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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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versichern, daß er vor
    atheistischen Büchern allezeit einen wahren Abscheu
    gehabt habe. Andererseits könne er nicht leugnen,
    daß er öfters »eine Thesin maintenieret«, aber bloß,
    um seinen Verstand sehen zu lassen. Denn er habe
    gefunden, daß solches in belebten Gesellschaften
    »vor sehr artig passieret wäre«. Und so hätte er es
    mitgemacht.
    Auch an diesem Tage – die jedesmalige Tagesfahrt
    war nur vier Meilen – kamen sie früh ins Quartier,
    und er erquickte sich an Kaffee, »der überhaupt sein
    bestes Labsal war«. Sowohl abends wie morgens.
    Der dritte Tag war ein Regentag. Als er gegen Mittag
    Küstrin erkannte, das er immer nur bei Gelegenheit
    des in Sonnenburg (eine Meile östlich von Küstrin)
    stattfindenden Johanniter-Ritterschlages gesehen
    haben mochte, erinnerte er sich des Markgrafen Alb-
    recht, damaligen Herrenmeisters, und hat von
    Schack, dem Markgrafen seinen untertänigsten Re-
    spekt vermelden, demselben auch danken zu wollen,
    daß er ihn in den Johanniterorden aufgenommen
    habe. Dieses sei die höchste Ehre gewesen, die ihm

    1309
    diese Welt erwiesen, und er wolle in schuldiger
    Dankbarkeit dafür bei Gott bitten, den hohen Herrn
    in seinen himmlischen Orden aufzunehmen.
    Während dieses Gespräches waren sie bis an die
    große Oderbrücke gekommen; der Regen ließ nach,
    und die Sonne trat hervor. »Das ist mir ein gutes
    Zeichen«, sagte er, »hier wird meine Gnadensonne
    anfangen zu scheinen.«
    Gleich danach hielten sie vor dem Tor und wurden
    von dem Platzkommandanten von Reichmann emp-
    fangen, der den Delinquenten in eine dicht über dem
    Tor gelegene Stube führte.
    Von hier aus trat er den anderen Morgen seinen letz-
    ten Gang an.

    Der 6. November 1730
    Der nächste Morgen war für die Hinrichtung be-
    stimmt. Eine Relation des Majors von Schack, die
    derselbe dienstlich an den Feldmarschall von Natz-
    mer richtete, enthält eine genaue Schilderung aller
    Vorgänge von dem Augenblick an, wo Katte am 5.
    nachmittags am Küstriner Tore eintraf. Es ist aus
    dieser Relation, daß ich nachstehendes entnehme.
    »... Als wir um zwei Uhr«, so schreibt von Schack,
    »an das Tor kamen, fanden wir daselbst den Kom-

    1310
    mandanten. Er hielt uns an und ließ uns aussteigen.
    Danach nahm er den seligen Herrn von Katt bei der
    Hand und führte ihn die Treppe zum Wall hinauf,
    allwo über dem Tor« (es ist das Tor zwischen Bastion
    König und Bastion Königin; vergleiche die Festungs-
    skizze) »eine Stube mit zwei Betten, eines für Katt
    und das andere für den Feldprediger, präparieret
    war. Der Kommandant sagte mir danach, daß wir
    den Herrn von Katt auch an dieser Stelle noch in
    Verwahrung zu halten hätten, und zeigte mir die
    Punkte, wo unsre Posten am besten auszusetzen
    wären. Gleicherzeit wies er mir die königliche Ordre,
    aus der ich ersah, daß die Hinrichtung am andern
    Morgen um sieben Uhr stattfinden und mein ganzes
    Kommando (aber zu Fuß) den Herrn von Katt in ei-
    nen durch 150 Mann von der Küstriner Garnison zu
    bildenden Kreis hineinführen solle.
    Als ich alles dieses erfahren, ging ich zu dem seligen
    Herrn von Katt, nicht ohne Wehmut und Betrübnis
    des Herzens, und sagte ihm, ›daß sein Ende näher
    sei, als er vielleicht vermute‹. Er fragte auch uner-
    schrocken, ›wann und um welche Zeit?‹ Da ich ihm
    solches hinterbracht, antwortete er mir: ›Es ist mir
    lieb; je eher, je lieber.‹
    Darauf hat ihm der Gouverneur von Lepel Essen,
    Wein und Bier geschickt, wovon er auch gegessen
    und getrunken.
    Etwas später schickte der Herr Präsident von Mün-
    chow auch Essen und ungarischen Wein, wovon er
    auch genossen. Dann aber nahm unser Feldprediger

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    Müller den dasigen Garnisonprediger Besser mit zur
    Hülfe und blieb in beständiger Arbeit mit ihm. Von
    acht bis neun Uhr war ich mit den anderen Offiziers
    bei ihm, und wir sangen und beteten mit. Weil aber
    die Prediger gern mit ihm allein sein wollten, gingen
    wir weg. Um zehn Uhr ließ man ihm Kaffee machen,
    davon er nachgehende drei Tassen getrunken; mei-
    nen Kerl (Burschen) ließ ich die ganze Nacht bei ihm,
    ihm an die Hand zu gehen.
    Um elf Uhr ging ich wieder zu ihm; ich konnte nicht
    schlafen; aber wenn ich noch so bekümmert und
    beängstet war und sah ihn nur, so richtete und mun-
    terte seine Standhaftigkeit mich wieder auf. Und ich
    betete und sang mit bis um ein Uhr morgens. Von
    zwei bis drei Uhr sah man an der Couleur des Ge-
    sichts wohl einen harten Kampf des

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