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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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viele
    Tropfen Blut in meinen Adern fließen, so viele sollen
    es Zeugen sein der neuen Treue und Gehorsams, die
    Dero Gnade und Huld würket; Gottes Gnade und
    Liebe lässet mich auch seiner Gnade hoffen; so ver-
    zweifle denn auch nicht, der darum flehet und bittet,
    als Ew. Majestät ungehorsam gewesener, nunmehr
    aber durch Reu und Leid zu seiner Pflicht getriebener
    Vasall und Untertan
    Katt.«

    So der Brief an den König.
    Gleichzeitig schrieb er an seinen Großvater mütterli-
    cherseits, den Generalfeldmarschall von Wartensle-
    ben. In diesem Briefe bezieht er sich auf sein eben
    an den König gerichtetes Gnadengesuch und schreibt
    wörtlich: »Ihm (Gott) ist nichts unmöglich, es sind
    ihm noch Mittel genug bekannt, um zu helfen; denn
    er kann das Herz des Königs noch regieren und len-
    ken, daß er sich so zur Gnade wiederum kehrt, als er
    sich zur Schärfe bezeiget. Ist es sein Wille nicht , so sei er auch dafür gelobet; denn er kann es nicht an-1303
    ders als gut mit uns meinen; darum gebe mich in
    Geduld und erwarte, was Dero und andrer Vorspra-
    che bei Ihro Majestät für Würkung tun werden.«
    Aber alle »Vorsprache« war umsonst das Gnadenge-
    such selbst blieb unbeantwortet, und am
    3. November früh erschien Major von Schack von
    den Gensdarmes mit einem starken Kommando sel-
    bigen Regiments vor dem Wachtlokal, um den Delin-
    quenten nach Küstrin zu schaffen, wo derselbe »vor
    den Augen des Kronprinzen« enthauptet werden soll-
    te.
    Von Schack war tief erschüttert. »Ich habe Befehl
    von Seiner Majestät«, so wandte er sich an Katte,
    »bei Ihrer Hinrichtung zugegen zu sein. Zweimal
    habe ich mich geweigert, aber ich habe zu gehor-
    chen; Gott weiß es, was es mich kostet. Gebe der
    Himmel, daß das Herz des Königs sich noch wenden
    und ich in letzter Stunde noch die Freude haben
    möchte, Ihnen Ihre Begnadigung anzukündigen.«
    »Sie sind zu gütig«, antwortete Katte, »aber ich bin
    mit meinem Schicksal zufrieden. Ich sterbe für einen
    Herrn, den ich liebe, und habe den Trost, ihm durch
    meinen Tod den stärksten Beweis der Anhänglichkeit
    zu geben.«
    Und danach bestieg er den Wagen, der vor dem
    Wachtlokale hielt, und der Zug setzte sich, durch das
    Landsberger Tor hin, auf Küstrin zu in Bewegung.

    1304

    Von Kattes Überführung nach Küstrin
    Das Kommando unter Major von Schack bestand aus
    dreißig Pferden, einem Rittmeister, einem Lieutenant
    und zwei Unteroffizieren, die den Wagen in ihre Mitte
    nahmen. In diesem selbst saßen außer Katte der
    Major von Schack, der Feldprediger Müller vom Re-
    giment Gensdarmes und ein Unteroffizier. Als sie bis
    an den Wasserlauf der »Landwehr« gekommen, be-
    gann der Feldprediger ein Singen und Beten, und
    besonders war es das Lied: »Weg, mein Herz, mit
    den Gedanken«, was eines Eindrucks auf Katte nicht
    verfehlte. Zu guter Stunde kamen sie ins Quartier
    (nur Dörfer wurden gewählt), und hier sprach Katte
    den Wunsch aus, einen Abschiedsbrief an seinen
    »Herrn Vater schreiben zu dürfen, den er so sehr
    betrübet habe«. Dies wurde ihm bewilligt, und man
    ließ ihn allein, um sich zu sammeln. Aber es wollte
    ihm nicht gelingen, und als Major von Schack nach
    einiger Zeit wieder bei ihm eintrat, fand er ihn noch
    auf und ab gehend. Und dabei klagte er, »daß es so
    diffizil wäre und daß er vor Betrübnis keinen Anfang
    finden könne«. Von Schack sprach ihm zu, und er
    setzte sich nun hin und schrieb. Dieser Brief aber
    war folgenden Inhalts:
    »In Tränen, mein Vater, möcht ich zerrinnen, wenn
    ich daran gedenke, daß dieses Blatt Ihnen die größte
    Betrübnis, so ein treues Vaterherze empfinden kann,
    verursachen soll; daß die gehabte Hoffnung meiner
    zeitlichen Wohlfahrt und Ihres Trostes im Alter mit
    einmal verschwinden muß, daß Ihre angewendete

    1305
    Mühe und Fleiß in meiner Erziehung zu der Reife des
    gewünschten Glücks sogar umsonst gewesen, ja daß
    ich schon in der Blüte meiner Jahre mich neigen
    muß, ohne vorher Ihnen in der Welt die Früchte Ihrer
    Bemühungen und meiner erlangten Wissenschaften
    zeigen zu können. Wie dachte ich nicht, mich in der
    Welt emporzuschwingen und Ihrer gefaßten Hoff-
    nung ein Genüge zu leisten; wie glaubte ich nicht,
    daß es mir an meinem zeitlichen Glück und Wohl-
    fahrt nicht fehlen könnte; wie war ich nicht einge-
    nommen von der Gewißheit meines großen Anse-
    hens! Aber alles umsonst! Wie nichtig sind nicht der
    Menschen Gedanken: mit einmal fällt alles über

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