Wanderungen durch die Mark Brandenburg
sächsischen Feldmarschall
und ist, wenn wir nicht irren, derselbe, der bei Aus-
bruch des Siebenjährigen Krieges gezwungen war,
bei Pirna zu kapitulieren.2)
1362
Doch wir kehren zu Schöning und dem Türkenkriege
zurück. – Die Beute, welche in Ofen gemacht wurde,
war überaus groß. Namhafte Summen von Dukaten
und Zechinen sowie Edelsteine und orientalische Per-
len fielen den Siegern in die Hände. Unter den 500
großen Geschützen, die man eroberte, befand sich
auch eine vierundzwanzigpfündige Schlange mit dem
brandenburgischen Wappen, die nun dem Führer des
brandenburgischen Hülfscorps als Trophäe zurückge-
geben wurde. Außerdem überbrachte Schöning dem
Kurfürsten einen türkischen Roßschweif und ein paar
tatarische Pauken, Siegeszeichen, die sich bis auf
diese Stunde im Berliner Zeughause vorfinden.
Der Rückmarsch ging abermals durch die Jablunka,
und am 7. Dezember trafen die Brandenburger wie-
der in ihrer Heimat ein. Sie hatten unzweifelhaft mit
großer Tapferkeit gefochten (fast die Hälfte war vor
Ofen geblieben; dreißig Offiziere tot und einundsech-
zig verwundet), und die Türken gaben ihnen deshalb
den Beinamen »Feuermänner«. Zugleich brachten sie
das Sprüchwort in Umlauf: »Der steht wie ein Bran-
denburger.« Schöning aber, von seinem Landesher-
ren reichlich geehrt, empfing ebenso vom Kaiser Le-
opold mannigfache Beweise seiner Huld, darunter
einen mit Diamanten besetzten Degen von großem
Wert.
Wir nähern uns nun jener Epoche im Leben unseres
Helden, die durch einen kleinen, scheinbar geringfü-
gigen Vorfall den Namen desselben ungleich bekann-
ter gemacht hat als aller Glanz seiner Siege zusam-
mengenommen. Ich meine seinen Streit mit General
1363
Barfus. Das Persönliche ist immer das Siegreiche.
Die Schlachten und Belagerungen sind vergessen,
oder doch halb vergessen, aber bis diesen Tag lebt in
Barnim und Lebus das Sprüchwort fort: »Die hassen
sich wie Schöning und Barfus.« Wir wollen erzählen,
wie es zu diesem Hasse kam.
Schöning war ein Glückskind und hatte, freilich nicht
ohne großes persönliches Verdienst seine Carrière
über die Köpfe anderer Leute hin gemacht. Er war
sechs Jahre jünger als Barfus und ihm doch immer
um sechs Jahre voraus. Das ergab eine Differenz
oder, wenn man so will, eine Ungerechtigkeit von
zwölf Jahren. Der einundfünfzigjährige Barfus hatte
vor Ofen unter dem fünfundvierzigjährigen Schöning
gestanden, und zu der natürlichen Bitterkeit, die sich
einfach schon aus diesen Zahlen ergeben konnte,
mochte sich bei Barfus die Betrachtung gesellen, daß
ihm die grobe Arbeit des Belagerns und Sichhe-
rumschlagens, dem Oberstkommandierenden aber
das Vergnügen des Repräsentierens, des Dinierens
im herzoglichen Zelt und schließlich die Entgegen-
nahme eines mit Diamanten besetzten Degens zuge-
fallen sei. Jetzt, drittehalb Jahre später, im Som-
mer 1689, standen beide Generale ebenso am Rhein,
wie sie damals an der Donau gestanden hatten, das
heißt, Schöning war abermals dem Barfus um einen
Pas voraus, und wiewohl ein vorliegender Bericht aus
jener Zeit eigens mit den Worten beginnt: »Es hat
der Generallieutenant von Barfus dem General-
Feldmarschall-Lieutenant von Schöning bisher je-
desmal den gebührenden Respekt gegeben«, so wa-
gen wir doch, ohne das Gemeldete geradezu bestrei-
1364
ten zu wollen, die Vermutung, daß dem Barfus dieser
»gebührende« Respekt in seinem Herzen sehr
schwer und die Bezeugung desselben um ebendes-
halb etwas eckig geworden sein wird.
Das Hauptkriegsereignis im Sommer des genannten
Jahres war die Belagerung des von den Franzosen
besetzten Bonn. Ehe die Brandenburger unter des
Kurfürsten und Schönings Führung energischer vor-
gehen konnten, war ein Zurückdrängen der Franzo-
sen aus den kleineren Plätzen, die in der Nähe von
Bonn lagen, nötig. Es kam dabei zum Gefechte bei
Ordingen oder Uerdingen, das, von Schöning trefflich
entworfen und von Barfus, der den rechten Flügel
befehligte, mit vieler Bravour ausgeführt, dem Kur-
fürsten Raum schaffte, die Festung enger und mit
mehr Aussicht auf Erfolg zu umschließen.
Die Zernierung hatte schon über zwei Monate ge-
währt, als von dem durch Herzog Karl von Lothrin-
gen belagerten Mainz her die Nachricht anlangte,
daß ein französisches Entsatzheer heranrücke und
eine Verstärkung des dortigen deutschen Belage-
rungsheeres dringend wünschenswert
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