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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

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Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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und Verpflegung für eine zahlreiche Dienerschaft.1) Auch Karl Gustav,
    unter dessen Augen er bei Warschau gekämpft hatte,
    bestätigte das Entscheidende des Sparrschen An-
    griffs, indem er kurz nach der Schlacht von ihm sag-

    1530
    te: »Dieser alte Vater Sparr hat sich als ein kriegs-
    kundiger General erwiesen. Er hat seines Amtes un-
    erschrocken gewaltet und alles weislich hinausge-
    führt .«
    Der Schwedisch-Polnische Krieg verlief nicht plötz-
    lich. Wir verfolgen unsren »Feldmarschall« aber nicht
    weiter auf seinen Zügen durch Pommern und Meck-
    lenburg, bis nach Holstein und Jütland hinauf, son-
    dern wenden uns vielmehr jenem letzten Abschnitte
    seines Lebens zu, der dem am 1. Mai 1660 geschlos-
    senen Frieden von Oliva folgte.
    Ruhmgekrönt kehrte Sparr in die Heimat zurück. Er
    war der erste Mann im Lande und nahm an Rang und
    Ansehen dieselbe Stellung ein, wie sie fünfzehn Jahre
    später der alte Derfflinger innehatte. Er war der Bei-
    rat und Vertraute seines Fürsten, besaß Schlösser
    und Häuser2) und im Lande Barnim die Güter: Pren-
    den, Trampe, Lanke, Ützdorf, Heckelberg, Dannen-
    berg und Tiefensee.
    Und betrachten wir nun den Inhalt dieser letzten
    Lebensjahre, so werden wir nicht ohne eine gewisse
    Rührung gewahr, wie der alte Kriegsmann in wenig
    Friedensjahren nachzuholen trachtet, was er in ei-
    nem Leben voll Krieg und Unruhe versäumt. Aus al-
    lem spricht das tiefe Verlangen nach Auferbauen, die
    Sehnsucht nach Sammlung, nach Frieden in sich und
    nach Frieden mit Gott. Unser Sparr ist nicht länger
    mehr der Oberst Sparr, über den die Küstriner
    Kammer klagt, »daß er den Mühlenknecht in Ketten
    gelegt und das Volk gedrückt habe«, nein, er , dessen 1531
    Scharen so manche Kirche gestürmt und erbrochen,
    stellt sein Herz jetzt auf die Tröstungen der Kirche
    und zeigt sich beflissen, ihre Gnaden durch Demut
    und Wohltun und frommen Wandel zu verdienen.
    Wenn es daneben noch ein anderes, ein mehr auf
    diese Welt Gerichtetes für ihn gibt, so ist es der verzeihliche Wunsch, sein eigenes Leben zu einer Ab-
    rundung zu bringen und seinen und seines Ge-
    schlechtes Ruhm der Nachwelt zu überliefern. Eine
    Familienstiftung und die Herstellung eines prächtigen
    Erbbegräbnisses beschäftigen ihn. Aber seine reichen
    Mittel und seine Sorgen gehören doch in erster Reihe
    dem Allgemeinen. Er baut Kirchen und Türme,
    schenkt Glasmalereien und Glocken, und vor allem
    ist es die Marienkirche zu Berlin, die sich in jeglicher Weise seines Beistandes in Not und Gefahr erfreut.
    Im Jahre 1661 wurde die Turmspitze vom Blitz ge-
    troffen, und die hervorbrechenden Flammen machten
    alsbald die Befürchtung rege, daß die Kirche selbst
    vom Feuer verzehrt werden würde. Der alte Feld-
    zeugmeister aber wußte Rat, und mit einer damals
    im ganzen Lande bewunderten Kühnheit und Ge-
    schicklichkeit ließ er die brennende Turmspitze he-
    runterschießen. War er so der Retter der Kirche ge-
    worden, so war es jetzt nicht minder sein Stolz, auch
    der Wiedererbauer des durch ihn zertrümmerten
    Turms zu werden. Er schien dies zur Ehrenaufgabe
    seiner letzten Lebensjahre machen zu wollen, über-
    schätzte jedoch seine Mittel und führte dadurch sei-
    nen eigenen Ruin herbei, ohne seinen Lieblings-
    wunsch erfüllt zu sehen. Seine Erben haben später
    ihrer Mißbilligung dieses frommen Eifers kein Hehl
    gehabt und nach seinem Tode folgende Worte des

    1532
    Evangelisten Lukas auf eine Kupfertafel niederschrei-
    ben lassen: »Wer ist aber unter euch, der einen
    Turm bauen will und sitzet nicht zuvor und über-
    schlägt die Kosten, ob er's habe, hinauszuführen?
    Auf daß nicht, wo er den Grund geleget hat und
    kann's nicht hinausführen, alle, die es sehen, fangen
    an, seiner zu spotten, und sagen: Dieser Mensch hob
    an zu bauen und kann's nicht hinausführen. Oder
    welcher König will sich begeben in einen Streit wider
    einen andren König und sitzet nicht zuvor und rat-
    schlaget, ob er könne mit zehntausend begegnen
    dem, der über ihn kommt mit zwanzigtausend?«
    Hand in Hand mit dem Turmbau, der Armut hinter-
    ließ, wo Reichtum gewesen war, ging die Erbauung
    eines Sparrschen Erbbegräbnisses 3), das bis diesen Augenblick nicht bloß eine Zierde der Marienkirche,
    sondern ihre größte Sehenswürdigkeit ausmacht. Ob
    es ihm vergönnt war, sein gebeugt Gemüt an der
    Schönheit jenes prächtigen Marmorbildes aufzurich-
    ten, das, von der Hand des Artus Quellinus, den Ein-
    gang zur

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