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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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meines Bruders willen, ihm einen
    Augenblick Gehör zu schenken. Und so hatten wir
    denn wieder ein längeres Gespräch.
    ›Ich bin in Verzweiflung‹, sagte er, ›über Eurer Kö-
    niglichen Hoheit Ungnade. Man hat Ihnen falsche
    Nachrichten über mich gebracht. Man beschuldigt
    mich, den Kronprinzen in seinen Fluchtplänen zu be-
    stärken. Umgekehrt, ich hab es ihm abgeschlagen,
    ihm zu folgen. Und ich stehe Ew. Königlichen Hoheit
    mit meinem Kopf dafür , daß er diesen Schritt nicht ohne mich unternehmen wird.‹
    ›Ich sehe Ihren Kopf schon zwischen Ihren Schultern
    wackeln‹, replizierte ich. ›Und wenn Sie nicht bald
    Ihr Benehmen ändern, so werd ich ihn leicht vor Ih-
    ren Füßen sehen.‹ Er wollte antworten, aber ich fuhr

    1329
    fort: ›Ich leugne Ihnen nicht, daß wir, die Königin
    und ich, sehr unzufrieden mit Ihnen sind, weil Sie die
    Pläne meines Bruders ausschwatzen; vor allem aber
    ziemt es sich nicht für Sie, mein Portrait zu besitzen
    und damit zu prunken. Die Königin hat es Ihnen ab-
    fordern lassen, und Sie hätten die Pflicht gehabt, ihr
    zu gehorchen und es uns wieder zuzustellen.‹
    Er wußte sich jedoch geschickt herauszureden und
    versicherte nur immer wieder, daß er das Portrait
    lediglich als eine Probe seiner Arbeit gezeigt habe, es auch härter als den Tod empfinden würde, wenn er
    sich davon trennen müsse.
    ›Sie spielen ein großes Spiel‹, schloß ich, ›und ich
    fürchte sehr, daß ich in allem, was ich Ihnen gesagt
    habe, nur ein allzu guter Prophet gewesen bin.‹
    ›Wenn ich den Kopf verliere‹, antwortete er, ›so ge-
    schieht es um einer schönen Sache willen. Aber der
    Prinz wird mich nicht im Stiche lassen.‹
    Nach dieser Unterredung« – so schließt die Prinzes-
    sin – »trennten wir uns. Es war das letzte Mal, daß
    ich ihn sah, und ich glaubte damals nicht, daß sich
    meine Voraussagungen so bald erfüllen würden.«
    Dies Zwiegespräch fand am 11. August statt. Am 16.
    ward er verhaftet. Was danach folgte, ist in den vor-
    aufgegangenen Abschnitten dieses Kapitels erzählt
    worden.

    1330
    Es erübrigt nur noch die Frage: Welche Dinge sind
    vorhanden, die den Namen Kattes in der einen oder
    anderen Weise bis diesen Tag festhalten: Baulichkei-
    ten, Hausgerät, Bilder.
    Briefe (wenn nicht das Staatsarchiv einiges davon
    bei den Akten hat) scheinen originaliter nicht mehr
    zu existieren; das »Wachtlokal« in der Kaserne des
    Regiments Gensdarmes ist, wie die Kaserne selbst,
    längst vom Schauplatz verschwunden, und das
    Küstriner Torhäuschen, in dem er die Nacht vor sei-
    nem Tode zubrachte, wurde neuerdings bei Weg-
    räumung des Tores mit niedergerissen. Auf Schloß
    Retzin dagegen befindet sich noch eine silberne, das
    Kattesche Wappen tragende Zuckerdose, die der
    Gefangene mit in sein Gefängnis genommen haben
    soll, und drei Bilder sind noch vorhanden – an übri-
    gens sehr verschiedenen Stellen –, die den Anspruch
    erheben, Bildnisse Hans Hermann von Kattes zu
    sein.
    Das erste Katte-Portrait ist königliches Eigentum und befindet sich zu Schloß Charlottenburg in dem, soviel
    ich weiß, bis diesen Augenblick unberührt erhaltenen
    Arbeitscabinette König Friedrich Wilhelms des Vier-
    ten. Es hing, als ich es vor einer Reihe von Jahren
    zum ersten Male sah, über der Eingangstür.
    Das zweite Katte-Portrait ist im Besitz von Gustav zu Putlitz auf Schloß Retzin in der Prignitz. Er schreibt
    darüber folgendes: »Kattes Halbschwester war mei-
    ne Urgroßmutter, und aus der Nachlassenschaft ei-
    ner Tochter derselben (meiner Großtante) kam die-

    1331
    ses Bildnis in unser Haus. Ich entsinne mich deutlich
    noch des Tages, als es mit vielem anderen uralten
    Hausgerät ausgepackt wurde. Es machte einen gro-
    ßen Eindruck auf mich, trotzdem ich noch ein Kind
    war, denn ich kannte die Geschichte Kattes, die mir
    von der alten Tante als eine Familientradition oft
    erzählt worden war. Das einsame, abgeschlossene
    und meist ereignislose Leben jener Zeit erhielt die
    Familiengeschichten durch Generationen hin lebendig
    und gab ihnen besondere Wichtigkeit.«
    Das dritte Katte-Portrait befindet sich inmitten anderer Familienportraits aus jener Zeit in dem großen
    Empfangssaale des Herrenhauses zu Wust.
    Sind diese Bildnisse zuverlässig? Keines stimmt mit
    der charakteristischen Personalbeschreibung, die
    sowohl Pöllnitz wie die Markgräfin von von Katte ge-
    geben haben. »Häßlich, blatternarbig, mit breiten,
    buschigen Augenbrauen«

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