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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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er
    auch wieder auf den Stallboden, während die
    andern nach der Kirche waren, und das Lär-
    men und Poltern und Lachen nahm wieder
    seinen Anfang wie früher, nur viel wilder und
    lauter. So ging es wohl eine Stunde; als aber
    der Prediger auf der Kanzel eben amen ge-
    sagt hatte, da gab es einen Knall, der die Kir-
    che und alle Häuser im Dorf erschütterte, und
    als die Leute nach Hause stürzten, fanden sie
    die Stallbodentür weit auf die Straße ge-
    schleudert, Rotmützeken aber an einem
    Kreuzbalken erhängt. Sie begruben ihn in ei-
    ner Ecke des Kirchhofs. Er hatte aber nicht
    Ruh im Grabe. Immer in der Sonntagsnacht
    nach Weihnachten erschien er auf dem Kirch-
    hof, und die Hirten, die damals (wo im Som-
    mer das Bruch unter Wasser stand) oft noch
    um die Weihnachtszeit ihr Vieh auf die Weide
    trieben, sahen ihn dann, wie er auf dem bret-
    ternen Kirchhofszaun saß und mit dem Kopf
    schüttelte. Er war dürr wie ein Skelett, aber
    er trug immer noch die rote Mütze. Daran
    hatten sie auch erkannt daß es kein andrer
    sein konnte als »Rotmützeken«.

    893
    3. Die Kolonisierung
    und die Kolonisten

    Es fiel zu leicht euch in den Schoß,
    »Zu glücklich sein« war euer Los.
    Wie heißt der Spruch im Golden Buch?
    »Reichtum ist Segen, und Reichtum ist Fluch.«

    Die umfangreichen Arbeiten, die unter Friedrich dem
    Großen von 1746 bis 1753 ausgeführt wurden, ka-
    men dem gesamten Oderbruche zustatten; in beson-
    derem Maße aber doch nur dem nördlichen Teile
    desselben, dem Niederbruch . Dies war auch Zweck.
    Das Oberbruch zwischen Frankfurt und Küstrin war längst unter Kultur1); das sumpfige Niederbruch , zwischen Küstrin und Freienwalde, war der Kultur erst
    zu erobern.
    Diese Eroberung des Nieder bruchs, mit dem wir uns auch hier wieder ausschließlich beschäftigen, geschah, wie ich schon in dem Kapitel »Die Verwal-
    lung« gezeigt habe, a) durch das neue Oderbett,
    b) durch die Eindeichung, c) durch Abzugskanäle.
    Das Niederbruch , vor Ausführung dieser Arbeiten, war ein drei bis vier Quadratmeilen großes Stück

    894
    Sumpfland, auf dessen wenigen, etwas höher gele-
    genen Sandstellen sich acht kümmerliche Dörfer vor-
    fanden. Diese waren:
    Reetz, Meetz,
    Lebbin, Trebbin,
    Großbaaren, Kleinbaaren,
    Wustrow und Altwriezen.
    So, wie hier aufgeführt, wurden diese Dörfer früher
    geschrieben. Die Rechtschreibung einzelner dieser
    Namen ist seitdem eine andre geworden: Meetz ist
    Mädewitz, Lebbin ist Lewin, Großbaaren und Klein-
    baaren ist Groß- und Kleinbarnim. In der Volksspra-
    che aber leben die alten Namen noch fort. Man sagt
    noch jetzt: Meetz, Lebbin und jedenfalls Groß- und
    Kleinbaaren.
    Diesen acht kümmerlichen Fischerdörfern zuliebe
    konnte natürlich seitens des großen Königs die Ent-
    wässerung von drei oder vier Quadratmeilen Sumpf-
    land nicht vorgenommen werden, um so weniger, als
    er sehr wohl wußte, daß die Reetzer und Meetzer
    Fischer, wenn er ihnen auch alles entwässerte Land
    abgaben- und mühelos zu Füßen gelegt hätte, doch,
    nach Art solcher Leute, nur über den Verlust ihrer
    alten Erwerbsquellen (Heumahd und Fischerei) ge-
    klagt haben würden. Der König verfuhr also anders.
    Er hatte durch seine Mittel das Land gewonnen und verteilte das Gewonnene nach seinem Belieben. Einen wesentlichen Teil behielt er selbst (königlicher
    Anteil), den Rest erhielten die angrenzenden Städte

    895
    und Rittergüter, einiges auch die alten Dorfschaften.
    Das gewonnene Land betrug im ganzen
    130 000 Morgen, auf welches nun, wie man sonst
    Bäume pflanzt oder einsetzt, 1300 Familien »angesetzt« wurden. Das geschah in dreiundvierzig neu-
    gegründeten Kolonistendörfern. Die Gründung dieser
    Kolonistendörfer war Sache des Königs auf dem kö-
    niglichen Anteil, Sache der Städte und Rittergüter
    auf den Anteilen, die diesen zugefallen waren. So entstanden königliche , städtische und adlige Kolonistendörfer.
    Die königlichen Kolonistendörfer waren von Anfang an die größten und wichtigsten und sind es wohl
    auch geblieben. Mit Ausnahme von Herrenhof und
    Herrenwiese führen sie sämtlich die Namen alter
    Bruch- und Uferdörfer, denen nur, zur Unterscheidung, die Silbe »Neu« hinzugefügt worden ist. Es
    sind folgende:
    Neubarnim
    Neulietzegöricke
    Neulewin

    Neumädewitz
    Neutrebbin

    Neureetz
    Neukietz

    Neurüdnitz
    Neuküstrinchen
    Neutornow
    Neuglietzen

    Neuwustrow.
    Die meisten Kolonisten wurden in den drei erstge-
    nannten Dörfern, in Neubarnim,

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