Wanderungen durch die Mark Brandenburg
seiner Geliebten. Überall zeigte er die Briefe
des Prinzen vor, erhob ihn bis in die Wolken und ta-
delte dagegen jegliches, was der König tat. Seine
Sitten waren nicht regelmäßiger als sein Verstand; er
debauchierte und brüstete sich, gar keine Religion zu
haben. Vielleicht, daß ihn reifere Jahre geändert hät-
ten. Um diese Zeit aber (1730) war er so, wie die
vorstehende Schilderung ihn gibt. Er war es haupt-1326
sächlich, der die Unzufriedenheit des Prinzen nährte,
denn er ward von demselben in allen Stücken zu
Rate gezogen. Nichts geschah, ohne daß Katte be-
fragt worden wäre, und dabei war er klug genug,
dem Prinzen immer nur das anzuraten, was dieser
wünschte. Es wäre für beide gut gewesen, wenn sie
einander nie kennengelernt hätten.«
Mit dieser Schilderung stimmt überein, was die Prin-
zessin Wilhelmine (Markgräfin) von ihm schreibt:
»Sein Gesicht war mehr abstoßend als einnehmend;
ein Paar schwarze Augenbrauen hingen ihm fast über
die Augen. Sein Blick hatte etwas Unheimliches, et-
was, was ihm sein Schicksal prophezeite. Eine dunk-
le, von den Blattern bezeichnete Hautfarbe vermehr-
te seine Häßlichkeit. Er spielte den esprit fort und
trieb die Liederlichkeit bis zum Exzeß. Viel Ehrgeiz
und Keckheit begleiteten dieses Laster. Zugleich a-
ber«, so fährt sie fort, »besaß er Geist, Belesenheit
und Welt. Die gute Gesellschaft, in der er sich aus-
schließlich bewegte – so namentlich auch im Hause
des französischen Gesandten Grafen Rothenburg –,
hatte seine Sitten gebildet, was damals in Berlin sehr
selten war.«
Wann die Prinzessin ihn kennenlernte, ist nicht be-
stimmt ersichtlich, wahrscheinlich im Herbst 1729,
als der König von einer nach Lübbenau hin unter-
nommenen Reise zurückkehrte. Vom Mai 1730 an
sahen sie sich jedenfalls häufig. Er überbrachte
schriftliche und mündliche Botschaften hüben und
drüben und nahm an den Aufführungen und litera-
risch-musikalischen Abenden teil, die, wenn der Kö-
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nig in Potsdam oder Wusterhausen war, im königli-
chen Schloß oder in Schloß Monbijou stattzufinden
pflegten. Einmal wurden sie überrascht. »Katte er-
griff Flöte und Noten und sprang mit Quantz beiseit,
um sich zu verstecken.«
Daß er der Prinzessin jemals mehr gewesen wäre als
der Freund und Vertraute ihres Bruders, ist aus
nichts ersichtlich; ihre eigenen Schilderungen sprechen dagegen. Katte seinerseits scheint sich freilich
in jener grenzenlosen Eitelkeit, die sein hervorste-
chendster Charakterzug war, vor aller Welt das An-
sehen gegeben zu haben, als ob ihr Verhältnis ein
intimes gewesen sei. Die Prinzessin erfuhr davon,
und vertraut mit der Tatsache, daß der Berliner Hof
damals so recht eigentlich ein Klatschhof war, ver-
hielt sie sich ablehnend gegen ihn und seine Huldi-
gungen. Es handelte sich dabei ganz besonders um
ein Medaillon- oder Dosenportrait, das er von ihr
besaß, trug und zeigte. Sie verwies es ihm und woll-
te es zurückhaben. Aber er weigerte sich dessen. Der
Charakter Kattes tritt einem in diesem eigentümli-
chen Verhalten am frappantesten entgegen. »Eines
Tages«, so schreibt die Markgräfin, »benachrichtigte
mich die Bülow, daß Katte, anderer Unbesonnenhei-
ten zu geschweigen, auch mit einer Dose prunke, in
der sich das Portrait des Kronprinzen und das meine
befände. In der Tat war durch dies und ähnliches in
seinem Benehmen unsere Verlegenheit auf den
höchsten Grad gestiegen, weshalb ich es für notwen-
dig hielt, der Königin Mitteilung davon zu machen.
Diese zeigte sich denn auch sehr aufgebracht und
gab meiner Gouvernante, dem Fräulein von Sonsfeld,
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Befehl, bei dem Herrn von Katte mein Portrait in aller
Verbindlichkeit zurückzufordern. Und die Sonsfeld
unterzog sich diesem Auftrage noch am selben A-
bend. Katte entschuldigte sich, so gut er konnte,
aber wie viele Vorstellungen ihm meine Gouvernante
auch machen mochte, das Portrait selber wollte er
ihr nicht einhändigen, versicherte sie vielmehr seiner
Diskretion für die Zukunft und bat sie, die Königin zu
beruhigen. Dies geschah auch. Indessen, die ab-
schlägige Erklärung verstimmte uns doch so, daß wir
längere Zeit nicht mit ihm sprachen.
Aber«, so fährt die Prinzessin fort, »dies währte nicht lange. Am 11. August hatten wir Konzert in Monbijou. Auch Katte, der nie fehlte, war zugegen. Als ich
in ein Nebenzimmer ging, folgte er mir dorthin und
beschwor mich um
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