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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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spä-
    ter entstanden ist, trennen sich aber in der
    Frage, wer der Verfasser gewesen sei . Jeder,
    der sich mit der »Weissagung« beschäftigt
    hat, hat auch seinen eigenen Kandidaten auf-
    gestellt. Der Kandidat unseres Otto Schulz
    heißt – Andreas Fromm . Drei Beweise bringt
    er für die Verfasserschaft des letzteren bei:
    1. er hatte vor vielen andern die Fähigkeit
    und 2. vor vielen andern die Veranlassung
    (Groll, Bitterkeit) dazu; endlich 3. war er der
    spezielle Freund Martin Seidels, in dessen
    Bibliothek man (nach Seidels Tode) das Ma-
    nuskript der »Weissagung« vorfand. Diese
    drei Punkte sind sehr geschickt zusammenge-
    stellt, aber sie genügen keineswegs. Nach der
    ganzen Charakteranlage Fromms liegt kein
    Grund zu der Annahme vor, daß er seine Si-
    cherheit und seine Muße zu einem Angriff auf
    die Hohenzollern (die dem Unfrieden und den
    Zänkereien gerad ebenso abhold waren wie er
    selbst) hätte benutzen sollen. Das lag nicht in
    ihm. Außerdem sprechen Einzelheiten, beson-
    ders in den acht Zeilen, die sich auf George
    Wilhelm und den Großen Kurfürsten beziehen,
    gegen diese Annahme, teils durch das, was
    sie sagen, noch mehr durch das, was sie nicht
    sagen.

    123

    5. Kronprinz Friedrich in Ruppin

    Die Wetter waren verzogen,
    Und die Sonne wieder schien –
    Es spannt sich ein Regenbogen
    Auf dem dunklen Grunde Küstrin.

    I
    Das der Thronbesteigung des großen Königs vorher-
    gehende Jahrzehnt, also der Zeitraum von 1730 bis
    1740, pflegt in zwei ungleiche Hälften geteilt zu wer-
    den, in die düstern Tage von Küstrin und in die la-
    chenden Tage von Rheinsberg.
    Diese Einteilung, die sich neben andrem auch durch
    den Reiz des Gegensatzes empfiehlt, mag der gan-
    zen Welt ein Genüge tun, nur die Stadt Ruppin hat
    ein Recht, dagegen zu protestieren und eine Dreiteilung in Vorschlag zu bringen. Zwischen den Tagen von Küstrin und Rheinsberg liegen eben die Tage von
    Ruppin.
    Es ist wahr, die Ruppiner Episode ist unscheinbarer,
    undramatischer, kein Katte tritt auf das Blutgerüst,
    und kein Bayard-Orden wird gestiftet, aber auch die-
    se stilleren Tage haben ihre Bedeutung. Versuch ich

    124
    es, ihnen in nachstehendem ihre Existenz zurückzu-
    erobern.
    Am 26. Februar war Kronprinz Friedrich von Küstrin
    in Berlin wieder eingetroffen, und zwölf Tage später
    (am 10. März) erfolgte seine Verlobung. Aller Zwie-
    spalt schien vergessen. »Obristlieutenant Fritz«, über
    dessen Haupte vor nicht allzulanger Zeit das Schwert
    geschwebt hatte, war wieder ein »lieber Sohn« und
    Oberst und Chef eines Regiments. Dies Regiment,
    das bis dahin compagnieweis in den kleinen Städten
    der Prignitz und des Havellandes, in Perleberg, Pritz-
    walk, Lenzen, Wittstock, Kyritz und Nauen, in Garni-
    son gelegen und nach seinem frühern Chef den Na-
    men des von der Goltzschen Regiments geführt hat-
    te, wurde jetzt zu größerer Bequemlichkeit für den
    Kronprinzen in Ruppin und Nauen konzentriert. Das
    Regiment selbst aber erhielt den Namen »Regiment
    Kronprinz«.
    Bratring, in seiner Geschichte Ruppins, schreibt, daß
    im Jahre 1732 das zweite Bataillon des Prinz-von-
    Preußen -Infanterieregiments nach Ruppin verlegt worden sei. Dies ist in doppelter Beziehung nicht
    ganz richtig. Es gab damals noch gar kein Prinz-von-Preußen -Infanterieregiment, weil es noch keinen Prinzen von Preußen gab. Erst 1744 wurde Prinz August Wilhelm zum Prinzen von Preußen ernannt und
    seinem Regiment der entsprechende Name gegeben.
    Sein Regiment hieß bis dahin das Prinz Wilhelmsche
    Regiment. Dies stand allerdings zu Neuruppin in Garnison, es kam aber 1732 – und dieser Irrtum ist
    der gewichtigere – nicht nach Ruppin, sondern ward 125
    umgekehrt von Neuruppin nach Spandow fortverlegt, um dem einrückenden Regiment Kronprinz (bis dahin
    von der Goltz) Platz zu machen.
    Wenn wir, wie im nachstehenden geschehen soll, die
    Erlasse des königlichen Vaters zusammenstellen, die
    jener Zeit der Wiederversöhnung angehören und sich
    damit beschäftigen, dem wieder angenommenen
    Sohne sein Entrée und sein Leben in Neuruppin mög-
    lichst angenehm zu machen, so wird man von der
    Vorsorglichkeit und einer gewissen Zärtlichkeit des
    Vaterherzens (eines Vaters, der achtzehn Monate
    früher mit dem Tode gedroht hatte) nicht wenig ü-
    berrascht. So scheint es ihm beispielsweise zu Ohren
    gekommen zu sein, daß Ruppin auf einem seiner
    Plätze, dem noch jetzt existierenden Neuen Markt,
    einen alten Militairgalgen für

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