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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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neuerer Anfügungen zu geschweigen,
    gehören drei verschiedenen Regierungszeiten an und
    werden danach genannt. Man unterscheidet bis die-
    sen Tag einen kurfürstlichen, einen altköniglichen
    und einen neuköniglichen Flügel. An Schönheit las-
    sen alle drei gleichviel zu wünschen übrig; die »Ko-
    lonnade« jedoch, die sich, unserer ehemaligen
    Stechbahn nicht unähnlich, unter diesen Flügeln hin-
    zieht, gibt, neben manchem andern, dem Ganzen
    einen aparten und zugleich gemütlichen Charakter
    und veranschaulicht uns auf einen Blick die Ge-
    schichte der verschiedenen Epochen des Bades ü-
    berhaupt.
    Diese Geschichte ist in kurzem die folgende.
    Wann zuerst des Bades Erwähnung geschieht, ist
    nicht mit voller Gewißheit festzustellen. Leonhart
    Thurneysser, der bekannte Alchimist, schrieb zwar
    schon um 1572: »Zwischen Freienwalde und Neu-
    stadt, am Gebirge, ist ein Flüßlein, das führt Rubin-
    lein mit sich, gar klein, aber schön an Farbe« – es
    bleibt indessen zweifelhaft, ob unter diesem Flüßlein
    das Quellgewässer des Freienwalder Gesundbrun-

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    nens zu verstehen ist. Wenigstens fehlen jetzt die
    »Rubinlein«, die kleinen wie die großen.
    Es scheint, daß man in alten Zeiten die Quelle ein-
    fach in die Talschlucht ausströmen und ihren Weg
    sich suchen ließ. Nur bei den armen Leuten der
    Nachbarschaft genoß der »Brunnen« schon damals
    eines gewissen Ansehns, und man trank ihn als ein
    bewährtes Mittel gegen hartnäckige Fieber. Was da-
    bei wirksam war, ist schwer zu sagen. Auch Augen-
    kranke kamen. Sie legten von dem braunen Ocker-
    schlamm auf das Auge und sahen nach kurzer Zeit
    wieder klarer und besser. Schwerlich war es der
    braune Eisenschlamm als solcher, der so vorteilhaft
    wirkte, vielmehr die anhaftende Flüssigkeit, die Ei-
    senvitriol enthielt. Gehört doch der Zinkvitriol (eine
    Art Geschwisterkind des obengenannten Eisensalzes)
    bis diese Stunde noch zu den bevorzugten Mitteln
    der Augenheilkunde.
    Jedenfalls war der Ruf und Ruhm des Freienwalder
    Quells allerlokalster Natur, bis 1684 die Kunde nach
    Berlin und bis in das kurfürstliche Schloß drang, daß
    in Freienwalde ein »mineralisches Wasser« entdeckt
    worden sei. Einige mit Fieber und Lähmung Behafte-
    te seien gesund geworden. Der Kurfürst, bereits in
    seinen alten Tagen und von der Gicht schwer ge-
    plagt, schöpfte Hoffnung, daß ihm vielleicht das eig-
    ne Land gewähren möchte, was ihm so viele fremde
    Heilquellen bis dahin versagt hatten, und er schickte
    seinen Kammerdiener und Chemikus, den als Entde-
    cker des Phosphors berühmt gewordenen Kunckel,
    nach Freienwalde, um sich von der mineralischen

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    Kraft des neu entdeckten Quells zu überzeugen. Der
    Bericht lautete günstig, und noch im selben Jahre
    trafen der Kurfürst und seine Gemahlin als erste
    Brunnengäste im Bade zu Freienwalde ein.
    Nun brachen glänzende Tage an. Der Ruf von der
    Heilkraft des Brunnens verbreitete sich bis in ferne
    Gegenden, und im nächsten Jahre, 1685, fanden sich
    1500 Gäste in Freienwalde zusammen. Freilich waren
    es nicht samt und sonders Brunnengäste . »Der Kur-fürst, der auch in diesem Jahre zur Kur erschienen
    war, ließ zehn Wispel Getreide verbacken und die
    Brote samt einer Geldbeisteuer wöchentlich zweimal
    verteilen« – woraus genugsam zu ersehen ist, daß
    die kurfürstliche Gegenwart allerhand armes Volk
    herbeigelockt hatte, nur um von der Mildtätigkeit des
    Fürsten Nutzen zu ziehen. 1686 wurde das erste und
    älteste »Brunnenhaus« gebaut, dasselbe, das unter
    dem Namen der »kurfürstliche Flügel« bis diesen Tag
    existiert. Dazu kamen allerhand Vorkehrungen und
    Einrichtungen: zwei Betstunden täglich, zwei Jahr-
    märkte die Woche; eine Brunnenkapelle und ein
    Brunnenkoch. Was diesen letzteren angeht, so hatte
    er die Verpflichtung, für anderthalb Silbergroschen
    ein »gutes Mittagbrot« zu liefern. Freilich nur für die Armen. Der Kurfürst tat in allem, was er konnte. Das
    nächste Jahr machte er seinen letzten Besuch.
    Unter der Regierung seines Nachfolgers, König Fried-
    richs I., hielt sich Freienwalde im wesentlichen auf
    der Höhe seines Ansehens. Die Heilkraft des Brun-
    nens stand noch in so gutem Rufe, daß das Wasser
    desselben behufs mineralischer Bäder für den König

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    nach Altlandsberg und Niederschönhausen gebracht
    wurde. 1704 und die zwei folgenden Jahre kam er
    selbst und bezog 1706 das »Schloß am Brunnen«,
    das schon in dem vorhergehenden Jahre

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