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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Tabaks-
    qualm. Spiel und Tanz und Lärm und ein Faustschlag
    auf den Tisch machen den Schluß des Festes. Bau-
    ernhochzeiten zeichnen sich freilich überall durch
    eine gewisse Reichtumsentfaltung aus, aber diese
    selbstbewußte, zur Schau getragene Opulenz hält
    sich an andern Orten innerhalb gewisser bäuerlicher
    Traditionen. Hier sind diese Traditionen durchbro-
    chen, und jeder versucht es, gleichsam auf eigne
    Hand, seiner Eitelkeit, und meist nur dieser, ein Ge-
    nüge zu tun.
    Auch Gutem und Tüchtigem bin ich in diesen Dörfern
    vielfach begegnet; aber zumeist doch jener Tüchtig-
    keit nur, die aus einem starken Egoismus und dem
    Instinkte des Vorteils hervorgeht. Die Wurzeln aller
    Kräfte, die hier tätig sind, sind Selbstsucht und Selbstbewußtsein . Die Zeit soll noch erst kommen, 902
    wo die hohen Kräfte des Lebens hier lebendig werden.«
    Seit jenem Briefe, der die damaligen (1838) Sitten-
    zustände des Bruchs eher zu mild als zu streng schil-
    dert, sind mehr als vierzig Jahre vergangen, und
    dieser Zeitraum hat bis auf einen gewissen Punkt die
    Wünsche erfüllt, mit denen der Brief schließt. Es ist
    besser geworden. Der bloße Geld- und Bauernstolz
    hat dem Gefühl von den Aufgaben des Reichtums
    Platz gemacht, und an die Stelle jener Selbstsucht,
    die nur an sich und den engsten Kreis denkt, ist der
    wenigstens erwachende Sinn für das Allgemeine ge-
    treten. Es dämmert eine Vorstellung in den Gemü-
    tern von der Gegenseitigkeit der Pflichten, eine Ah-
    nung davon, daß die blanken Taler einen andern
    Zweck haben, als bei dem Nachbar Geizhals im Kas-
    ten zu liegen oder vom Bruder Verschwender bei
    Vingt-un und »Blüchern« vergeudet zu werden. Die
    üblen Folgen des »Rasch-reich-geworden-Seins«
    verschwinden mehr und mehr, und die Segnungen
    festen, soliden, ererbten Besitzes treten in den Vor-
    dergrund. Man läßt den Schein fallen und fängt nicht nur an, sich des dünn aufgetragenen und überall
    absplitternden Lacks zu schämen, sondern lebt sich
    auch mehr und mehr in jenes Adels- und Standesge-
    fühl hinein, das durch Jahrhunderte hin die nieder-
    sächsischen Bauern so rühmlich auszeichnete.
    Mögen unsere Oderbrücher, nach der wilden Jugend
    ihres ersten Jahrhunderts, immer fester werden in
    Schlichtheit, Sitte, Zucht.

    903

    1. Zum Oberbruch, auch das hohe Bruch ge-
    nannt, gehörten schon damals folgende Ort-
    schaften: Gusow, Kienitz, Platkow, Quappen-
    dorf, Quilitz (jetzt Neu-Hardenberg),
    Rathstock, Sachsendorf, Tucheband,
    Manschnow, Gorgast, Golzow, Zechin, Wer-
    big, Letschin, Genschmar, Langsow, Hathe-
    now, Sietzing, Wuschewier, Friedland, Metz-
    dorf, Kunersdorf, Bliesdorf, Ortwig, Neuen-
    dorf, Hackenow, Werder, Wollup (berühmt
    durch Koppe, der es dreißig Jahre lang be-
    wirtschaftete). Diese Ortschaften sind seitdem
    an Reichtum und Bedeutung gewachsen, aber
    ihre Zahl hat sich, ein paar Ausnahmen abge-
    rechnet, im Gegensatz zum Nieder bruche
    nicht erweitert.

    2. Wie die Bewohner, so sind auch die Dörfer
    selbst in ihrer Erscheinung verschieden, doch
    ist es fraglich, ob sich diese Verschiedenartig-
    keit auf etwas Nationales zurückführen läßt.
    Vielleicht sind die Gründe nur lokaler Natur.
    Das Vorhandensein oder das Fehlen eines
    Wassers, anderer Zufälligkeiten zu geschwei-
    gen, mag solche Unterschiede geschaffen ha-
    ben. Neubarnim (Pfälzerdorf) ist langge-
    streckt, und eine Baumanlage, die sich mitten
    durch die breite Dorfstraße zieht, teilt diese in
    drei Längsteile, in zwei Fahrwege, rechts und
    links, und einen Baumgang zwischen densel-
    ben. Neutrebbin ist ähnlich, wenn ich nicht ir-

    904
    re. Neulewin aber (das mit Polen besetzte
    Dorf) präsentiert sich malerischer. Die Dorf-
    straße entlang läuft ein Fließ, das auf seiner
    ganzen Länge von schräg oder auch terras-
    senförmig ansteigenden Gärten eingefaßt ist.
    Zwischen den Häusern und diesen Gärten
    zieht sich rechts und links der Fahrweg. Die
    Häuser selbst haben vielfach Lauben und Ve-
    randen, und der Fußwanderer, der hier an ei-
    nem Sommerabend des Weges kommt und
    vor den Häusern das Singen hört, während
    die dunklen, schöngewachsenen Mädchen mit
    den klappernden Eimern zum Brunnen gehen,
    vergißt auf Augenblicke wohl, daß er das ver-
    spottete Sumpf- und Sandland der Mark
    Brandenburg durchreist.
    3.

    905

    Freienwalde
    1. Von Falkenberg nach Freien-
    walde. Die Stadt. Der Ruinen-
    berg. Monte Caprino

    Hier schmucke Häuschen, schimmernd
    Am grünen

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