Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Linken.«
Aber alle diese Mahnungen zu größerer Strenge wa-
ren vergeblich. Das Kriegsgericht blieb bei seinem
Spruch, und Achaz von der Schulenburg, in seiner
Eigenschaft als Vorsitzender, antwortete unterm
31. Oktober: »Nachdem er nochmals reiflich erwogen
und wohl überleget, finde er sich in seinem Gewissen
überzeuget, daß es dabei bleiben müsse und solches zu ändern ohne Verletzung seines Gewissens nicht
geschehen könne noch in seinem Vermögen stehe.«
Worauf nun, de dato Wusterhausen am
1. November 1730, jener königliche Machtspruch
erfolgte, der den durch Kriegsgericht lediglich zu
lebenslänglicher Festungshaft verurteilten Katte mit
dem Tode bestrafte. Unter Fortlassung einiger weniger, die drei mitangeklagten Lieutenants von Keith,
von Spaën und von Ingersleben3) betreffenden Sätze,
lautete diese berühmt gewordene » Cabinetsordre «
wie folgt:
»Se. Königliche Majestät in Preußen, Unser allergnä-
digster König und Herr, haben das Denenselben ein-
gesandte Kriegesrecht durchlesen, und sind mit
demselben in allen Stücken sehr wohl zufrieden.«
(Folgt die Zustimmung zu dem über die Lieutenants
von Keith, von Spaën und von Ingersleben gefällten
Urteile.)
»Was aber den Lieutenant v. Katt und dessen
Verbrechen, auch die vom Kriegsrecht deshalb ge-
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fällte Sentenz anlanget, so sind S. K. M. zwar nicht
gewohnt, die Kriegsrechte zu schärfen, sondern
vielmehr, wo es möglich, zu mindern, dieser Katt
aber ist nicht nur in meinen Diensten Offizier bey der
Armee, sondern auch bey der Garde Gens D'Armes,
und da bey der ganzen Armee meine Offiziers mir
getreu und hold sein müssen, so muß solches um so
mehr geschehen von den Offiziers von solchen Regimentern, indem bey solchen ein großer Unter-
schied ist, denn Sie immediatement Sr. Königl. Ma-
jestät und Dero Königlichem Hause attachirt seyn,
um Schaden und Nachtheil zu verhüten, vermöge
eines Eides.
Da aber dieser Katt mit der künftigen Sonne trami-
ret, zur Desertion mit fremden Ministern und Ge-
sandten allemal durch einander gestecket, und er
nicht davor gesetzet worden, mit dem Kronprinzen
zu complottiren, au contraire es Sr. Königlichen Ma-
jestät und dem Herrn General-Feldmarschall
v. Natzmer hätte angeben sollen, so wüßten S. K. M.
nicht, was vor kahle Raisons das Kriegsrecht ge-
nommen, und ihm das Leben nicht abgesprochen
hätten. S. K. M. werden auf die Art sich auf keinen
Offizier noch Diener, die in Eid und Pflicht stehen,
verlassen können. Denn solche Sachen, die einmal in
der Welt geschehen, können öfters geschehen. Es
würden aber dann alle Thäter den Prätext nehmen,
wie es Katten wäre ergangen, und weil der so leicht
und gut durchgekommen wäre, ihnen desgleichen
geschehen müßte. S. K. M. seynd in Dero Jugend
auch durch die Schule geloffen, und haben das latei-
nische Sprüchwort gelernet: Fiat Justitia et pereat
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mundus! Also wollen Sie hiermit, und zwar von
Rechtswegen, daß der Katte, ob er schon nach denen
Rechten verdient gehabt, wegen des begangenen
Crimen Laesae Majestatis mit glühenden Zangen
gerissen und aufgehenket zu werden, Er dennoch
nur, in Consideration seiner Familie, mit dem
Schwert vom Leben zum Tode gebracht werden sol-
le. Wenn das Kriegsrecht dem Katten die Sentence
publicirt, soll ihm gesagt werden, daß es Sr. K. M.
leid thäte, es wäre aber besser, daß er stürbe, als
daß die Justiz aus der Welt käme.
F. Wilhelm.«
1. Diese Memoiren der Markgräfin sind nichts-
destoweniger, wie nicht genug anerkannt
werden kann, von einem unschätzbaren Wert.
Im einzelnen haben sie beständig unrecht, im
ganzen haben sie beständig recht. Handelt es
sich darum, ob etwas an diesem oder jenem
Tage geschah, soll über Personen und Namen
Endgültiges festgestellt werden, so lassen sie
einen im Stich. Mitunter auch dann noch,
wenn sie Selbsterlebtes erzählen. Aber das
Gesamtbild, vor allem die Stimmung jener
Tage, ist in unübertrefflicher Weise wiederge-
geben. Selbst die Charakteristik der Personen
– einige wenige ausgenommen, wo der Groll
über erlittene Unbill ihr Urteil trübte – halte
ich im wesentlichen für zutreffend. Wenn es
heißt daß sie den König zu streng beurteilt
1299
habe, so ist das nur halb richtig. Das Große,
was unzweifelhaft in ihm steckte, können wir
leicht bewundern; seiner Umgebung aber, die
vor ihm zitterte, war es mindestens schwer
gemacht, dies Große jeden
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