Wanderungen durch die Mark Brandenburg
der Gruft drei Salven, und
der Stadtkommandant sowie vierzig französi-
sche und mehrere verwundete österreichische
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Offiziere geleiteten ihn zu Grabe. Er ruht auf
dem Kirchhofe zu Nikolsburg in Mähren, »hin-
geopfert dem unsinnigen Befehle eines
schwachköpfigen Untergenerals«, wie sein äl-
tester Bruder in unerbittlicher Kritik schreibt.
Ebendieser hat ihm auch auf dem Frieders-
dorfer Kirchhof einen Denkstein errichtet.
»Mit mir wird es besser. Zwar will mir das Herz noch
zuweilen erkranken, aber ich gebiete ihm Ruhe. Wille
und Tätigkeit bändigen es. Machen Sie sich meinet-
wegen keinen Kummer. Untergehen kann ich, aber
mir zum Ekel, andern zur Last leben, das kann ich
nicht . Und das ist doch noch sehr glücklich. Ich habe in dieser Zeit zuweilen an den Selbstmord gedacht,
aber immer ist er mir vorgekommen wie eine ver-
suchte Roheit.«
»Ich bin bis jetzt hier geblieben, teure Rahel, und hatte vor, noch einen Monat hier zu bleiben, weil,
ungeachtet der Gespenster, die in meinem Innern
herumwandeln, doch eigentlich der Körper durch
Landluft gedeiht und ich jene durch Tätigkeit zu ver-
scheuchen hoffte. Aber ich traue nicht mehr, denn
gesunder bin ich zwar, aber nicht weniger reizbar.
Ein einziger Moment kann mich dahin zurückwerfen,
wo ich war, und was am Ende aus dem finstern Brü-
ten werden kann, übersehe ich nicht. Nun sehe ich
zwei Auswege. Der eine ist, mit Ihnen nach Teplitz
zu gehen (unbeschreiblich reizend), der andere ist
eine Reise nach England und von dort aus weiter
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nach Spanien, wo ich Dienste nehmen kann. Wäre es
so unrecht, die Kraft der südlichen Sonne an mir zu
prüfen?«
Diese Bruchstücke zeigen zur Genüge, daß er unmit-
telbar vor seinem Abgange aus Berlin einen
Entschluß gefaßt hatte. Er will den Anblick fliehen,
der so viele Gefahren in sich birgt; darum dehnt er
auch den Aufenthalt in Friedersdorf aus. Er will nicht
nach Berlin zurück, denn »er traut sich selbst nicht
und fürchtet, daß er dahin zurückgeworfen werden
könne, wo er war«. Er bangt vor der Möglichkeit
neuen Brütens, neu aufsteigender Gespenster, und
er will fort, weit fort – nach Spanien. Er will Dienste nehmen und das Notwendige und Nützliche zugleich
erfüllen, notwendig ihm allein, aber nützlich der Allgemeinheit, der guten Sache.
Rahels Antworten indessen halten ihn in der Heimat
fest und führen ihn endlich aus seiner Friedersdorfer
Verbannung wieder in die Welt zurück. »Sie dürfen
nicht vereinsamen. In Friedersdorf ist keine Gesell-
schaft für Sie, und die müssen Sie haben, lebendi-
gen, alles anregenden Umgang. Sie gehen da in Ih-
ren eigenen Stimmungen wie in einem Zauberwald
umher und werden bald nichts mehr vernehmen
können.«
Zuletzt hat er überwunden, und er schreibt, frühere
Briefworte Rahels in seiner Antwort wiederholend:
»›Leben, lieben, studieren, fleißig sein, heiraten,
wenn's so kommt, jede Kleinigkeit recht und leben-
dig machen, dies ist immer gelebt, und dies wehrt
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niemand‹;... Ja, Sie haben recht, liebe Rahel. Ja, ich
weiß das jetzt . Fernab sind mir jetzt alle Träume von Heldengröße und äußerer Bedeutsamkeit; führt mich
das Schicksal dahin, wo ich in großen Kreisen zu wir-
ken habe, so will ich auch das können, aber meine Hoffnungen, meine Pläne sind nicht darauf gestellt.
Ich klage auch nicht länger über die Zeit; ganz
dumm ist, wer das tut. Wem das Herrliche im Gemüt
gegeben ist, dem wird alle Zeit herrlich.«
Beinahe gleichzeitig mit diesem Briefe sehen wir
Marwitz nach Berlin zurückkehren, und ein neues,
klareres Leben beginnt. Es ist plötzlich, als habe der
Most ausgegoren. Viele Ideale sind hin, aber das
Schillersche Trostwort: »Beschäftigung, die nie er-
mattet«, wird auch ein Trostwort für ihn. Ernst, Ar-
beit nehmen von ihm Besitz, das wirkliche Leben,
wie es ist, wohl oder übel, ist plötzlich für ihn da, er stellt sich zu demselben und tritt, mitwirkend, mit-strebend an dem Nächstliegenden, in dieses wirkli-
che Leben ein.
Er übersiedelte nach Potsdam, um bei der dortigen
Regierung als Hülfsarbeiter einzutreten. Zugleich
beschäftigten ihn Vorarbeiten zu einem juristischen
oder kameralistischen Examen, das er noch zu ab-
solvieren hatte. Es heißt, als er einige Monate später
wirklich an die Absolvierung desselben ging, hätten
die Examinatoren offen erklärt, »daß es sich bei dem
glänzenden und vielseitigen Wissen des zu
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