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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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(1705) von
    dem berühmten Andreas Schlüter für ihn aufgeführt
    worden war. Dieses Schloß, wennschon ein bloßer
    Holzbau, war ein prächtiges, zwei Stock hohes Ge-
    bäude, dessen oberster Stock aus vierundsechzig
    Säulen bestand, auf denen alsdann das Dach ruhte.
    Eine Schilderung, die ziemlich phantastisch klingt,
    mit der es aber doch seine Richtigkeit hat. Bekmann,
    in seiner »Beschreibung der Kurmark Brandenburg«,
    gibt, Teil I, Seite 595, eine sehr hübsche Abbildung
    dieses Sommerschlosses, das mit seiner Fülle leich-
    ter, graziöser Säulen von äußerst malerischer Wir-
    kung gewesen sein muß. Im obersten Stock war ein
    Speisesaal. Dies Schlütersche Bauwerk hatte nicht
    langen Bestand. Regengüsse unterwühlten es
    schon 1707, so daß der König es rasch verlassen und
    seine Rückkehr beschleunigen mußte.1) 1722 ward es
    unbewohnbar gefunden und abgebrochen.
    Schon während der letzten Regierungsjahre des ers-
    ten Königs hatte das Bad an Ansehen verloren; unter
    seinem Nachfolger, dem »Soldatenkönig«, sank es
    mehr und mehr. Ein glückliches Ohngefähr aber wollt
    es, daß im Jahre 1733 einige von den allerlängsten
    Potsdamer Grenadieren ihre Gesundheit daselbst
    wiederfanden, und von diesem Augenblick an war
    das Bad zu Freienwalde dem Könige bestens emp-
    fohlen. Ein neuer Flügel, der alt königliche, wurde gebaut, die Quellen erhielten eine neue Fassung, und
    über der bedeutendsten derselben ward ein auf acht

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    Säulen ruhendes, natürlich hölzernes Brunnenhaus
    errichtet das den stolzen Namen »Tempel« führte.
    Seine Inschrift aber lautete:
    Steh stille, Wanderer, betrachte diese Quellen,
    Sie helfen wunderbar in vielen Krankheitsfällen.
    Eh du von dannen gehst, gedenk an deine Pflicht,
    Sei dankbar gegen Gott, vergiß der Armen nicht.
    Hast du dies Haus und Bad bewundernd angeschaut
    Und fragst, warum es denn nach Tempelart gebaut –
    So wisse, Gott ist ja der Segensquell allein,
    Darum muß unser Herz auch hier sein Tempel sein .
    Wie der unbekannte Verfasser diese letzte Zeile hat
    aufrechthalten wollen, ist schwer einzusehen. Je
    mehr das Herz ein Tempel, desto weniger nötig wur-
    de dieser Holzbau. Gleichviel indes. Alles ist längst
    hinüber, die Inschrift mit, und ihre Alexandriner ge-
    ben keine Rätsel mehr auf.
    Auch Friedrich II. fügte ein neues Brunnenhaus, das
    neu königliche, den schon vorhandenen Gebäuden
    hinzu und gab dadurch dem Brunnental, wenn wir
    von einzelnen feineren Zügen absehen, den Charak-
    ter, den es noch jetzt besitzt. Eine besondere Teil-
    nahme scheint der große König dem Bade nicht ge-
    schenkt zu haben. An Schönheit der Natur bot ihm
    die Umgegend Potsdams kaum Geringeres, und was
    die Heilkraft des Brunnens angeht, so war es ver-
    zeihlich, wenn er den Skeptizismus, der ihn auf allen
    Gebieten auszeichnete, auch auf den »flüchtigen

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    Schwefel- und Brunnengeist«, den »spiritus sulphuris
    volatilis«, der Freienwalder Heilquelle übertrug. Es
    war übrigens die Zeit gekommen, wo Private das Bad
    in ihre schützende Obhut nahmen, besonders Herr
    Wegely aus Berlin, der unter mannigfach anderem
    auch Freibäder für die Armen stiftete und deshalb
    ebenfalls in einer Inschrift verherrlicht wurde. Der
    Schluß derselben:
    Was für die Armen hier Herr Wegely getan,
    Zeigt dieses Brunnenhaus der fernsten Nachwelt an, erhebt einen Anspruch, dem sich das Brunnenhaus
    seit längerer Zeit nicht mehr zu unterziehen vermag, da es wie der »Tempel« inzwischen vom Schauplatz
    abgetreten ist.
    An die Stelle dieser Werke der Architektur ist inzwi-
    schen aber, und zwar als Brunnenhüterin, ein Werk
    der Skulptur getreten: eine Najade mit einem Ruderstück in der Rechten, die lässig hingestreckt über
    dem Heilquell ruht, während aus der Urne neben ihr
    ein Wasserstrahl niederfließt. Soweit alles gut. Aber
    eine sonderbare Ökonomie hat darauf gedrungen,
    daß das Wasser nicht frei in ein Bassin oder eine
    Rinne strömt, sondern in ein untergestelltes Gefäß,
    das zwischen Blumenvase und Topf nur notdürftig
    die Mitte hält. Der Effekt ist überaus komisch, und
    man begreift den pausbackigen Amorin durchaus,
    der, über die Brust der Najade hinweg, lächelnd in
    den Topf und auf das fließende Wasser blickt. Das
    Ganze vielleicht ein Unikum heiterer Naivetät und

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    während es, in Form und Gegenstand, die Antike zu
    kopieren meint, erinnert es doch, dem Geiste nach,
    der es schuf, an den Humor des Mittelalters, am
    meisten

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