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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wurd es wieder still. Und in der
    nächsten Nacht ebenso. Trampe meinte nicht anders,
    als er werde nun sterben müssen, und er ergab sich
    auch in sein Schicksal und dachte: ›Wenn es wieder
    ruft, dann wirst du folgen, es sei, wohin es sei.‹ Und
    in der dritten Nacht rief es wieder. Trampe trat nun
    auf den Kirchhof hinaus, und als er sich umsah, war
    es ihm, als liefe was wie ein Hund zwischen den Grä-
    bern hin und her. Er konnt es aber nicht genau se-
    hen, denn das Kirchhofsgras stand sehr hoch. Tram-
    pe folgte der Spur, die nach der Wasserseite des
    Kirchhofs ging, und als er an den Strom kam, sah er
    einen Kahn, der mit dem Vorderteil im Wasser und
    mit dem Hinterteil auf dem Trocknen lag. An der äu-
    ßersten Spitze des Kahns aber stand ein schwarzer
    Pudel mit zwei Feueraugen und sah Trampen so an,
    daß dieser dachte, hier ist Einsteigen das beste. Und

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    kaum daß er saß, so fuhr der Kahn, als ob er von
    hundert Händen geschoben würde, wie ein Pfeil in
    den Fluß hinein und über das Wasser fort.«
    Hier unterbrach sich der Erzähler einen Augenblick,
    um mir die Linie zu beschreiben, die der Kahn da-
    mals gezogen haben müsse, und fuhr dann fort:
    »Keiner steuerte, keiner führte das Ruder, aber der
    Kahn ging rechts und links, immer wie der Pudel den
    Kopf drehte; so kamen sie bis an den Schloßberg.
    Der Kahn lief jetzt auf, beide sprangen ans Ufer und
    stiegen bergan. Inzwischen war es dunkel geworden,
    der Mond war unter; aber ob nun der Hund rück-
    wärts bergan lief oder ob er den Kopf nach hinten zu
    gedreht hatte, soviel ist gewiß, Trampe sah immer
    die zwei Feueraugen vor sich, die ihm bis oben hin-
    auf den Weg zeigten. Und als er nun in den Burghof
    trat, standen da wohl hundert Fässer, alle voll Gold.
    Das war so blank, daß es im Dunkeln blitzte. Das
    Schloß selbst aber lag in Nacht, und nur mitunter
    glühten die Fenster auf, und allerlei Gestalten wur-
    den sichtbar, Ritter und Edelfräulein, die kicherten
    und lachten. Dahinter klang es dann wie Tanzen und
    leise Musik. Trampe sah und horchte. Aber nicht lan-
    ge, so trat ein Ritter an ihn heran, legte ihm eine
    schwere Hand auf die Schulter und fragte, ›ob er der
    Böttcher aus Freienwalde sei‹. Und als Trampe be-
    jaht hatte, befahl er ihm, die Fässer zuzuschlagen:
    ›Das dreizehnte Faß ist für dich.‹ Und nun ging
    Trampe an die Arbeit und schlug alle Fässer zu. Das
    dreizehnte aber, das er vorsichtig gleich beiseite ge-
    stellt hatte, rollte er den Berg hinunter. Er war nun

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    fertig und wollte wieder gehn. Da fuhr es ihm mit
    eins durch den Kopf, ›ob nicht der Ritter jedes dreizehnte Faß gemeint haben könnte‹, und als er noch
    so dachte, rollte er auch schon heimlich ein zweites
    Faß bergab. Als er aber unten ankam, lag nur ein
    Faß da. ›Hm‹, dachte Trampe, ›wirst es noch mal
    versuchen‹, und stieg wieder bergauf und rollte ein
    drittes Faß hinunter. Und sehen Sie, das war es ja
    grade, was sie gewollt hatten, und als er wieder un-
    ten war, war alles verschwunden, auch das erste
    Faß, und nur an der Vorderspitze des Kahns saß wie-
    der der Pudel und sagte: ›Trampe, du hast ver-
    spielt.‹ Das ärgerte Trampen, und er dachte, als sie
    zurückfuhren: ›Das soll dir auch nicht wieder passie-
    ren.‹ Ist ihm auch nicht wieder passiert, denn die
    Uchtenhagens haben ihn nie wieder holen lassen,
    wenn sie einen brauchten, um ihre Fässer zuzuschla-
    gen.«
    Die Geschichte, die bedeutungsvoll mit dem Zusatz:
    »wie sie sich die Kiezer erzählen«, eingeführt worden
    war, war kaum zu Ende, so hielten wir auch schon
    am Fuß des Schloßberges, vielleicht an derselben
    Stelle, wo an jenem Abend der bedenkliche Uchten-
    hagensche Fährmann seinen Kahn gelandet hatte.
    Wir sprangen vom Wagen, schirrten aus, schlugen
    die Leine vorsichtshalber um einen Baumstamm,
    wiewohl der Charakter unseres Einspänners alle
    möglichen Garantien für sein Wohlverhalten bot, und
    stiegen den Berg hinan. Es war inzwischen immer
    finsterer geworden, und dichte Schatten lagen um
    uns her, die durch zwei Lichter am Ausgang einer
    seitwärts gelegenen Schlucht nur noch zu wachsen

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    schienen. Ich war etwas zurück geblieben und beeilte
    mich, weil ich an Trampe dachte, wieder an die Seite
    des Führers zu kommen. Und es gelang auch. In
    demselben Augenblick aber, wo ich seinen Arm
    streifte, klang es wie Hundeblaff von der Schlucht
    her über den Berg, und ich zuckte zusammen und
    stand. Der Führer, der

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