Wanderungen durch die Mark Brandenburg
siegessichren Polen heben, und
ihre zahlreiche Reiterei ging nunmehr zum Angriff
über. Vom Plateau herabsausend, an dem Gehölz
vorüber, in welchem der Hauptteil ihrer Infanterie
steckte, suchten sie die Schlachtreihe der Verbünde-
ten zu durchbrechen. Aber dieser Angriff wurde von
dem Zentrum unter Sparr zurückgeschlagen und
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mißlang ebenso, wie am Tage vorher der schwe-
disch-brandenburgische Angriff auf die feindlichen
Flügelpositionen mißlungen war.
1. Arndt von Sparr war dreimal vermählt, und
zwar: mit Edell von Sparr, gestorben im Kind-
bett am 13. November 1599, mit Emerentia
von Seestedt und mit Katharina von Ribbeck.
Nach Angabe des Sparrschen Biographen Kö-
nig wäre Otto Christoph ein Sohn der Edell
Sparr gewesen; Theodor von Mörner aber hat
in seinem vorzüglichen Werke: »Märkische
Kriegs-Obersten des siebenzehnten Jahrhun-
derts«, diese Königsche Angabe widerlegt.
So kam der dritte Tag. Das Operieren mit den Flü-
geln war erfolglos geblieben. Es blieb also nur noch
übrig, wenn man Verbrauchtes nicht wiederholen
wollte, den Feind an seiner stärksten Stelle zu fas-
sen: im Zentrum . Zu diesem Behufe war es unerläß-
lich, sich zuvörderst in Besitz jenes Gehölzes zu set-
zen, das sich am Fuße des dominierenden Plateaus
hinzog. Ein Angriff auf dasselbe glich einem Ver-
zweiflungscoup, und Sparr erkannte die ganze
Schwierigkeit desselben. Dennoch ging er vor und
führte die Sache siegreich hinaus. Es ist sehr wahr-
scheinlich, daß er das im Walde versteckte Fußvolk
durch konzentriertes Geschützfeuer zwang, sich hü-
gelanwärts zu ziehen, und diesen Rückzugs- und
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Verwirrungsmoment benutzte, das gesamte Zentrum
avancieren zu lassen. Infanteriekolonnen säuberten
das Gehölz, während seine Kavallerie: fünf Schwad-
ronen brandenburgischer Kürassiere, bergan stürmte
und die durch ihr eigenes Fußvolk bereits in Unord-
nung geratene polnische Reiterei nach kurzem
Kampf über den Haufen warf.
Einmal aus ihrer unangreifbar geglaubten Position
herausgeschlagen, wandten sich die Polen zur Flucht
und wurden teils in einen Morast, teils in die Weich-
sel getrieben. Viele der Flüchtigen ertranken.
Die Verbündeten hielten anderntags ihren Einzug in
Warschau.
Es war dies – beinahe zwanzig Jahre vor Fehrbellin –
der erste große Waffenakt der Brandenburger, die
von diesem Tag an durch länger als ein Jahrhundert
hin, nämlich vom 18. Juli 1656 bis zum
18. Juni 1757, immer siegreich kämpften. Erst der
Tag von Kolin brachte die Demütigung einer Nieder-
lage.
Wenn diese Waffentat nichtsdestoweniger halb ver-
gessen ist und jedenfalls nirgends im Herzen unseres
Volkes fortlebt so hat dies zunächst seinen Grund
darin, daß alle Siege, bei denen kleinere Völker an
der Seite eines größeren auftreten, immer nur dem
letzteren als kriegerische Großtat angerechnet wer-
den. Die Stärkeren verfahren dabei systematisch-
absprechend und behaupten ihre Sätze so nach-
drücklich und so beharrlich, daß das kleinere Volk
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schließlich selber glaubt, es habe eigentlich wenig
oder gar nichts bei der Sache getan. Es kommt aber
in dem vorliegenden Falle noch ein anderes hinzu:
das ermangelnde Lokalinteresse . Fehrbellin liegt uns nah, und Warschau liegt uns fern. Bis diese Stunde
feiern wir Großbeeren und Dennewitz auf Kosten
größerer und entscheidungsreicherer Aktionen, nur
weil uns an beiden Tagen allerpersönlichst das Feuer
auf den Nägeln brannte. Die Menschen sind Egoisten
in allen Stücken. Auch in diesen.
Die Beschreibungen der Schlacht von Warschau pfle-
gen Sparrs und seines ausschlaggebenden Angriffs
immer nur obenhin zu erwähnen, was uns, aus schon
angeführten Gründen, eben nicht wundernehmen
darf. Pufendorfs »De rebus a Carolo Gustavo gestis«
kam den Schweden zugute, nicht uns, und im eige-
nen Lande entbehrten wir der Chronisten, die sich
unsers brandenburgischen Feldherrn angenommen
hätten. So müssen wir denn, was die hervorragende
Mitwirkung des letztren an der großen, dreitägigen
Aktion angeht, uns mit einem mittelbaren Beweise
begnügen, den wir am besten in den Auszeichnungen
finden, die der Kurfürst von jenem Tag an für unse-
ren Otto Christoph von Sparr hatte. Am
26. Juni 1657 wurd er zum Generalfeldmarschall er-
nannt und sein Gehalt auf eine für die damalige Zeit
überraschende Höhe festgesetzt. Er erhielt 800 Taler
monatlich , Futter für vierzig Pferde
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