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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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siegessichren Polen heben, und
    ihre zahlreiche Reiterei ging nunmehr zum Angriff
    über. Vom Plateau herabsausend, an dem Gehölz
    vorüber, in welchem der Hauptteil ihrer Infanterie
    steckte, suchten sie die Schlachtreihe der Verbünde-
    ten zu durchbrechen. Aber dieser Angriff wurde von
    dem Zentrum unter Sparr zurückgeschlagen und

    1527
    mißlang ebenso, wie am Tage vorher der schwe-
    disch-brandenburgische Angriff auf die feindlichen
    Flügelpositionen mißlungen war.

    1. Arndt von Sparr war dreimal vermählt, und
    zwar: mit Edell von Sparr, gestorben im Kind-
    bett am 13. November 1599, mit Emerentia
    von Seestedt und mit Katharina von Ribbeck.
    Nach Angabe des Sparrschen Biographen Kö-
    nig wäre Otto Christoph ein Sohn der Edell
    Sparr gewesen; Theodor von Mörner aber hat
    in seinem vorzüglichen Werke: »Märkische
    Kriegs-Obersten des siebenzehnten Jahrhun-
    derts«, diese Königsche Angabe widerlegt.

    So kam der dritte Tag. Das Operieren mit den Flü-
    geln war erfolglos geblieben. Es blieb also nur noch
    übrig, wenn man Verbrauchtes nicht wiederholen
    wollte, den Feind an seiner stärksten Stelle zu fas-
    sen: im Zentrum . Zu diesem Behufe war es unerläß-
    lich, sich zuvörderst in Besitz jenes Gehölzes zu set-
    zen, das sich am Fuße des dominierenden Plateaus
    hinzog. Ein Angriff auf dasselbe glich einem Ver-
    zweiflungscoup, und Sparr erkannte die ganze
    Schwierigkeit desselben. Dennoch ging er vor und
    führte die Sache siegreich hinaus. Es ist sehr wahr-
    scheinlich, daß er das im Walde versteckte Fußvolk
    durch konzentriertes Geschützfeuer zwang, sich hü-
    gelanwärts zu ziehen, und diesen Rückzugs- und

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    Verwirrungsmoment benutzte, das gesamte Zentrum
    avancieren zu lassen. Infanteriekolonnen säuberten
    das Gehölz, während seine Kavallerie: fünf Schwad-
    ronen brandenburgischer Kürassiere, bergan stürmte
    und die durch ihr eigenes Fußvolk bereits in Unord-
    nung geratene polnische Reiterei nach kurzem
    Kampf über den Haufen warf.
    Einmal aus ihrer unangreifbar geglaubten Position
    herausgeschlagen, wandten sich die Polen zur Flucht
    und wurden teils in einen Morast, teils in die Weich-
    sel getrieben. Viele der Flüchtigen ertranken.
    Die Verbündeten hielten anderntags ihren Einzug in
    Warschau.
    Es war dies – beinahe zwanzig Jahre vor Fehrbellin –
    der erste große Waffenakt der Brandenburger, die
    von diesem Tag an durch länger als ein Jahrhundert
    hin, nämlich vom 18. Juli 1656 bis zum
    18. Juni 1757, immer siegreich kämpften. Erst der
    Tag von Kolin brachte die Demütigung einer Nieder-
    lage.
    Wenn diese Waffentat nichtsdestoweniger halb ver-
    gessen ist und jedenfalls nirgends im Herzen unseres
    Volkes fortlebt so hat dies zunächst seinen Grund
    darin, daß alle Siege, bei denen kleinere Völker an
    der Seite eines größeren auftreten, immer nur dem
    letzteren als kriegerische Großtat angerechnet wer-
    den. Die Stärkeren verfahren dabei systematisch-
    absprechend und behaupten ihre Sätze so nach-
    drücklich und so beharrlich, daß das kleinere Volk

    1529
    schließlich selber glaubt, es habe eigentlich wenig
    oder gar nichts bei der Sache getan. Es kommt aber
    in dem vorliegenden Falle noch ein anderes hinzu:
    das ermangelnde Lokalinteresse . Fehrbellin liegt uns nah, und Warschau liegt uns fern. Bis diese Stunde
    feiern wir Großbeeren und Dennewitz auf Kosten
    größerer und entscheidungsreicherer Aktionen, nur
    weil uns an beiden Tagen allerpersönlichst das Feuer
    auf den Nägeln brannte. Die Menschen sind Egoisten
    in allen Stücken. Auch in diesen.
    Die Beschreibungen der Schlacht von Warschau pfle-
    gen Sparrs und seines ausschlaggebenden Angriffs
    immer nur obenhin zu erwähnen, was uns, aus schon
    angeführten Gründen, eben nicht wundernehmen
    darf. Pufendorfs »De rebus a Carolo Gustavo gestis«
    kam den Schweden zugute, nicht uns, und im eige-
    nen Lande entbehrten wir der Chronisten, die sich
    unsers brandenburgischen Feldherrn angenommen
    hätten. So müssen wir denn, was die hervorragende
    Mitwirkung des letztren an der großen, dreitägigen
    Aktion angeht, uns mit einem mittelbaren Beweise
    begnügen, den wir am besten in den Auszeichnungen
    finden, die der Kurfürst von jenem Tag an für unse-
    ren Otto Christoph von Sparr hatte. Am
    26. Juni 1657 wurd er zum Generalfeldmarschall er-
    nannt und sein Gehalt auf eine für die damalige Zeit
    überraschende Höhe festgesetzt. Er erhielt 800 Taler
    monatlich , Futter für vierzig Pferde

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