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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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das nun herauskomme, nicht vor Augen ge-
    sehen und habe zugegeben, soviel das Gewissen nur
    zugeben könne. Nunmehr aber sei er, re diu et accu-
    rate pensitata, der Ansicht, daß die begehrten Re-
    verse von den Lutherischen nicht mit gutem Gewissen ausgestellt werden könnten. »Ich bitte«, so
    schließt er, »um Gottes und so vieler geängstigten
    Gewissen Willen, Ew. Kurfürstliche Durchlaucht
    erbarme sich doch und überhebe sowohl die Prediger
    als die Ordinandos des Reverses und lasse uns doch
    in Gnaden widerfahren, was den Päpstlichen nicht versaget wird.«
    Nach dieser Erklärung wurde Fromm aus dem Kon-
    sistorium entlassen. Die Beziehungen zwischen ihm
    und den Reformierten waren abgebrochen, und was
    das Schlimmste war, auch das Luthertum zeigte sich
    abgeneigt, demjenigen, der so lange sein wenigstens
    scheinbarer Gegner gewesen war, jetzt goldene Brü-

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    cken zu bauen. Es gab nur ein Mittel, eine kirchliche Gemeinschaft wieder zu gewinnen, und dies Mittel
    hieß: Widerruf, Lossagung von aller Synkretisterei
    und Glaubensvermengung. Fromm, vergeblich nach
    einem andern Ausweg suchend, war endlich bereit,
    unter das Joch hinwegzugehen, aber er mochte das
    beschämende Wort des Widerrufs wenigstens nicht in
    Berlin, nicht innerhalb seiner alten Umgebung spre-
    chen. Auch stand der reformierte Stosch mit den
    Frommschen Briefen im Hintergrund und wartete auf
    einen Éclat. Diesen »Éclat« wollte Fromm unter allen
    Umständen vermeiden. So verließ er denn heimlich
    die Stadt, am 20. Juli 1666, in der er jahrelang, wie
    selbst seine Gegner nicht zu bestreiten wagten, se-
    gensreich gewirkt hatte.
    Er ging nach Wittenberg, wo er in die Hände des
    strengen Abraham Calov fiel. Dieser unterzog ihn
    einer Prüfung und nahm ihn endlich in die streng-
    lutherische Gemeinschaft wieder auf, nachdem der
    scheinbar Bekehrte den in Sachsen gebräuchlichen
    Religionseid geschworen und dieselbe »Formula Con-
    cordiae« unterschrieben hatte, gegen die er, während der Jahre seiner besten Kraft, als gegen einen
    Druck und Zwang der Gewissen (wie später gegen
    die Reverse) geeifert hatte.
    Die Umkehr, hart wie sie war, hätte wenig zu bedeu-
    ten gehabt, wenn sie ehrlich gemeint gewesen wäre.
    Aber sie war nicht ehrlich gemeint und konnte es
    nicht sein. Alles, was unserm Fromm jemals als Be-
    drückung und Unfreiheit, gleichviel von welcher Seite her, erschienen war, erschien ihm jetzt nicht minder

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    so, und wenn er nichtsdestoweniger dem Ansinnen
    Abraham Calovs nachgab, so folgte er mehr einer
    stumpfen Verzweiflung als einer neuen, freudigen
    Überzeugung.
    Daß ihn Wittenberg wenig befriedigte, zeigte sich
    bald. Die Superintendentur in Eisenberg im Sächsi-
    schen war vakant geworden, und alles deutete dar-
    auf hin, daß ihm dieselbe zufallen werde; aber diese
    Aussicht, statt ihn zu erheben, drückte ihn vollends
    nieder. Abraham Calov und »Formula Concordiae«,
    Wittenberg und starres Luthertum, alles lag berge-
    schwer auf ihm, schwerer denn je zuvor, und seine
    Seele sehnte sich nach Freiheit oder wenigstens nach
    Ruhe . So beschloß er zu fliehen. Eine Reise vorschützend, machte er sich von Abraham Calov fort und
    ging mit seiner Frau und fünf Kindern heimlich und in
    aller Stille nach Prag. Zu Anfang des Jahres 1668
    legte er daselbst in einer Kirche der Jesuiten das
    katholische Glaubensbekenntnis ab. Nicht lange dar-
    auf wurd er in den gewöhnlichen Abstufungen zum
    Priester geweiht. Sein Übertritt machte Aufsehen,
    sowohl innerhalb der protestantischen wie katholi-
    schen Welt, und ein Jesuit, namens Tanner, entwarf
    einen ausführlichen Bericht über die Feierlichkeiten,
    die bei der Konversion stattgefunden hatten. Die
    Protestanten ihrerseits begnügten sich, Spottverse
    auf ihn zu machen, und einer stellte aus seinem Na-
    men Andreas Fromm das Anagramm zusammen: den
    fraß Roma . Fromm selbst lebte noch eine Reihe von Jahren und starb 1685 als Canonicus zu Leitmeritz in
    Böhmen. Während dieser seiner letzten Epoche, die,
    wenn nicht die glücklichste, so doch jedenfalls die

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    friedlichste Zeit seines Lebens war, soll er, nach Ansicht Otto Schulz's (des bekannten Berliner Schulrats
    und Herausgebers der Paul Gerhardtschen Lieder),
    die »Lehninschen Weissagungen« geschrieben und
    die Muße, die ihm der Katholizismus gewährte, zu
    einem Verurteilungsgedicht der protestantischen Ho-
    henzollern benutzt haben. Ich kann diese Ansicht
    nicht teilen.1)
    Ebensowenig kann ich mich

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