Wanderungen durch die Mark Brandenburg
man ihm entgegenkam,
übertrafen seine Erwartung, aus den zwanglosen
Vorlesungen wurde ein »Institut«, das im kleinen
bereits all die Züge der erst mehrere Jahre später ins
Leben tretenden Mögliner Akademie besaß.
So kam das Jahr 1804, das unsern Thaer nach Preu-
ßen führte.
Schon 1799 und 1801 hatte er Reisen in die Mark,
besonders in die Oderbruchgegenden, gemacht und
dabei die Frau von Friedland, eine Tochter des Gene-
rals von Lestwitz, sowie deren Tochter und Schwie-
gersohn, den Landrat Grafen von Itzenplitz, kennen-
gelernt. Der Aufenthalt in Kunersdorf, dem schönen
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Gute der Frau von Friedland, wo diese ausgezeichne-
te, mit allen Details der Wirtschaftsführung vertraute
Frau lebte, war ihm genuß- und lehrreich gewesen,
und vielfach erstarkt und ermutigt, war er nach sei-
nem Landgütchen an der Aller zurückgekehrt. Die
Hauptbedeutsamkeit dieser Reisen lag aber darin,
daß sie zu seiner Übersiedelung nach Preußen erheb-
lich mitwirkten.
Die nächste Veranlassung zu dieser Übersiedelung
entsproß aus der politischen Lage. Der Wiederaus-
bruch des Krieges zwischen Frankreich und England
hatte zur Besetzung Hannovers durch die Franzosen
geführt. Die Not des Landes schmerzte ihn tief,
trotzdem er persönlich unter der französischen Okkupation nicht zu leiden hatte. Ja, General Mortiers
Anordnungen behandelten ihn als Verfasser der
»Englischen Landwirtschaft« mit besonderem Re-
spekt. Nichtsdestoweniger konnte ihn sein persönli-
ches Gesichertsein über die allgemeine Lage nicht
trösten.
In dieser Zeit war es, daß Thaer sein Auge auf Preu-
ßen richtete, auf Preußen, das er für die einzige feste Vormauer gegen hereinbrechende Anarchie und Des-potismus hielt. Die Idee einer Übersiedelung kam
ihm; Briefe, nach Kunersdorf hin gerichtet, sprachen
verwandte Wünsche aus, und Graf Itzenplitz – übri-
gens bei Hardenberg und Beyme dem entschiedens-
ten Entgegenkommen begegnend – führte mit Um-
sicht und Gewandtheit die ganze Angelegenheit zu
einem glücklichen Ende. Schon im Februar 1804 er-
hielt Thaer einen Brief vom Minister Hardenberg, in
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dem es hieß: »Für mich würde nichts erwünschter
sein als die Möglichkeit, mich recht oft Ihres ange-
nehmen und lehrreichen Umgangs erfreuen zu kön-
nen, aber noch weit größer würde meine Zufrieden-
heit sein, wenn ich Sie dem preußischen Staate er-
werben könnte... Eröffnen Sie mir freimütig Ihre
Wünsche und die Bedingungen, die Sie verlangen
würden.« Thaer reiste gleich nach Eingang dieses
Briefes nach Berlin, »um das Eisen zu schmieden,
solang es noch heiß sei«, und bereits am 19. März
erhielt er folgendes königliche Schreiben:
»Mein Herr Leibmedikus! Ich habe mit Vergnügen
vernommen, daß Sie entschlossen sind, sich in Mei-
nen Staaten niederzulassen und Ihr landwirtschaftliches Lehrinstitut hierher zu verlegen, wenn Sie für die mit dieser Veränderung verbundenen Schäden
und Kosten entschädigt und in den Stand gesetzt
wurden, Ihre gemeinnützlichen Arbeiten für die Ver-
besserung der Landwirtschaft, welche künftig vor-
züglich die Landeskultur in den preußischen Staaten
bezwecken werden, fortzusetzen. Da Ich mir nun von
Ihrem rühmlichst bekannten Eifer, Fleiße und Kennt-
nissen den größten Nutzen für die Landeskultur ver-
spreche, so habe Ich Ihnen sehr gern die gemachten
Bedingungen, wie Sie aus der abschriftlich anliegen-
den erlassenen Ordre ersehen werden, bewilligt und
wünsche, daß Sie recht bald imstande sein mögen,
Ihre Niederlassung in Meinen Staaten auszuführen.
Bis dahin verbleibe Ich Ihr gnädiger
Friedrich Wilhelm.«
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Die beigelegte Ordre enthielt, außer der Aufnahme in
die Akademie der Wissenschaften und dem Charak-
ter als Geheimer Kriegsrat, folgende Zugeständnisse:
1. drei- bis vierhundert Morgen Acker des Amts Wol-
lup in Erbpacht; 2. die Erlaubnis, diese Erbpacht zu
veräußern und ein Rittergut dafür zu kaufen;
3. Schutz und Begünstigung des landwirtschaftlichen
Instituts.
Thaer nahm an; verkaufte den ihm in Erbpacht ge-
gebenen Teil des später durch Koppe so berühmt
gewordenen Amtes Wollup, erstand dafür das Ritter-
gut Möglin nebst dem Vorwerk Königshof, schloß im
Herbst (1804) sein bis dahin in Celle fortgeführtes
Lehrinstitut, »dem der Ruhm verbleiben wird, die
erste landwirtschaftliche Lehranstalt in Deutschland gewesen zu sein«, und wanderte, einige Wochen
später, mit
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