Wanderungen durch die Mark Brandenburg
die Deserteure habe.
Voll feinen Gefühls erkennt er, daß das an die
Küstriner Novembertage von 1730 erinnern könne,
und in folgenden Erlassen trifft er Vorsorge, daß dem
Auge des Sohnes solch Anblick erspart werden mö-
ge. »Der Galgen soll außer der Stadt herausge-
schafft, auch die Palisaden an die Mauer gesetzt und
alle Schlupflöcher zugemacht werden. Muß alles ge-
gen den 20. Juni fertig sein. Auch soll das Haus dicht
bei des Obristen von Wreech Quartier, so der Kron-
prinz von Dero Quartier choisieret, gehörig aptieret
werden.« (Potsdam, Reskript vom 24. Mai 1732.)
Aber nicht nur der häßliche Schmuck des Neuen
Marktes soll fort, die ganze Stadt soll sich dem Ein-
ziehenden, dem neuen Mitbürger, in ihrem besten
Kleide präsentieren, und, so heißt es in einer zweiten
Ordre vom Tag darauf: »das Prinz Wilhelmische Re-
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giment soll den 1. Juni aus Neuruppin ausmarschie-
ren. Dann soll gleich der Kot aus der Stadt geschafft
und die Häuser, die noch nicht abgeputzt sind, sollen
abgeputzt werden.«
Wir haben in vorstehendem festzustellen gesucht,
welches Regirnent damals als »Regiment Kronprinz«
nach Ruppin und Nauen hin verlegt wurde; schwerer
ist es, sich zu vergewissern, welches Bataillon in
Ruppin und welches in Nauen lag. Wir finden darüber
Widersprechendes. Am 22. April (1732) erläßt der
König folgendes Reskript an den Kriegsrat Lütkens:
»Das erste Bataillon des kronprinzlichen Regiments
soll in Nauen und das andre Bataillon in Neuruppin vom 1. Juli 1732 an einquartieret werden«, und im
Einklang mit dieser Ordre schreibt derselbe Kriegsrat
Lütkens noch am 20. Juni an den Ruppiner Magist-
rat: »So wird denn also das zweite Bataillon des be-sagten Regiments am 26. Juni in Ruppin einmar-
schieren.« Aber der König oder der Kronprinz müs-
sen plötzlich ihre Ansicht hierüber geändert haben,
denn schon Anfang Juli heißt es in einem Briefe aus
Ruppin: »Unsere neue Garnison ist eingerückt, das
erste Bataillon des Regiments ›Kronprinz‹ ist hier, auch der Kronprinz selbst, der Obristwachtmeister
etc.« Diese letztere Angabe stimmt auch mit Preuß
überein. Ingleichen bestätigen die Papiere, die mir
zur Hand sind, die Angabe, daß von den fünf Com-
pagnien des zu Nauen in Garnison liegenden Batail-
lons eine weggenommen und der Ruppiner Garnison
zugeteilt wurde. In einem Reskripte vom
30. November 1733 heißt es: »Von den fünf Com-
pagnien des kronprinzlichen Regiments, die zu Nau-
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en liegen, soll eine Compagnie, und zwar die des von
Calebutz, nach Neuruppin hin verlegt werden.« Dies
geschah, weil Nauen zu klein war für eine so große
Garnison. Soviel von dem Regiment, dem der Kron-
prinz als Chef und Oberster vorgesetzt war.
Die nächste Frage ist: Wann traf der Kronprinz in
Neuruppin ein? Preuß sagt: »bereits im April«. Dies
scheint nur in gewissem Sinne richtig zu sein. Er war
allerdings im April dort, aber, wie wir annehmen
müssen, nur auf einen oder auf wenige Tage, nur
ausreichend, um eine passende Wohnung zu suchen.
Der König in dem oben zitierten Reskript (vom
24. Mai) schreibt: »Die Wohnung, die der Kronprinz
zu seinem Quartier choisiert , soll aptieret werden«, woraus sich mit ziemlicher Gewißheit ergibt, daß er,
der Kronprinz, vorher selber da war, um eben die
Wahl zu treffen. Aber ebenso sicher scheint es, daß
er erst Ende Juni zu wirklichem Aufenthalt in Ruppin eintraf, denn nicht nur, daß den Personen, die für die
»Aptierung« der Oberst von Wreechschen Wohnung
Sorge zu tragen hatten, ausdrücklich bis zum
20. Juni Zeit gelassen ward, es schreibt auch der
Fähnrich von Buddenbrock am 22. Juni: »Die neue
Garnison wird am 26. dieses erwartet, und der Kron-
prinz wird im Wreechschen Hause logieren.« Also er
war noch nicht da und traf erst, mutmaßlich am gleichen Tage mit seinem Bataillon, gegen Ende des Juni
am neuen Wohnort ein.
Das Palais, das er bezog, lag in der Nähe der Stadt-
mauer, nur durch einen Garten von ihr getrennt, und
war durch die Verbindung zweier Nachbarhäuser, der
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Wohnung des mehrgenannten Obristen von Wreech
und des Obristlieutenants von Möllendorf, die bis
dahin wahrscheinlich das Prinz Wilhelmsche Re-
giment geführt hatten, in aller Eile hergestellt wor-
den. An Komfort mochte Mangel sein, und dieser
Umstand trug gewiß das Seine dazu bei, daß, zwei
Jahre später, das Rheinsberger Schloß gekauft und,
nachdem es hergerichtet war,
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