisausschreiben zu
    veranstalten. Henneberg, dem in seiner Ei-
    genschaft als Braunschweiger die »rodes«
    nahelagen, verfiel auf »Gentzrode«, was so-
    fort jubelnd begrüßt und auch in Ruppin vom
    alten Gentz angenommen wurde. Meinem
    Ermessen nach jedoch ist es, um es zu wie-
    derholen, ein so schlecht gewählter Name wie
    nur irgend möglich, weil in zwiefacher Bezie-
    hung verwirrend. Erstlich gab es auf den Kah-
    lenbergen überhaupt nichts zu »roden«; ge-
    rodet kann immer nur da werden, wo Wald
    ist, und nicht auf einer Sanddüne. Was aber
    fast noch schlimmer ist, ist das, daß jeder,
    der den Namen hört, Gentzrode da suchen
    wird, wo die »rodes« zu Hause sind, also im
    Harz , nicht aber im Ruppinschen. Eine solche
    willkürliche Namensanlegung ist, auf geogra-
    phische Orientierung angesehn, nicht viel
    besser als ein falscher Wegweiser.

    So war denn das, was der neue Besitzer übernahm,
    ein blühendes Gewese, das er belassen konnte, wie's
    war, und zwar um so mehr, als auch schon bei Leb-
    zeiten des Vaters alles nach seinen (des Sohnes)
    Anschauungen geleitet worden war. In der Tat, er
    hatte nicht nötig, im Prinzip irgendwas zu ändern, 799
    und tat es auch nicht, aber er hatte von jetzt an frei-
    ere Bewegung und benutzte diese, um alles reicher
    auszugestalten. Nicht in Richtung und Anschauung,
    aber im Maß und Tempo wurde geändert.
    Das zeigte sich zunächst bei den Waldkulturen, an
    die der neue Besitzer sofort mit gesteigerter Energie
    herantrat, weil er von dem lebhaften Wunsche gelei-
    tet war, in erster Reihe ein Waldgut aus Gentzrode zu machen. Er begann damit, 110 000 junge Eichen
    aus Holland1)zu beziehen und in den rajolten Boden
    einzusetzen. Oberförster Berger aus Alt Ruppin,
    Fachmann und Autorität, ritt vorüber und rief ihm
    zu: »In solchen Boden wollen Sie Eichen pflanzen?
    Werfen Sie Ihr Geld nicht weg!« Aber der, an den
    sich dieser Zuruf richtete, ließ sich durch solche
    Fachmannsurteile nicht abschrecken. Er war kurze
    Zeit vorher in Potsdam und Babelsberg gewesen und
    hatte sich an beiden Orten überzeugt, daß die neuen
    Parkanlagen auf einem Boden erfolgten, der zum Teil
    nicht besser war als der seine. Das gab ihm, wenn er
    desselben noch bedurft hätte, neuen Mut, und ge-
    stützt auf solche Wahrnehmungen, fuhr er in seinen
    Anpflanzungen fort. Auch aus dem Samen wurde
    gezogen, selbstverständlich unter Vermeidung alles
    Willkürlichen und Zufälligen. Professor Koch in Berlin
    hatte vielmehr, auf Ersuchen, ein Verzeichnis aufge-
    stellt, in dem angegeben war, welche außereuropäischen Bäume am besten geeignet wären, sich im
    märkischen Sande zu akklimatisieren, und gestützt
    auf diese Liste, wurden nunmehr aus New York, Ka-
    nada, Columbia, Tiflis und Sibirien Samenarten im
    Betrage von 2000 Talern bezogen und – ausgesät.

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    Das, was am besten aufging, gab ebendadurch den
    Beweis, auf unserm Boden vorzugsweise verwendbar
    zu sein; aber auch das derartig Erprobte und Be-
    währte sah sich noch

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