Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Veranlassung des Generallieutenants
von der Schulenburg selbst angefertigt worden. Ihre
Orthographie, weil man sich an die Originale hielt,
weicht hier und dort untereinander ab. Die von die-
sen Verhandlungen bisher allein bekannt gewordene
Cabinetsordre vom 1. November 1730 (in der der
König das nicht auf Tod lautende Urteil des Kriegsgerichts umstößt, um es seinerseits zu verschärfen)
stimmt mit dem Abdruck derselben bei Preuß bis auf
wenige unwesentliche Punkte überein.«
Soweit Professor Danneil. Seiner wichtigen Veröf-
fentlichung entnehme ich nunmehr das unmittelbar
Folgende. Zunächst einige Daten, die, namentlich
auch, was die abweichenden Zahlenangaben betrifft, auf Zuverlässigkeit Anspruch haben.
1293
Unterm 22. Oktober wurde das Kriegsgericht von
seiten des Königs ernannt. Es bestand aus fünfzehn
Offizieren, die sich in fünf Ranggruppen sonderten.
Und zwar:
Generalmajor von Schwerin
Generalmajor von Dönhoff
Generalmajor von Linger
Oberst von Derschau
Oberst von Stedingk
Oberst von Wacholtz
Oberstlieutenant von Weyher
Oberstlieutenant von Schenck
Oberstlieutenant von Milagsheim
Major von Einsiedel
Major von Lestwitz
Major von Lüderitz
Capitain von Itzenplitz
Capitain von Pudewels2)
Capitain von Jeetze.
Am 27. Oktober traten diese fünfzehn Offiziere, aber
zunächst noch in Gruppen gesondert, zu einer Vorbe-
ratung zusammen, um fünf schriftliche Separatvota abzugeben. Daran schloß sich als sechstes Separat-1294
votum das des Vorsitzenden Achaz von der Schulen-
burg.
Der 28. war der Tag des eigentlichen Kriegsgerichts,
an dem das Endurteil gefällt werden sollte und auch
wirklich gefällt wurde. Dies Urteil in seiner ganzen
weitgedehnten Motivierung hier zu bringen, verbietet
der Raum, weshalb ich mich auf Wiedergabe des
vorerwähnten Achaz von der Schulenburgschen Se-
parat votums beschränke. Dieses Separatvotum
deckt sich inhaltlich mit dem kriegsgerichtlichen Spruch und mag deshalb in Vertretung desselben
hier seine Stelle finden. Es lautete:
»Nach fleißiger und genauer Erwägung sämmtlicher
dem General-Kriegs-Gericht vorgelegenen Akten fin-
de ich , Praeses dieses Gerichtes, nach meinem Gewissen und abgestatteten Eyde mich verbunden
1. Was den Cron-Printzen betrifft, denen sämmtli-
chen dahin gehenden Votis beyzufallen, daß deßelben jetzige Sache nach ihren Umständen von einem
Krieges-Recht nicht ge sprochen werden könne, sondern Sr. K. M. zu überlassen sey, welchergestalt Sie
deßen wiederholte wehmüthige Reu-Bezeugung,
submission und Bitte als König und Vater in Gnaden
anzusehen geruhen mögten.
2. So viel den Hans Hermann Katten anlanget, muß
ich denjenigen Votis beistimmen, welche ewigen
Vestungs-Arrest erkannt haben, Allermaaßen dessel-
ben sonst böser Raht und Anschläge, auch seine dem
Cron-Printzen zur Flucht so offt versprochene und
1295
abgeredete Hülffe dennoch zu keinem Effect und
Würcklichkeit gelanget. Aus meiner gesunden Ver-
nunfft aber und vor mich ich nicht anders begreifen
kann, als daß auch in denen größten Verbrechen ein
sonderbahrer Unterschied zwischen wirklicher Voll-
ziehung der vorgenommenen bösen That und zwi-
schen denen dazu allererst genommenen Mesures
seyn müsse, und eine Lebens Straffe zwar bey jener , nicht aber bey diesen stattfinden könne. Und da es in diesem Falle noch zu keiner wirklichen Desertion
gekommen, so kann ich nach meinem besten Wißen
und Gewißen, auch dem theuer geleisteten Richter-
Eyde gemäß, den Katten mit keiner Lebens-Straffe,
sondern mit ewigem Gefängniß zu belegen mich ent-
schließen.«
Am selbigen, spätestens an dem darauffolgenden
Tage wurde das Urteil – wahrscheinlich unter
Beischluß der Separatvota – dem zu Schloß Wuster-
hausen in finsterer Ungeduld wartenden König ein-
gehändigt. Er war nicht befriedigt und sandte folgende Bemerkung zurück: »Sie sollen Recht sprechen und nit mit dem Flederwisch darübergehen. Das
Kriegsgericht soll wieder zusammenkommen und
anders sprechen.«
Auf der Rückseite des Blattes stand von der Hand
des Königs: »5. Buch Mose, Kap. 17, Vers 8 bis 12.
Zweites Buch Samuelis, Kap. 18, Vers 10 bis 12.
Zweites Buch Chronika, Kap. 19, Vers 5 bis 7.« Im
5. Buch Moses heißt es an der Hauptstelle: »Und du
sollst dich halten nach dem Gesetz, das sie dich leh-
ren, und nach dem Recht, das sie dir sagen, daß du
1296
von demselben nicht abweichest, weder zur Rechten
noch zur
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