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Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Wanderungen durch die Mark Brandenburg

Titel: Wanderungen durch die Mark Brandenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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den Teilen, zumal in den Ne-
    benfiguren, ein künstlerisch modifizierter Rea-
    lismus unverkennbar. Es offenbart sich darin
    etwas von dem kräftigen Geiste Schlüters,
    verbunden mit einem Anfluge jener Manier,
    die die französische Bildhauerkunst des vori-
    gen Jahrhunderts beherrschte. Wer das Werk

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    schuf, ist nicht mit Sicherheit festgestellt. Die
    Tradition nennt den jüngeren Artus Quellinus,
    einen Holländer, den Sohn und Schüler seines
    gleichnamigen Vaters. Das Denkmal selbst
    trägt weder Namen noch Chiffre.

    Die Geschichte vom alten Sparr hatte, seit meinen
    Kindertagen, immer den Zauber jener unbestimmten
    Linien für mich gehabt, die mehr ahnen lassen als
    geben, und, so seltsam es klingen mag, ich machte
    mich auf den Weg nach Prenden in einer gewissen
    Gehobenheit der Stimmung, als wanderte ich in al-
    tes, romantisches Land.
    Und es ist auch ein romantisches Land, märkisch -
    romantisch.
    Von Biesenthal aus – einem Städtchen, das seiner-
    seits wie eine holprige Idylle in der Talrinne des Fi-
    now-Flusses liegt – haben wir noch eine halbe Meile,
    und diese halbe Meile führt durch eine Art Muster-
    stück heimatlicher Landschaft. Wie Linien, die über
    ein Blatt gezogen sind, laufen zahlreiche Hügelreihen
    von Ost nach West, und da wir in senkrechter Linie
    gen Norden müssen, so haben wir das Terrain in
    vollkommener Wellenbewegung zu durchschreiten.
    Die Hügel sind von einer äußersten Sterilität, kaum
    eine Moosschicht hat sich darauf niedergelassen, und
    ihr ganzes Erscheinen erinnert lebhaft an die Sand-
    dünen der Ostsee. Zwischen den Hügeln aber dehnt
    sich jedesmal ein grüner Streifen, aus dessen Mitte

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    leise gekräuselte Wasserflächen, mal dunkel wie ein
    Teich, mal blau wie ein See, hervorblicken. Alles Le-
    bendige scheint diese Öde zu meiden, keine Lerche
    wiegt sich in Lüften, kein Storch stolziert am Sumpf
    entlang, nur eine Krähe fliegt gleichgültig über die
    Landschaft hin, wie ein Bote zwischen dem vor uns
    liegenden Wald und dem Biesenthaler Kirchturm in
    unserm Rücken.
    Die Krähe passiert diese Gegenden wie wir, sie
    wohnt nicht darin.
    Ein halbstündiger Gang in dem mahlenden Sande hat
    uns endlich an eine tiefere Talschlucht geführt, und
    die andre Seite derselben hinaufsteigend, treten wir
    ein in die Stille des Waldes. Das Wellenterrain bleibt
    dasselbe, aber der Boden ist anders geworden, und
    die roten Fichtenstämme steigen in schlanker Schön-
    heit auf, während das Fehlen alles Unterholzes einen
    Blick weit waldeinwärts gestattet und den grünen
    Moosteppich in überraschender Frische zeigt. Der
    Forst ist von großer Längenausdehnung, aber von
    wenig Tiefe. So sehen wir es denn bald wieder Lich-
    ter vor uns werden und fühlen jenen veränderten
    Luftzug, der den Ausgang des Waldes verrät. Eh wir
    ihn erreicht haben, hören wir ein leises Geräusch und
    gewahren, zu seiten eines dichten Brombeerbusches,
    einen Alten, der Reisig sammelt und die zerbroche-
    nen Zweige auf seine Karre wirft. Neben ihm liegt ein
    alter Spaten, um Wurzeln auszugraben, und an der
    obersten Karrensprosse hängt ein Korb, drin er die
    fleischfarbenen Reizker und die gelben Pfefferlinge

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    sammelt, die ihm sein gutes Glück als Zugabe be-
    schert.
    Der Alte selbst trägt Strohhut und Leinwandjacke
    und zeigt nichts Auffälliges als das Fehlen jeder Spur
    von Oberlippe. Mittlerweile hab ich ihm guten Tag
    geboten und frag ihn, ob er aus Prenden sei.
    »Joa, ick bin ut Pren'n.«
    »Ist es noch weit, Papa?«
    »Nei, jlieks wenn Se 'rutkomen. Awers sehen künn'n
    Se nich; 't liggt in 'n Grunn.«
    »Und ist ein Krug da?«
    »Joa, twee. Een jlieks hier vöhrnan, wo Sparren sin
    Slott stunn.«
    »Noch was zu sehen?«
    »Veel nich. As ick in 't Dörp käm (ick bin nich bührtig von Pren'n), doa stunn noch veel. Awers nu nich
    mihr. Ick hebb mien'n Zickenstall von Oll-Sparren sin
    Slott bu't.«
    »Und erzählen sich noch die Leute von ihm?«
    »Joa, se vertellen noch veel. Un mine Fru seggt im-
    mer, de grote Steen, dicht an unsern Tuun, dat wihr
    Sparren sien Steen. Un vördem, so meent se, sinn

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    ook vier iserne Krampen anwest, un an jede Kramp
    wihr wedder ne iserne Kett un an jede Kett een von
    Oll-Sparren sine Skloaven. Un ook en Linnenboom
    wihr doa. Awers nu is de Linn' wech, un de Krampen
    sinn ooch wech. Man bloot den groten Steen, den
    hebben se liggenloaten. He mücht wol en beeten to
    sweer sinn.«
    »Sonst nichts, Papa?«
    »Duch, duch. Se

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